Kapitel 12

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Ich weiß nicht wann ich mich das letzte Mal so ausgelassen, so frei gefühlt habe. 

Völlig in meine eigene kleine Welt versunken, schrecke ich kurz zusammen, als mich jemand von hinten antippt.
Es ist Alice. Sie versucht mir irgendwas über die Musik hinweg zu zu brüllen. Das einzige, was ich verstehe, ist das Wort "Toilette". Ich halte meine rechte Hand hoch und strecke den Daumen nach oben, um ihr zu signalisieren, dass ich sie verstanden habe. Keine drei Sekunden später ist sie verschwunden.

Erst jetzt blicke ich mich um. Die Tanzfläche scheint noch voller geworden zu sein und die Musik wird immer wilder und lauter. Heiße, schwitzige Körper reiben sich aneinander. Vor Hitze schießt mir die Röte in die Wangen. Ich stehe fast genau in der Mitte der hüpfenden und laut mitgrölenden Meute. 

Meine kleine Seifenblase ist zerplatzt. Statt Schwerelosigkeit und dem Gefühl der Freiheit wird mir von Sekunde zu Sekunde wärmer, die Luft wird stickiger und ich spüre, wie sich kleine Schweißtropfen in meinem Nacken bilden. Außerdem ist meine Kehle vollkommen ausgetrocknet. Ich brauche dringend frische Luft und etwas kühles zu trinken .

Ich versuche mich unauffällig durch die Masse zu schlängeln, aber nach keinen zwei Metern klebt mir der erste Ellenbogen im Gesicht. Ich gucke den Typen mit meinem Killerblick an... und werde ignoriert. Seine Augen sind ganz auf den Arsch der blonden, halbnackte Schönheit vor ihm gerichtet. Frustriert stöhne ich auf. Ich habe das Gefühl hier gleich zu ersticken.
Soweit es mir die Pumps erlauben, stelle ich mich auf Zehenspitzen und erhasche so einen Blick über die Köpfer der Masse auf die außenstehenden Personen. Zum Glück bin ich nicht so ein Zwerg wie Nina! Aber ich sehe keinen, den ich kenne, also muss ich da jetzt alleine durch. 

Rachel, atme noch einmal die etwas sauerstoffreichere Luft hier oben ein und dann los, sonst bist du ja auch nicht zimperlich!

Fest entschlossen hier ohne ein blaues Auge rauszukommen, halte ich die Luft an und laufe los. Diesmal nicht unauffällig und vorsichtig, sondern stürmisch und zielstrebig. 

Wer nicht ausweicht, wird angerempelt und zur Seite geschupst.

Die empörten Rufe einiger nehme ich sehr wohl wahr, aber sie interessieren mich herzlich wenig. Das einzige, was mich interessiert, ist der eiskalte Cairpirinha, der vor meinem inneren Auge erscheint.

Das Ende kommt immer näher, nur noch drei Meter, zwei Meter, einen Meter, geschafft! Erleichtert atme ich ein und meine Lungen werden mit Sauerstoff gefüllt. Ich habe gar nicht drauf geachtet in welche Richtung ich laufe, aber meine Füße haben mich fast genau vor eine ebenfalls draußen aufgebaute Bar geführt. 

Danke Caipirinha-Kompass! 

Ich habe einen eingebauten Caipirinha-Kompass, keine Ahnung warum, aber ich finde immer als erstes die Cocktailbar. Naja, ein paar Talente muss ja jeder haben.

Noch während ich mich über mich selber freue, laufe ich zur Bar hinüber und taxiere den Barkeeper mit meinem Blick.  Guck mich gefälligst an, ich habe durst!

Nachdem der Barkeeper namens Steven mir mein geliebtes Getränk mit dem Worten: "Das kühlste Getränk für die heißeste Frau" übergeben hat, mache ich lieber schnell die Biege. Nach billigen Flirts ist mir heute wirklich nicht zumute. Zum Glück entdecke ich Penelope nicht all zu weit entfernt.

All sie mich ebenfalls entdeckt, zieht sie einem blonden Typen neben ihr am Arm. Er schenkt ihr ein scheues Lächeln und als Penelope mit dem Finger auf mich deutet, lächelt er mir ebenfalls zu.
Der Unbekannte, der liebevoll seinen Arm um Penelopes Hüfte gelegt hat, ist geschätzte 1,85 Meter groß, hat breit gebaute Schultern, blonde Haare und blaue Augen. Die obersten zwei Knöpfe seines weißen Hemdes sind geöffnet und seine dunkelblaue kurze Hose ähnelt leicht einer Badeshorts. Es fehlt nur noch das Surfboard und er würde wie ein typischer californischer Surferboy aussehen.

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