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F L O R A | 1 2 . 0 4 . 2 0 1 6

„Heute ist dein Glückstag, du darfst einen von meinen Pferden reiten." Ob das mein Glückstag ist wage ich sehr zu bezweifeln. Denn so brav seine Pferde im Umgang waren, wusste ich, dass ein paar von ihm, sich wie Wildpferde unter dem Sattel benahmen. James hatte gemeinsam mit seiner Freundin die Sattelkammer betreten, sehr zu Lexys bedauern kam letzten Sonntag das Blondchen, die mir noch immer nicht ihren Namen verriet, mit zu James nachhause.

„Aha, und wen?", sagte ich gleichgültig, während ich eine seiner Trensen putzte.

„Donald.", eröffnete er mit bösen Grinsen. Na danke, den wollte ich bestimmt nicht reiten. Zwar war er mir sympathisch, da James bereits zwei mal wegen ihm im Dreck gelegen hatte, ich hatte keine defintiv Lust diesem Beispiel zu folgen.

„Danke, aber dieses Angebot muss ich leider ablehnen." Nicht mal für eine Millionen wollte ich mich da drauf setzten.

„Dann muss ich dich leider entlassen." Erneut war ich froh, den Vertrag mit seinen Eltern gemacht zu haben.

„Dann tu, was du nicht lassen kannst." Ohne weiter auf ihn einzugehen, räumte ich die fertig geputzte Trense an ihren Platz, um die nächste zu nehmen.

„Wie redest du eigentlich mit meinem Freund?" Blondi schien es ganz und gar nicht zu gefallen, dass ich ihrem James widersprach.

„So, wie er mit mir spricht?" Konnten die beiden nicht wieder verschwinden und mir meine Ruhe lassen? Weder wollte ich ihre Gesellschaft haben, noch wollte ich einen Donald reiten.

„Stellst du dich etwa mit ihm auf ein Level? Du bist nur ein Pfleger, vergiss das nicht!" Die beiden passten echt gut zueinander, das musste man ihnen lassen, beide waren sie nervend und anstrengend.

„Wieso reitest du nicht Donald und lässt mich meine Pflegerarbeiten machen?" Dass sich Blondi ein Eigentor geschossen hatte, dämmerte ihr langsam, deshalb machte sie ein komisches Geräusch und stapfte aus der Tür. James schüttelte genervt den Kopf und folgte ihr. Sehr gut, endlich war ich alleine.

Allerdings saß ich jetzt trotzdem auf dem verrückten Donald. Herr Casey fand die Idee, jemand anderem auf dem Schimmel zu sehen, nicht schlecht. Ich versuchte, mich damit heraus zu reden, dass der Hof genug Bereiter angestellt hatte, doch es half alles nichts, ich musste auf dieses Pferd. Alle paar Minuten schickte ich Stoßgebete zum Himmel, dass er nicht unkontrolliert los buckelte. Vorwärts-abwärts war meine Devise, außerdem machte ich nichts was ihn nerven könnte, so blieb die heutige Arbeit für ihn recht entspannt. Mit der Zeit - als ich mehr vertrauen zu ihm und mir gesammelt hatte - wurde er immer besser, die Gangarten weicher und er fing an zu kauen. Herr Casey gab mir immer wieder einen Tipp, damit er wenigstens ein bisschen die Hinterhand mit benutzte.

„Sehr gut, das reicht vorerst.", lobte mich Herr Casey nach einer halben Stunde. Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, war ich schon abgestiegen. Bevor doch noch etwas passierte, dafür lobte ich den Schimmel ganz kräftig, indem ich ihn zwischen den Augen kraulte. „Du hattest heute Glück, bilde dir ja nichts darauf ein!", schnauzte mich James an, als ich mit dem Pferd an ihm vorbei ging. Nein, ich bildete mir nichts darauf ein, ich hatte den Wallach nur so geritten, dass er brav war, wenn James ihn ritt, konnte er das Beste aus ihm heraus holen. Doch um das Beste zu erreichen musste sich Donald anstrengen. Das wiederum passte dem Pferd manchmal eben nicht. Trotzdem würde ich ihm ewig dankbar sein, dass er wirklich so brav lief, dafür versprach ich ihm heimlich eine extra Ration Äpfel und Karotten.

„Ja James, wir wissen alle, dass du der beste bist.", antwortete ich fröhlich, ich hatte zu gute Laune, als das ich sie mir von James kaputt machen ließ.

So ließ ich die beiden stehen und drehte mit Donald eine Runde um die Anlage, damit er genügend Schritt ging, bevor er zurück in seine Box kam. Als hätte ich es geahnt, hatte ich ihn heute Morgen bereits auf die Koppel gebracht, obwohl normalerweise erst am Nachmittag seine Koppelzeit war.

Unerfreulichweise fielen die zwei gerade erneut übereinander her, nachdem ich erneut den Putzplatz betrat, jetzt waren sie schon zuhause, konnten sie sich nicht wenigstens hier ein bisschen zusammen reisen? Es sah in der Tat nicht unbedingt appetitlich aus, was sie da veranstalteten.

„Ich weiß nicht, aber du hast da drüben ein riesiges Haus, beinahe für dich alleine, könntet ihr euch eventuell dort auffressen?", störte ich die beiden. Anscheinend hatten sie mich nicht bemerkt, denn sie fuhren schnell auseinander.

„Du bist nur neidisch.", keifte Blondi. Tja, was sollte ich darauf antworten? Klischeehafter ging es doch nicht mehr. Also probierte ich es mal mit, „nein, eigentlich nicht." Ihre Augen wurden immer kleiner und auf ihrer Stirn bildeten sich ein paar Fältchen, sie glaubte mir nicht, in diesem Fall war nicht ich die Eifersüchtige, sondern Lexy.

„Wie gesagt, er gehört mir alleine." Ein letztes Mal huschte ein prüfender Blick ihrerseits über meinen Körper, bevor sie sich wieder zu James wand. Sehr schön, ich glaube keine andere, außer Lexy wollte James haben, da konnte sie ihn auch getrost behalten.

James hatte mich ebenfalls mit seinen Blicken überprüft, als ich zu ihm sah, waren seine Augen auf mich gerichtet. Selten konnte ich einen Menschen so wenig einschätzen wie James. Im wahrsten Sinne des Wortes, war er anders als die Meisten, möglicherweise war es genau das, was ihn erfolgreich machte, er hob sich von der Masse ab.

Ich wusste nicht mehr genau, was mich dazu ritt, ich nickte ihm kurz zu, lächelte und verschwand hinter dem Schimmel, um ihn abzusatteln. Was hatte ich da eben getan? Es gab längst keinen Grund, James anzulächeln, bestimmt war das seine Masche die Mädchen zu verführen. Er spielte den Unnahbaren, wenn er dann mal kurz seine Lippen zu einem Lächeln verzog, gab er ihnen das Gefühl, sie hätten ihn erreicht. Lächerlich, wenn ihr mich fragt. Wer wollte schon von Jemanden wie James verführt werden?

Um mich auf andere Gedanken zu bringen, begann ich sofort damit, das nächste Pferd zu putzen. Longieren stand auf dem Programm. Eigentlich wollte ich es Lexy überlassen, die Pferde zu longieren, doch jetzt brauchte ich ebenfalls eine Verschnaufpause von Blondi und Co. 

Wer braucht schon einen Springreiter?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt