Kapitel 11

124 7 0
                                    

Unpünktlich wie immer klingelt Nina um halb acht an der Haustür. Nachdem meine Mum ihr die Tür geöffnet hat, schmeißt sie sich voller Vorfreude auf mein frisch gemachtes Bett. Ich werfe ihr einen bösen Blick zu.

"Jetzt gucke nicht so grimmig, dass gibt Falten."
Ich quittiere ihre Aussage nur mit einem Kopfschütteln und gehe ich zurück in mein Badezimmer, um mir die Haare zu föhen. Aus dem Augenwinkel lässt sich erkennen wie Nina in meinem Kleiderschrank herumwühlt.
"Ich wollte mein luftiges blaues Kleid anziehen, das was wir mal zusammen in Atlanta gekauft haben.", brülle ich gegen den Lärm des Föhns an. Ich kann nur durch ihre Lippenbewegungen erahnen was sie sagt: Auf keinen Fall.

Nachdem meine Haare getrocknet waren und ich den Föhn wieder im Schrank verstaute, wusste ich, dass ich mir mein lieblings Kleid für heute Abend abschminken konnte.
Auf meinem Bett liegt eine Auswahl von Kleider, das eine enger, figurbetonter und kürzer als das andere.
Mein Blick fällt zuerst auf das rote Kleid. "Das werde ich auf keinen Fall anziehen! Da kann ich ja gleich nackt gehen!"
"Wäre eigentlich auch keine schlechte Idee." kontert Nina mit einem süffisantem Grinsen. Empört greife ich mir ein Kissen, welches neben mir auf dem Boden liegt, und werfe es in Ninas Richtung. Zu meiner Überraschung treffe ich sie genau ins Gesicht. Siegessicher lächle ich.

"Honey, wann hast du bitte schön gelernt so treffsicher zu werfen? Beim Dosenwerfen triffst du ja nicht mal, wenn du zwei Meter davor stehst. Aber an deiner Stärke muss du noch etwas arbeiten, ungefähr so..."
Sie nimmt das Kissen und die Hand und pfeffert es in meine Richtung.  Mit einem platsch landete es genau in meinem Gesicht. Ich sage nur zehn Jahre Handball. Während ich Sternchen sehe, hält Nina sich vor lachen den Bauch.

Nach einer gefühlten endlosen Diskussion konnten wir uns endlich auf ein Kleid einigen.
Immer noch skeptisch betrachte ich mich im Spiegel. 

Das schwarze Spitzenkleid bedeckt das Meiste meiner Oberschenkel und endet kurz über dem Knie. Die Ärmel reichen bis zu meinem Ellbogen und der leicht herzförmige Ausschnitt gibt den Blick auf meine Schlüsselbeine frei. Dank des Pushup-bhs, in den Nina mich gezwängt hat, werde ich das Gefühl nicht los meine Möpse würden jeden Moment aus dem Kleid hüpfen. Auch wenn ich eher kleine Brüsten habe, schäme ich mich nicht dafür. Nur Nina ist der Ansicht je größer, desto besser.
Das eng anliegende Kleid betont meine Figur. Ich bin zwar nicht gerade dick, aber auch kein Magermodel. Die Kurven sind bei mir da, wo sie hingehören, also abgesehen von meinen Minimöpsen.

Meine blonden Haare fallen leicht gewellt über meine Schultern. Der dunkelrote Lippenstift lässt meine ohnehin schon nicht gerade kleinen Lippen noch voller wirken. Durch das farblose Outfit und dem eher schlichtem Make-up werden meine blauen Augen besonders betont.

Ohne jetzt eingebildet oder selbstverliebt zu wirken, aber ich sehe echt verdammt heiß aus! Scheiße, ich sehe aus wie eine rattenscharfe Sexbombe!

Nina betrachtet zufrieden ihr Werk und wehdelt mit den schwarzen Pumps vor meiner Nase herum.
"Können wir los?"
Ich greife mir die Schuhe. "Klar doch!"

Beide dackeln wir zu ihrem Auto. Heute ist sie dran mit fahren. Nicht, dass ich jetzt die große Trinkerin wäre, aber ein zwei Schlucke werde ich mir heute schon genehmigen.
Wenn nicht jetzt, wann dann?

Nina dreht den Schlüssel und schon ertönt das mir wohl bekannte Brummen ihres alten Mini-Coopers.
Gemeinsam düsen wir in die Nacht.

Schon einige Straßen bevor Penelopes gigantisches Haus überhaupt in Sicht ist,  hört man die Musik. Jeder normale Nachbar hätte sich schon beschwert und die Polizei gerufen, aber Penelopes Eltern haben die Gegend hier gut im Griff. Sie sind keine mächtigen Mafiabosse oder so, nein sie sind einfach reich und zwar steinreich.
Das Haus meiner Eltern und mir ist zwar schon nicht gerade kleinen, aber im Vergleichen zu unserem ist Penelopes Haus ein Palast. Ein Palast mit einem Springbrunnen auf der Auffahrt, gefühlten 25 Schlafzimmern, einer Rückwand nur aus Glas und einem Garten, so groß wie ein Park.
Um Penelope ihren sagen wir es mal etwas ausschweifenden Lebensstil zu ermöglichen, veranstaltet ihre Familie jedes Jahr ein riesiges Grillen, zu der die halbe Stadt eingeladen ist. Außerdem fallen die Spenden an die Stadt auch nicht gerade klein aus und so ist das Thema Lärmbelästigung eher nebensächlich. Ihre Nachbarn drücken dann beide Augen  bzw. eher beide Ohren zu.

