Ein gepolter in der Küche lässt mich wach werden. Verschlafen hebe ich den Kopf und sehe, wie Ethan an der Kaffeemaschine herumhantiert.
"So ein verdammtes scheiß Gerät!", flucht er und drückt dabei alle möglichen Knöpfe. Ich stehe auf und gehe zu ihm hinüber, vielleicht kann ich ihm ja behilflich sein. Diese Vergewaltigung der Kaffeemaschine kann ich mir nicht länger mit ansehen.
"Also, wo liegt das Problem?", frage ich. "Keine Ahnung. Dieses scheiß Ding funktioniert einfach nicht."
"Lass mich mal sehen.", sage ich und schiebe ihn zur Seite, damit ich einen Blick auf das besagte 'scheiß Ding' werfen kann. Dabei registriere ich sehrwohl, wie er skeptisch seine rechte Augenbrauen hebt.
Ich staune nicht schlecht. Das 'scheiß Ding' ist gar keine stinknormale Kaffeemaschine, sondern ein Saceo Xelsis Evo Vollautomat. Ich habe letzten Sommer in einem kleinen Caffè gearbeitet, da hätte sie den auch. Neuwertig ist der locker das doppelte von meinem damaligen Monatsgehalt wert, wenn nicht noch mehr. Damals hat der Automat auch immer gesponnen.
"Das habe ich gleich wieder." murmle ich und greife hinter das besagte Gerät. Etwas lieblos ziehe ich ein paar Kabel raus und stecke sie wieder rein, rüttele an ihnen herum und drücke noch ein paar Knöpfe, bis sie endlich das bekannte piepen von sich gibt und frisch gemahlener Kaffee in die Tasse läuft. Gierig greift Ethan sich die Tasse.
Aber gerne doch! Brauchst mir nicht zu danken du Idiot...
So wie er den Kaffee herunter stürzt, hätte ich mir schon zehn mal die Zunge verbrannt. Ich gucke ihn auffordernt an.
"Was guckst du so? Willst du auch einen Kaffe?"
"Ne, ich wollte nur wissen, ob du mir auch einen anbietest. " Verwirrt guckt er mich an. "Verstehe einer die Frauen und ihre Logik. " Ich schüttele den Kopf und kann mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen.
"Du bist zwar blond, aber gar nicht mal so blöd." entgegnet er.
"War das gerade ein Kompliment?"
"Geh lieber ins Badezimmer und mach dich frisch. Du siehst aus wie ein überfahrenes Reh." Ich würde am liebsten mein Stinkefinger vor sein Gesicht halten.
Ich mache einmal schnell Katzenwäsche, bürste mir die Haare und binde sie zu einem lockeren Dutt zusammen. Umziehen kann ich mich ja eh schlecht, also verlasse ich das Badezimmer wieder mit dem schwarzen Hemd und der karierten Boxershorts.
Ethan hantiert irgendwas in der Küche. Ich gehe in seine Richtung und setzte mich auf einen Hocker an den Tresen. Unauffällig beobachte ich ihn. Er hat schwarze, kürzere Haare und ein kantiges, makelloses, nahe zu perfektes Gesicht. Mit seinen Muskeln, die sich deutlich sichtbar unter seinem engen schwarzen T-Shirt abzeichnen und seinen smaragdgrünen Augen hat er ein wirklich gutes Aussehen.
Er pfeffert mir einen Teller mit Pancakes vor die Nase und reißt mich aus meinen Tagtraum. Erst jetzt merke ich, was für einen Hunger ich eigentlich habe und so stürze ich mich direkt auf die Pancakes. Ethan tut es mir gleich.
Wir greifen gleichzeitig nach dem Sirup und so berühren sich unsere Hände. Ich ziehe meine schnell wieder zurück, aber kann dennoch die Wärme, die seine Finger auf meinen hinterlassen hat, spüren.
Ich räuspere mich, um die Stille zu durch brechen. "Ich wollte mich noch bei dir bedanken, das habe ich noch gar nicht. Also danke. Wirkliche vielen Dank, dass du mir geholfen und mich so gerettet hast. Ohne dich wäre ich jetzt nicht mehr hier. Wärst du nicht gewesen, dann würde ich jetzt wie ein zerfetztes Tier am Waldboden liegen. Ich bin dir was schuldig, ehrlich ."
"Da werde ich drauf zurück kommen." schmunzelt er und wird vom Klingeln seines Handy unterbrochen. Während er durch die große Terrassentür nach draußen geht und telefoniert, nehme ich die leeren Teller und wasche sie in der Spüle ab. Als ich sie zum Trocknen auf die Spüle stelle, ist er immer noch am Telefonieren. Ich gehe durch den Wohnraum auf die Terrasse und stelle mich zu ihm. Die Sonnenstrahlen kitzeln auf meiner Haut und die warme Luft entspannt mich.
Ethan wird deutlich lauter am Telefon. Es ist ihm anzusehen, dass er versucht sich zu beherrschen. Als er auflegt, spannen sich seine Kiefermuskeln deutlich an.
