Kurz nach unserem Aufbruch hatte Nic eines der Pferde von den Zwillingen geholt und mich aufgefordert, auf dem Tier weiter zu ziehen. Zunächst hatte ich mich gewehrt, da ich etwas Angst vor so großen Pferden hatte, aber als er anbot ,mit mir zusammen zu reiten, hatte ich schließlich eingewilligt. Meine Beine hätten mich nicht mehr lange gehalten, so müde war ich gewesen.
Wir hatten nicht lange auf dem Pferd gesessen, da war ich auch schon eingeschlafen und verpasste den größten Teil unserer Reise. Erst als wir den Rand dieses riesigen Waldes erreicht hatten, weckte mich Nic und riss mich aus meinem traumlosen Schlaf.
Immer noch etwas müde, rieb ich mir über meine Augen. Ich war noch nicht ganz wach und musste erstmal ein paar mal blinzeln, bevor ich mich einigermaßen orientieren konnte.
Ich saß immer noch auf dem braunen Pferd, Nic hinter mir und einer großen Schneefläche vor uns. Eine kilometerweite Schneelandschaft breitete sich vor uns aus. Dazwischen schlängelte sich ein breiter Weg entlang und endete in einem großen Dorf, am Fuße eines Berges. Auf dem Berg thronte ein strahlendes Schloss. Das Gemäuer sah von weitem aus, als wäre es direkt aus Schnee und Eis erbaut.
Auf der andern Seite lag eine Art Schloss. Es stand hoch erhoben auf einem Berg, an dessen Fuße sich ein kleines Dorf ausstreckte. Rechts und links davon lag wieder der Wald.
Die Schneekugel.
Ich zog den kleinen Gegenstand aus dem Beutel, den mir Arthur gegeben hatte. Vorsichtig hielt ich die Kugel vor mich. Die Wintersonne brach sich in den kleinen Kristallen im Inneren des Glases und meine Umgebung fing an zu glitzern.
Mein Blick lag aber auf etwas ganz anderem. Der Sockel der Kugel war viel interessanter.
Abwechselnd betrachtete ich die Kugel und die Landschaft vor mir.
Nic sah mir neugierig über die Schulter. "Was machst du da?"
Ich konnte es nicht fassen. "Schau mal. Die Bilder im Sockeln bilden genau das Schloss und das Dorf, den Wald und einfach die ganze Landschaft ab."
Nic schien nicht sehr geschockt von dieser Erkenntnis zu sein. Ich drehte mich verwundert zu ihm um. "Das scheint dich nicht sehr zu überraschen."
"Nein tut es nicht. Die Kugel ist ein Portal in unsere Welt."
"Und das wusstest du von Anfang an? Habt ihr mir die Kugel deswegen nicht gegeben? Ihr habt mir absichtlich meinen Weg zurück versperrt!" Wut stieg in mir auf. Hätten sie mir die Kugel nicht weggenommen, dann wäre ich längst zurück bei meinen Eltern. Ich wollte absteigen, doch Nic hielt mich fest.
"Immer langsam mit den jungen Schneehüpfern. Mary, wir wollten dir nicht deinen Rückweg zerstören. Wir wollten, dass du uns eine Chance gibst uns helfen zu wollen. Du verstehst das doch, oder?"
Er hatte schon recht. Natürlich brauchten sie jemanden der ihnen half, aber sie hätten mir die Kugel nicht wegnehmen müssen. Ich wäre nicht abgehauen... Vielleicht schon, vielleicht war es doch ganz gut gewesen, dass sie mir die Kugel abgenommen hatten. "Okay. Also diese Kugel ist ein Portal, das heißt, ihr könntet mit ihr auch in unsere Welt reisen?"
"Im Prinzip schon. Wir könnten in eure Welt wechseln, aber wir würden nicht lange überleben können. Wir sind nur Fantasien in eurer Welt. Ihr glaubt nicht an uns. Deswegen würden wir irgendwann verblassen. Die Menschen würden es einer unheilbaren Krankheit zuschieben und wir würden sterben."
"Oh", sprachlos blickte ich auf die Kugel. Das hieß, dass Nic niemals mit in meine Welt kommen konnte. "Aber ich kann so lange hier bleiben, wie ich möchte?"
"Ja. Du kannst hier ewig leben. Zumindest bist du stirbst. Du würdest nicht in deine Welt zurückkehren. Du würdest warhaftig sterben, in deiner Welt wäre es so, als hättest du nie existiert."
"Woher weißt du das alles?" Es war erstaunlich, dass er so ein Wissen besaß, obwohl er doch gerade noch erzählt hatte, dass niemand in meiner Welt existieren konnte.
"Von den Weltenwandlern."
"Weltenwandler?"
"Das sind Menschen und andere Wesen, die mit einer Gabe auf die Welt kommen, die Welten ohne ein Portal zu passieren. In jedem Jahrhundert gibt es einen Weltenwandler in jeder Welt. Unserer hieß Portus, er war ein schrecklicher Mann. Trotzdem wird viel von ihm erzählt. Einfach, weil kein anderer das kann, was er kann."
Das war interessant. Das hieß, in unserer Welt musste es auch einen Weltenwandler geben. Aber bei uns glaubte niemand so wirklich daran.
Mein Weltbild hatte sich so sehr verändert. Wenn ich nach Hause zurückkommen würde, würde nichts mehr so sein, wie vorher.
"Und diese Portale, also meine Kugel - woher kommen die?"
"Sie werden von den Weltenwandlern an bestimmte Personen übertragen und in den Welten verteilt. Diese Personen werden Hüter genannt. Sie passen auf die Portale auf und sorgen dafür, dass nichts böses geschieht. Natürlich könnte man die Portale auch alle zerstören und jede Welt unter sich lassen, aber so funktioniert das Universum nicht. Wir brauchen einander, auch wenn viele Welten nichts voneinader wissen."
Ich musste diese Informationen erstmal sacken lassen. Das hieß, dass Bens Mutter die Wächterin war und dass ihre Aufgabe seit sie hier hergekommen war, auf Ms Fulton übertragen wurde. Aber wieso war das Portal in unserer Welt gewesen und nicht hier? Es war anscheinend mit mir hierhergekommen. Warum dann nicht mit ihr? Existierte vielleicht eine Art Kopie in unserer Welt? "Kommt das Portal immer mit, wenn ich in diese Welt hier reise?"
"Ja, normalerweise schon, wieso?"
"Nichts, nur so." Ich wollte ihm noch nichts von Ben und seiner Mutter erzählen. Ich wollte ihm nicht sagen, dass die Frau, die seine Mutter hatte töten lassen, die Mutter von Ben war, durch den ich überhaupt hier gelandet war. Ich hätte ihm erklären müssen, wie ich zu ihm stand. Trotz seines Verrates, konnte ich aber einfach nichts sagen.
"Leute! Schaut!" Thalia wies auf einen Punkt in der Ferne.
Wenn man vom Teufel sprach.
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Jingle The Bell
FantasyDiese Weihnachten läuft alles etwas anders als geplant. Als der sympathische Ben Mary vor einer Gruppe Jugendlicher aus ihrer Schule rettet, fügt sich eins zum Anderen. Gemeinsam finden sie eine alte Schneekugel, die wie ein böses Omen über ihnen z...