Nina dackelt vor mir in das riesige Anwesen.  Sobald ich die Türschwelle übertreten habe, wird mein Körper vom Beat der Musik erfasst. Mein Herzschlag beschleunigt sich und passt sich dem Takt der Musik an.
Überall sind aufgebrezelte Jungs und Mädchen, die meisten aus unserer High School.
Nina, die ebenfalls ein figurbetontes Kleid trägt, und ich werden von den Jungs und ihren hungrigen Blicken abgecheckt.  Das die alle auch immer so Hormongesteuert sein müssen! Man kann sich auch normal mit einem Mädchen unterhalten ohne ihr alle drei Sekunden in den Ausschnitt zu glotzen. Aber was rege ich mich auf, was sollte man anderes von diesen postpupatären und alkoholisierten möchtegern Machos erwarten?

Nina biegt bereits in die erste Tür rechts ein, die Küche, während ich weiter ins Wohnzimmer gehe.
An der Tür bleibe ich stehen und lasse meinen Blick durch den Raum gleiten.

Auf den drei weißen Ledersessel, die sich auf der linken Seite des Raumes befinden, sitzen mir unbekannte Leute und ein paar bekannte Gesichter aus meinem Jahrgang. Ich winke ihnen zu, doch Marissa, Logan und Nail ignorieren mich gekonnt. Na gut, dann eben nicht!

Am der rechten Wand befindet sich eine Bar, hinter der ein Barkeeper gekonnt ein paar Cocktails mixt. Zwischen den Sofas und der Bar stehen die Leute in vielen kleinen Grüpchen zusammen und versuchen sich über die laute Musik zu verständigen.
Da ich niemand von ihnen kenne, gehe ich schnurstracks auf die Bar zu. Cocktails ich komme!!!

Genüsslich an dem Strohhalm meines Caipirinhas saugent,  observiere ich die Lage.  Durch die Glasfront erkennt man, dass die Terrasse zu einer Tanzfläche umfunktioniert würde, auf der die Meute sich wild zu der fetzigen Musik bewegt.  Ich erspähen Nina, die sich an einen blonden Jungen schmiegt. Sie hat wirklich keinen schlechten Männergeschmack.
Plötzlich tippt mir jemand von hinten auf die Schulter. Abrupt drehe ich mich auf dem Barhocker um und Blicke in das strahlende Gesicht von Alice.

"Hey süße was sitzt du hier so alleine?" fragt Alice während sie mich zur Begrüßung umarmt.
Als Antwort halte ich nur meinen leider schon fast leeren Caipirinha in die Höhe.
Sie packt meine Hand uns zieht mich vom Barhocker
"Du musst mit rauskommen und tanzen. Ich liebe dieses Lied!"
Schnell leere ich das Glas und wir laufen nach draußen in Richtung Tanzfläche. Bennet,  der an der Terrassentür steht, nickt mir kurz zu. Ich kann gerade noch zurücklächeln, bevor Alice mich auf die Tanzfläche gezogen hat und wir zu den Klängen von Icona Pop anfangen zu tanzen.

I got this feeling on a summerday when you were gone
I crashed my car into the. I watched,  I let it burn
I threw your shit into a bag and pushed it down the stairs
I crashed my car into the.

I don't care. I love it
I don't care.

You're on a different road, I'm in the Milky Way
You want me down on earth, But I am up in space
You're so damn hard to please, we gotta kill this switch
You're from the Seventies, but I'm a Nineties bitch

I don't care. I love it.
I don't care.

Man hat das Gefühl mit der Masse zu verschmelzen und von der Musik geleitet zu werden. Jeder Takt,  jeder Beat, jedes gesungene Wort löst eine Welle von Reizen aus, die durch den Körper schwappen. Ich gebe mich vollkommen der Musik und dem Gefühl von Schwerelosigkeit hin.

______________________________________

So hier ist das nächste Kapitel,  für meine Verhältnisse echt schnell!
Es ist auch mal wieder etwas länger und ich hoffe es gefällt euch, auch wenn noch nichts spannendes passiert. Eigentlich sollte es in diesem Kapitel schon rund gehen, aber ich glaube dann wäre es etwa sehr lang geworden. Also werden in Kapitel 12 die Fetzen fliegen,  so mehr oder weniger :D

Und noch vielen Dank für 2k reads. Ich habe mich sehr gefreut!!!

VampirekissWo Geschichten leben. Entdecke jetzt