"Du musst gehen und zwar sofort." sagt er und läuft zurück ins Haus.
"Was?!", entgegne ich und laufe ihm hinterher, "Willst du mich jetzt einfach rausschmeisen? Das kann nicht dein Ernst sein!"
"Wieso sollte es das nicht? Sehe ich so aus, als würde ich Scherze machen?"
"Nein, aber ich habe noch so viele Fragen. Ich weiß überhaupt nicht, wo mir der Kopf steht."
"Das hier ist mein Haus und wenn ich sage, das du gehst, dann gehst du. Du weißt schon mehr, als du wissen solltest. Ich bin dir gar nichts schuldig."
Auffordernt hält er mir die Haustür auf.
"Aber ich habe doch gar keine Ahnung, wo ich hier bin. Ich finde niemals nach Hause! Und in diesen Klamotten gehe ich sicher nicht vor die Tür."
Ethan greift sich von der Komode, die Neben der Tür steht, einen Schlüsselbund, greift meinen Arm und zieht mich unsanft nach draußen. Ich stolpere auf meinen nackten Füßen hinter ihm her ums Haus, wo unter einem Carpot ein silbernes Capriolet steht, irgendso ein Oldtimer. Er schubst mich zur Beifahrertür und ich steige ein.
Der Wagen springt mit einem lauten Knall an, der mich zusammen zucken lässt und Ethan steuert ihn vom Haus weg einem kleinen Waldweg entlang. Die großen Bäume haben eine löchrige Decke aus Blättern gebildet, durch die hin und wieder ein paar Sonnenstrahlen dringen. Mein Dutt hat sich gelöst und meine Haare wehen im Fahrtwind hin und her. Ethan fährt immer schneller, dabei guckt er aber konzentriert auf den schmalen Weg. Wir fahren in einer scharfen Rechtskurve auf eine gut befahrene Straße. Die quietschenden Reifen und das Hupen der anderen Autos ist nicht zu überhören. Das scheint Ethan nur noch mehr an zu spuren und er drückt noch mehr auf das Gaspedal. Ich halte mich am Griff der Beifahrertür fest, und wir schießen am Ortsschild von Green Village, meiner Heimatstadt, vorbei.
Ich fahre diese Strecke fast täglich, aber dieser Waldweg ist mir noch nie vorher aufgefallen.
Wir rasen schon fast an den kleinen Läden und Cafés vorbei.
"Kannst du bitte etwas langsamer fahren?", brülle ich gegen den Fahrtwind zu ihm herüber, "Wir bauen noch einen Unfall!" Aber Ethan ignoriert mich gekonnt. Frustriert lasse ich mich zurück in den Sitz fallen.
Ich will gerade erneut Brüllen, das er die Nächste rechts muss, aber er setzt schon von alleine den Blinker. Mich wundert es nicht mal, das er weiß, wo ich wohne.
Ethan drückt die Bremse durch, ich werde in den Gurt gedrückt und mit quietschenden Reifen hält das Capriolet vor dem Haus meiner Eltern. Nachdem ich diese Fahrt kurz sacken gelassen habe, schnalle ich mich ab, aber bleibe noch sitzen. Ethan räuspert sich und deutet so an, das ich aussteigen solle.
"Danke, schätze ich mal." murmele ich und öffne noch mit leicht zittrigen Händen die Tür des Autos. Mit einem lauten Knall, lasse ich sie wieder zu fallen und gehe auf dem Weg durch unseren Vorgarten zum Haus. Plötzlich packt Ethan mich und dreht mich zu ihm herum. Er zögert keine Sekunde, umklammert meine Schultern, blickt mir mit seinen smaragdgrünen Augen tief in die Augen und sagt: "Du wirst das alles hier vergessen. Du vergisst, dass David versucht hat dich zu töten und dass ich dich gerettet habe. Du vergisst alles, was ich dir erzählt habe. Du vergisst mein Haus, den Weg dorthin und du vergisst mich. Du hast gestern nur einen x-beliebigen Typen getroffen, die Nacht mit ihm verbracht und das wars, das ist alles, woran du dich erinnern kannst." Er schaut mich noch eine Augenblick weiter an, wendet sich dann von mir ab und geht. Ich stehe da wie versteinert und weiß nicht, wie ich reagieren soll.
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Sooo, dass war das achte Kapitel. Ich weiß, es ist nicht das Gelbe vom Ei und es hat auch echt lange gedauert, aber tadaaa hier ist es :)
Ich hoffe, dass es euch trotzdem gefallen hat und nach der Klausurenphase werde ich auch versuchen wieder mehr zu schreiben :)
Ohh über 400 Reads schon *_* vielen lieben Dank :*
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Vampirekiss
VampirRachel denkt, sie hätte endlich ihren Liebeskummer überwunden und sei über ihren Exfreund David hinweg. Bis sie bei einer schicksalhaften Begegnung im Wald die Wahrheit über David erfährt. Er ist ein Vampir. Und kein geringerer als Ethan, der sie...