Warme Sonnenstrahlen auf meiner Haut bringen mich wieder zurück ins Hier und Jetzt. Vorsichtig öffne ich meine Augen. Aber die Sonne ist so hell, dass ich sie sofort wieder zusammen kneife. Mein Kopf dröhnt. Mein Hals ist trocken und angeschwollen. Ich brauche Wasser. Langsam, um mich an die Lichtverhältnisse zu gewöhnen, öffne ich meine Augen erneut. Zunächst ist alles durch einen schimmernden Schleier verhüllt, aber nach ein paar Sekunden klärt sich mein Blick. Ich liege in einem Bett. Der Raum kommt mir unbekannt vor. Die Wände rechts und links sind Dachschrägen. Ich muss mich also auf einem ausgebauten Dachboden befinden. Fast die gesamte linke Schräge ist von großen Fenstern durchsetzt, die den Blick in den blauen Himmel freigeben. Das Sonnenlicht taucht das Zimmer in einen orangenen Ton. Eine Komode, ein Regal mit Büchern und ein unordentlicher Schreibtisch, sind neben dem Bett alles an Möbel. Auf der anderen Zimmerpreise, genau gegenüber des Bettes, lässt sich ein Treppenabgang erkennen.
Nacheinander setzt mein Gehirn die einzelnen Puzzleteile wieder zusammen und Bilder vom gestrigen Abend erscheinen vor meinem inneren Auge. Nina und Ethan, wie sie sich prügeln. Ich, wie ich ihm eins mit über ziehe. Nina, die sich auf mich stürzt und versucht mich zu erwürgen. Grüne Augen.
Ein Seufzen reißt mich aus meinen Gedanken. Ich drehe meinen Kopf leicht nach rechts. Ethan sitz auf der Kante des Bettes. Seinen Kopf hat er in seine Hände gestützt. Er scheint in Gedanken zu sein und mich nicht zu bemerken.
Ich will seinen Namen sagen, aber ich kann nicht. Mein Hals schmerzt und ich bringe keinen Ton heraus. Ich forme die Wörter mit meinen Lippen, aber es bleibt still. Schließlich verlässt ein grausam klingender Laut meinen Mund. Ich höre mich an wie eine abgestochene Kuh...
Ethan fährt herum und blickt mich an. Ich versuche erneut etwas von mir zugeben, aber er kommt mir zuvor, indem er einen Finger auf meinen Lippen legt. "Du solltest nicht reden. Deine Stimmbänder sind geschwollen. Du würdest sie nur noch mehr belasten."
Ich schlage die Decke von meinem Körper und versuche aufzustehen. Ich brauche etwas zu trinken. Gerade als mein linker Fuß den hölzernen Boden berührt, wird mein Hinterkopf von einem stechenden Schmerz durchzogen. Aus Reflex hebe ich die Hände an meinen Kopf. Ein Stöhnen kämpft sich seinen Weg nach draußen frei. Meine Sicht verschwimmt. Ich will nicht schon wieder Ohnmächtig werden.
Plötzlich spüre ich zwei warme Hände auf meinen Knien. Wie aus dem Nichts hockt Ethan vor mir und blickt mich durch zusammengekniffenen Augenbrauen an. "Du solltest besser liegen bleiben. Ich vermute durch den Schlag auf den Fliesen hast du eine Gehirnerschütterung. Du brauchst Ruhe. Leg dich wieder ins Bett und ich hole dir etwas zu trinken." Ohne etwas zu erwidern gleite ich langsam zurück ins Bett. Als mein Kopf das weiche Kissen berührt, lässt das schmerzende Pochen langsam nach. Ethan deckt mich zu und sein Blick bleibt kurz an mir hängen. Da ist etwas in seinen Augen, das ich vorher noch nie bei ihm gesehen habe. Sorge. Gilt diese Sorge etwa mir?
"Ich bin gleich wieder da." mit diesen Worten löst er sich von mir und verschwindet die Treppe hinunter.
Ich höre noch das klirren der Gläser und das rauschen des Wasserhanhns, bis meine Augenlider immer schwerer werden und ich wieder in die schwarze Dunkelheit entgleite.Mir ist warm, nein mir ist heiß! Etwas unbeholfen befreie ich mich von der Bettdecke. Ich habe das Gefühl zu brennen. Die Sonne knallt erbarmungslos in den Dachstuhl. 13:27 Uhr zeigt der kleine Wecker auf dem Nachttisch neben mir. Erst mein zweiter Blick bleibt an dem Glas Wasser hängen. In wenigen Zügen schlucke ich das angewärmte Nass. Es schmeckt widerlich, ist aber gleichzeitig Balsam für meinen wunden Hals.
Ich muss dringend aus dieser Sauna hier raus. Ich setze mich auf, diesmal aber langsam. Die Kopfschmerzen sind abgeschwächt. Auch wenn die ersten Schritte noch etwas wackelig sind, schaffe ich es in wenigen Sekunden den Raum zu durchqueren. Als ich an daa Geländer der Treppe greife, fällt mein Blick auf den Spiegel, der neben der Kommode steht.
Tiefe Augenringe, blasse Haut, strähnige Haare, ein zerknittertes Kleid und mehr als deutlich sichtbare rote Striemen an meinem Hals. Vorsicht fahre ich diese mit meiner Hand nach. Unter meiner eigenen Berührung zucke ich zusammen. Es lässt sich nicht leugnen, dass ich gewürgt wurde. Die teilweise dunkel roten Striemen sind beweiß genug. Selbst ein Blinder mit Krückstock könnte sie nicht übersehen.
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Vampirekiss
VampireRachel denkt, sie hätte endlich ihren Liebeskummer überwunden und sei über ihren Exfreund David hinweg. Bis sie bei einer schicksalhaften Begegnung im Wald die Wahrheit über David erfährt. Er ist ein Vampir. Und kein geringerer als Ethan, der sie...