Kapitel 17

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Drei Tage sind seit meinem Gespräch mit Ethan vergangen.
Drei Tage, in denen ich nichts getan habe, außer mich in meinem Zimmer zu verkriechen und Serien zu schauen.
15 Folgen Grey's Anatomy, neun Folgen Flash und die gesamte erste und leider auch einzige Staffel Forever später hat mein Laptop den Geist aufgegeben.
Danke!

Seit dem Ethan mich wieder wohlbehalten am späten Nachmittag Zuhause abgesetzt hatte, habe ich nichts mehr von ihm gehört.

Zum Glück waren meine Eltern zu dem Zeitpunkt nicht Zuhause. Ich hätte ihnen nicht nur erklären müssen, warum mich ein Fremder nach Hause gebracht hat und nicht Nina, bei der ich ja eigentlich übernachten sollte, sondern auch wie die blau und lila farbenen Striemen auf meinem Hals entstanden sind.

So habe ich die letzten drei Tage nicht nur in meinem Zimmer verbracht, um über alles nachzudenken und Serien zu gucken, sondern auch darauf zu warten, dass mein Hals nicht mehr ganz so misshandelt aussieht.
Mittlerweile hat sich das blau auch in ein helles grün, fast schon gelb, gewandelt, so dass ich es mit Make-up überdecken kann.
Meine Mum hatte mich schon etwas verwirrt angeguckt und gefragt, ob bei mir alles okay sei, als ich ausnahmsweise mal mein Zimmer verlassen hatte, um mir etwas zu essen zu holen, und ihr dabei mit einem dicken Schal um den Hals gewickelt im Flur begegnet bin.
Wenn meine Tochter mitten im Sommer bei 32 Grad mit so einem monströsem Schal durchs Haus laufen würde, würde ich wahrscheinlich ähnlich irritiert aus der Wäsche schauen.

Jedenfalls kann ich mich jetzt wieder in der Öffentlichkeit blicken lassen.

Enthusiastisch und mit überschminkten Hals renne ich die Treppe herunter. Dabei verfehle ich jedoch die letzte Stufe, so dass ich ins straucheln gerate. Ich kann mich noch gerade so am Treppengeländer festhalten, sonst hätte ich mich der Nase nach hingelegt.
Es lebe meine Tollpatschigkeit!

Noch immer leicht verwirrt von meinem beinahe Sturz, schnappe ich mir einen Apfel aus der Küche und setze mich gemütlich auf die Hollywood-Schaukel in unserem Garten.
Da die Sonne blendet, ziehe ich schnell die Sonnenbrille von meinem Kopf auf meine Nase.

Während ich an meinem Apfel knabbere, spielt meine andere Hand mit meinem Handy.

Ich hatte Nina gestern morgen geschrieben, dass ich mich mit ihr treffen möchte und dass wir reden sollten.
Aber eine Antwort habe ich bis heute nicht.
Selbst Alice und Penelope haben nicht auf meine Nachrichten reagiert.
Es herrscht absolute Funkstille.
Dass Nina mich ignoriert und mir aus dem Weg geht, damit hatte ich eigentlich schon gerechnet, aber dass auch Alice und Penelope mich ignorieren, kommt mir irgendwie komisch vor. Vor allem für Penelope ist es ungewöhnlich. Sie hat ihr Handy immer in der Hand. Ihr ganzes Leben spielt sich auf diesem kleinen Gerät ab.

Heute morgen war meine Verzweiflung dann schon groß, dass ich am überlegen war Ethan zu schreiben.

Kurz nachdem er mich abgesetzt hatte, habe ich gesehen, dass er seine Nummer in mein Handy eingespeichert hat.
Er war bestimmt an meinem Handy, als ich mich noch in meinem komatösen Zustand befand. Um seine Handynummer gebeten hatte ich ihn jedenfalls nicht.

Meine Verzweiflung über die Funkstille war also so groß, dass ich wirklich kurz mit dem Gedanken gespielt hatte ihn zu schreiben. Aber was sollte ich bitte schön schreiben?

Hey Ethan,
Was geht ab?

Oder wie wäre es mit

Hey,
Meine Freunde ignorieren mich alle und ich kann mein Zimmer nicht verlassen, weil sonst die Leute sonst was über mich denken würden.
Und was machst du so, wenn du nicht gerade fremde Mädchen vor ihren verrückten Exfreunden oder durchgedrehten besten Freundinnen retten musst?

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