J A M E S | 2 0 . 0 5 . 2 0 1 6
Auf die Idee ihr das Herz zu brechen war ich noch gar nicht gekommen, ich hatte nicht geahnt, dass ihre Gefühle für mich schon derart weit ausgeprägt waren. Ich hatte nicht mal daran gedacht, dass sie überhaupt etwas für mich empfand. Sollte ich ihr hinterherrennen und sagen, es tut mir Leid?
Seufzend ließ ich mich auf mein Bett fallen und überlegte kurz, ich zog mein Handy aus der Tasche, um es gleich wieder neben mich zu legen. Ich konnte ihr jetzt keine Nachricht schreiben.
Kurze Zeit später klopfte es erneut an meiner Zimmertüre, für einen Moment hoffte ich, es wäre wieder Flora, jedoch es war mein Vater, der hereintrat.
„Was willst du?", maulte ich ihn an, es war nie gut, wenn er in mein Zimmer kam.
„Meinst du nicht, dass Flora dir guttut?" Mussten wir jetzt wirklich darüber reden? Er wusste genau, was mit Julie passiert war.
„Weiß ich nicht, ich habe es auch nicht vor auszuprobieren." Auch wenn ich die letzten Nächte kaum geschlafen hatte, da sich meine Gedanken hauptsächlich um sie drehten.
„Wie lange willst du noch Julie hinterher trauern? Sie kommt nicht mehr wieder." Die Stimme meines Vaters wurde fast schon ein bisschen lauter.
„Ich trauere ihr nicht mehr hinterher, falls es dir noch nicht aufgefallen ist, ich hatte seitdem schon wieder zwei Freundinnen.", erklärte ich trotzig. Aber was machte ich mir schon vor, er hatte recht, wenn Julie nicht gewesen wäre, hätte ich Flora und mir eine Chance gegeben.
„Wir wissen beide, wie oberflächlich diese Beziehungen waren." Ja, mein Vater kannte mich zu gut.
Er war so nett und wechselte das Thema, wir redeten eine Weile über belangloses, bevor er mein Zimmer wieder verließ. Nun war ich mit meinen Gedanken alleine, was nicht viel besser war. Ihr Blick war derselbe wie vor einer Woche, als ich sie gebeten hatte, meinen LKW zu verlassen.
Es wäre so viel leichter, wenn sie mir egal wäre, dann müsste ich mich jetzt nicht mit solchen überflüssigen Sachen wie Gefühlen herum ärgern. Um mich abzulenken schaltete ich meinen Fernseher an, es war ein normaler Freitagabend und nichts gescheites lief im Fernsehen, entweder Talkshows oder Schnulzen mit Happy end.
Genervt schaltete ich den Fernseher wieder aus, stand auf und setzte mich an meinen Laptop. Ich öffnete Facebook und das erste, was mir entgegensprang, war Floras neues Profilbild. Ein Fotograf hatte sie zusammen mit Kiwi beim Schritt führen fotografiert, strahlend streichelte sie der Stute den Hals. Sie sah so glücklich dabei aus und ich Idiot hatte sie zum weinen gebracht.
Nachdenklich klickte ich mich durch ihre Bilder, meistens war sie lachend mit einem Pferd abgebildet. Vielleicht hatte mein Vater recht und sie war nicht ansatzweise wie Julie, sondern sogar noch besser? Ach, was machte ich denn da?
Ich habe keine Gefühle für sie, redete ich mir ein und klappte den Laptop zu. Frische Luft war genau das, was ich jetzt brauchte.
F L O R A | 2 0 . 0 5 . 2 0 1 6
Wie benommen lief ich zurück in mein Apartment, er mochte mich als Pfleger, aber mehr nicht, hallten mir seine Worte immer wieder in den Ohren. Warum war er dann überhaupt auf die Idee gekommen, mich zu küssen? Hätte er das nicht gemacht, dann würde ich jetzt den Abend hier genießen.
Jetzt aber saß ich doch vor dem Fernseher, zusammen mit einer großen Schachtel Eis und dem restlichen Wein. Dabei schaute mir eine Schulze nach der anderen an, wie die Heldinnen alle am Ende den Kerl bekamen, machte es nicht gerade besser.
Wie hatte das Lexy bloß all die Jahre ausgehalten? Okay, sie war nie von ihm geküsst worden, trotzdem konnte ich es nicht verstehen, ich an ihrer Stelle hätte schon längst das Handtuch geworfen. Wenigstens ging mein Vertrag erstmal nur ein Jahr.
Plötzlich klingelte es Sturm, „ja doch, ich komm ja schon.", rief ich und rappelte mich vom Sofa auf. Leo stand vor meiner Türe, „was machst du denn hier?", fragte ich ihn schniefend.
„Ich dachte, James wäre hier bei dir.", er sah mich fragend an, „nein, ich weiß nicht wo er ist. Ich will es auch nicht wissen.", knurrte ich.
Ohne ein weiteres Wort nahm Leo mich in den Arm, ging mit mir in das Apartment und schloss die Türe hinter uns.
„James kann manchmal wirklich blöd sein, aber bestimmt hat er es nicht so gemeint.", tröstend strich er mir über meine Haare.
„Er hat gesagt, er mag mich, aber nur als Pfleger.", weinte ich.
„Oh, du bist doch nicht etwa in ihn verliebt?" Nein, überhaupt gar nicht, ich heule mir einfach nur so zum Spaß die Augen aus.
„Ich gebe es nur ungern zu, aber das bin ich wahrscheinlich.", seufzte ich und löste mich aus seiner Umarmung.
J A M E S | 2 0 . 0 5 . 2 0 1 6
Ziellos lief ich über unseren Hof, ging in die Ställe, streichelte jedem Pferd einmal über den Kopf, bis ich meinen Entschluss gefasst habe Flora noch einmal zu besuchen. Um ihr alles zu erklären, doch als ich voller Entschlossenheit um die Ecke bog, sah ich, wie Leo an ihrer Türe klingelte.
Er sollte doch erst morgen kommen und warum klingelte er bei ihr und nicht bei mir? Schnell versteckte ich mich hinter einem der anderen Häuser und einem Gebüsch. Traurigerweise konnte ich nicht verstehen, was die beiden miteinander redeten, aber ich konnte sehen, wie er sie in den Arm nahm.
Wut keimte in mir auf, ich brauchte mich gar nicht mehr bei ihr zu entschuldigen, offensichtlich hatte sie bereits einen anderen gefunden. Das nicht mal eine Stunde nachdem ich ihr angeblich das Herz gebrochen hatte. Mein Instinkt hatte recht sie nicht näher an mich heran zu lassen, aber dass sich gleich meinem besten Freund an den Hals schmeißen musste war unfassbar.
Ich Schlich um das Haus und hoffte irgendwo würde ein Fenster offen stehen, damit ich mitbekommen würde was sich die beiden zu erzählen hatten. Allerdings ohne dass mich jemand sehen würde war es mir unmöglich zu lauschen, also gab ich es auf und ging zurück in mein Zimmer.
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Wer braucht schon einen Springreiter?
De TodoEigentlich hat Flora ihren Traumjob gefunden, Pfleger bei einem der erfolgreichsten Reiter Europas zu sein, mit seinen zwanzig Jahren fliegt James von einem Erfolg zum nächsten. Nun soll Flora ihn zu all diesen Turnieren begleiten und sich um seine...