Kapitel 14

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Nervös trommelt Nina auf den Küchentresen herum.
Ethan starrt aus dem Fenster in das tiefe Dunkel der Nacht. Dabei fährt er sich mit der Hand durch seine dunklen Haare. Einige Strähnen waren ihn in seine Stirn gefallen.
Ich sitze neben Nina und knete nervös meine Hände. Eine halb geleerte Kaffeetasse steht vor mir. Der Kaffee müsste schon längst kalt sein. Mein Blick schweift zwischen Ethan und Nina hin und her.
Keiner sagt etwas. Es herrscht absolute Stille. Man könnte eine Feder fallen hören. Die Luft scheint zum zerreißen gespannt. Eine falsche Bewegung, ein falsches Wort und schon würde ein Gewitter hereinbrechen. Der Blitz würde laut krachend einschlagen und wahrscheinlich würde nicht mehr viel von uns übrig bleiben.
Es lässt sich an den Fingern abzählen, dass es nur noch wenige Augenblicke dauern kann bis man den ersten Donnerschlag hören kann.

Leicht bewege ich meinen Kopf, um durch Ethans kleines Haus zu gucken. Alles sieht noch genauso aus, wie bei meinem letzten Aufenthalt hier.

Mit Nina an meiner rechten und Ethan an meiner linken Seite habe ich die beiden durch die gaffente Menge zurück in das Haus und schließlich durch die Haustür in die Einfahrt gezogen.
"Ihr erklärt mir jetzt sofort was hier los ist!" schrie ich.
Ninas Mund klappte auf, aber noch einem kurzen Kopfschütteln von Ethan machte sie ihn wieder zu. Böse funkelte ich ihn an. Sein Blick jedoch blieb eiskalt.
"Nina?" taxierte ich sie.
Ihre Augen huschten zu Ethan. "Ich... Ich kann nicht." flüsterte sie kaum hörbar.
"Ich fasse es einfach nicht!" stieß ich durch zusammgebissenen Zähnen hervor. Ich war so unglaublich wütend!
"Kann jetzt verdammt nochmal irgendjemand mit der Sprache rausrücken?!" Wieder betretendes Schweigen. Spreche ich mit einer Wand oder was?!
"Ihr bewegt jetzt euren Arsch ins Auto!"
Nina hat ohne ein Wiederwort die Autoschlüssel in meine geöffnete Hand fallen lassen.
Schwungvoll knallte die Autotür zu. Zehn Sekunden später hatten sich die gnädigen Herrschaften auch mal dazu entschieden einzusteigen.
"Bist du sicher, dass du noch in der Lage bist zu fahren?" fragte Ethan mich mit gehobener Augenbraue.
"Ich war noch nie mehr in der Lage." zischte ich und drückte das Gaspedal durch.

Aber zu wem sollte ich fahren? Zu mir? Ich möchte, dass mein Haus morgen such noch steht, also eher weniger.
Zu Nina geht auch nicht. Ihre Mutter hasst mich. Da blieb also nur noch eine Möglichkeit.

Und jetzt lungern wir alle in Ethans Wohnzimmer bzw Küche herum. Und ich drehe gleich am Rad. Frustriert stöhne ich auf, aber die beiden scheint das eher weniger zu interessieren.
"Erzählt mir jetzt jemand von euch beiden Hohlbirnen, was hier eigentlich los ist?"
"Was willst du denn hören?", entgegnet Ethan. Er sieht mich das erste mal seit wir hier sind richtig an.
"Wie wäre es ausnahmsweise mal mit der Wahrheit?"
Ethan presst die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen.
"Warum hast du sie nicht manipuliert?" fährt Nina ihn plötzlich an.
"Für wie dumm hältst du mich eigentlich?! Natürlich habe ich sie manipuliert!"
"Anscheinend ja nicht, sonst würde sie wohl kaum von dem allen hier wissen!" Dabei macht sie eine umfassende Bewegung mit ihrer Hand. Jetzt wendet sie sich zu mir. "Und du, warum hast du mir nicht erzählt, was beim See wirklich passiert ist? Warum hat du mir nicht erzählt, dass Ethan hier ist?", sie schreit mich beinahe an, "Ich dachte wir wären beste Freundinnen!"
Ich schnappe nach Luft. "Also erstens, ich hatte bis vor eurer kleinen Auseinandersetzung keine Ahnung, dass ihr euch kennt, woher sollte ich denn bitte schön wissen, dass er dein spanischer Lover ist?! Du hast mir doch nie ein Foto gezeigt, geschweige denn mir gesagt, wie sein richtiger Name ist. Und zweitens, ich wollte es dir alles erzählen, aber ich wusste nicht wie. Ich dachte ich müsste dir irgendwie erklären, dass es Vampire gibt, aber anscheinend hat sich das ja erledigt, denn du bist ja einer von ihnen! Also warum hast du es mir nicht erzählt?! Weißt du eigentlich wie dumm ich mir vorkomme? Ich dachte ich würde dich kennen, aber anscheinend habe ich mich geirrt. Ich habe keine Ahnung wer du in Wahrheit bist."
Sie funkelt mich böse an. "Wage es jetzt nicht mir die Schuld in die Schuhe zu schieben Rachel. Du warst doch viel zu sehr mit deinen eigenen Problemen beschäftigt als ich aus Spanien wieder gekommen bin. Du hast dich einen scheiß Dreck für mich und meine Gefühle interessiert. Das Einzige was dich interessiert hat, war David. Ich war dir vollkommen egal. Und jedes einzelne verdammte Mal, wenn er dich verletzt zurück gelassen hat, war ich die jenige, die dir geholfen hat. Ich war die, die dich gerettet hat. Aber das hat dich nicht interessiert. Ich habe dich vor ihm gewarnt, mehr als nur einmal, aber du bist trotzdem jedes Mal zu ihm zurück! Und als er dir dein kleines, schwaches Herz gebrochen hat, wer war die jenige, bei der du dich ausgeheult hast? Genau, ich war das! Und während der ganzen Zeit hast du mich nicht einmal gefragt, wie es mir geht! Also ist es nicht meine Schuld, dass ich dir nichts erzählt hast, dass hast du dir selbst zu zu schreiben."
Während ihrer Ansprache war Nina aufgestanden und kam bedrohlich auf mich zu gelaufen.
"Sag mal willst du mich verarschen? Wie war es denn als du wieder zurück warst und er" Dabei deute ich mit dem Finger auf Ethan, "sich nicht mehr bei dir gemeldet hat? Ich habe dir in Dauerschleife erzählt, dass der Kerl dich nicht verdient hat und das du besser ohne ihn dran bist! Also hör auf hier die Wahrheit zu verdrehen!"
"Du hast doch keine Ahnung von der Wahrheit!", schreit Nina mich an, "Wüsstest du die ganze verdammte Scheiße, würdest du dich von der nächsten Brücke stürzen, genauso wie dein Bruder!"
Mein Atem stockt. Ich kann gar nichts da gegen machen. Mein Arm holt aus und ich klatsche ihr eine.
Geschockt blickt sie mich an. Ihr verletzter Gesichtsausdruck weicht schnell der Wut. Und ohne mit der Wimper zu zucken, geht sie auf mich los.
Ich falle rückwärts und lande mit meinem Hinterkopf auf den harten Fließen.
Nina zögert keine Sekunde setzt sich auf auf mich, legt ihre Hände um meinen Hals und drückt zu.
Innerhalb weniger Sekunden geht mir die Luft aus und ich sehe Sternchen. Verzweifelt versuche ich sie von mir runter zu bekommen, aber ich habe keine Chance.
Mein Sichtfeld verschwimmt und schwarze Punkte flackern vor meinen Augen. Nur noch wenige Sekunden und ich werde Ohnmächtig. Meine beste Freundin bringt mich gerade um.

Plötzlich ist der Druck auf meinem Hals verschwunden. Nina ist weg. Ich drehe mich auf die Seite und röchele nach Luft. Meine Kehle brennt wie Feuer. Ein erstickter Laut dringt aus meinem Mund.
Verschwommen nehme ich war, wie Ethan Nina festhält und sie anschreit. Die Stimmen sind gedämpft, nicht verständlich. Er muss sie von mir herunter gerissen haben.
Die Tür wir zugeknallt. Nina ist weg. Ethan kniet sich neben mich. Er packt mich an den Schultern. Sein Mund bewegt sich. Grüne Augen mustern mich. Ich werde geschüttelt. Aus grün wird schwarz.

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