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Nein, ich hatte nicht bei ihm übernachtet, ich bin brav in meinen Anhänger gegangen, auch wenn ich es im Nachhinein ein Fehler war. Lexy kam in etwa um die gleiche Zeit zurück gewankt. „Warum kommst du um diese Uhrzeit aus dem LKW von James?" Oh nein, das hatte ich total vergessen, dass es komisch aussehen könnte, „Ähm... Er hat jemanden zum Reden gebraucht?" Prüfend kniff sie die Augen zusammen, „hast du getrunken?" Wurde das hier ein Verhör?

„Nein, habe ich nicht, warum?", antwortete ich ehrlich.

„Warum sind deine Wangen so gerötet und deine Lippen, oh Gott, deine Lippen!" Hilfe, was war mit meinen Lippen, unwillkürlich berührte ich sie mit meinen Fingern.

„Du hast ihn geküsst, gib es zu!" „Nein, nein, du bist nur betrunken und siehst Gespenster.", log ich.

„Das auch, aber diesen Blick kenne ich zu gut, du bist nicht die Erste, die damit aus seinem LKW kommt." Genau das wollte ich jetzt hören, „ich würde mal sagen, du hast den selben Blick drauf, aus welchem LKW kommst du denn?", lenkte ich von mir ab.

„Aus keinem, das Stallzelt hat uns genügt." Himmel, die armen Pferde, „und mit wem warst du da?", bohrte ich weiter. „Mit dem Pfleger von Grayson Curtis, Legan oder Logan oder so.", grinste sie. Sie hatte schon einen komischen Geschmack, was Jungs anging. Ich selbst war ab sofort nicht besser, mir gefiel James Lächeln und die kleinen Grübchen, die sich auf seinem Gesicht bildeten, wenn er ausnahmsweise lächelte.

„Pass auf dich auf." Lexys Grinsen war aus ihrem Gesicht verschwunden, „äh... Warum." Jetzt war ich ein bisschen verwirrt.

„Dein Lächeln, du bist dabei dich in ihn zu verlieben." Ich schaute sie an, als ob bei ihr eine Schraube locker war. Nein, nein, niemals würde ich mich in James verlieben, obwohl es ein netter Gedanke wäre, der Grund zu sein weshalb er lachte.

„Ich glaube, du täuscht dich, ich werde mich nicht in ihn verlieben.", sagte ich mit so fester Stimme, wie ich nur konnte. Sie ging einen Schritt auf mich zu, „glaube mir, das dachte ich anfangs auch und jetzt schau wo ich gelandet bin, bei einem Pferdepfleger." Na, immer noch besser als jemand, der gar nichts mit Pferden am Hut hatte.

„Hast du James jemals geküsst?" Ich bin immer davon ausgegangen, dass sie ihn nie küsste, das hätte sie mir erzählt.

„Nein, noch nie und ich nehme an, dass ich ihn auch nie küssen werde." Irgendetwas störte mich an ihrer Aussage, nur war mir noch nichtbewusst was. Es dauerte einen Moment bis es mir auffiel, sie war nicht traurig darüber ihn nicht zu küssen. Aber wenn man doch verliebt ist, sollte man doch traurig sein wenn man diese Person nicht küssen durfte?

Lexy fing an zu lachen, „du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben, aber heul dich bloß nicht bei mir aus, wenn er dir dein Herz bricht." Vor lauter Erleichterung fiel ich ihr um den Hals, drückte sie fest und ließ sie gleich wieder los, denn hinter uns war ein groß gewachsener Junge aufgetaucht, der schüchtern lächelte. Strahlend drehte sie sich zu ihm um, nahm seine Hand und gemeinsam verschwanden sie in der Dunkelheit.

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Ich hatte mich darauf eingestellt, an diesem Morgen alleine die Pferde zu pflegen, so ging ich pünktlich um sechs in den Stall. Als erstes schaute ich nach Party, mittlerweile ging ich davon aus, ihn anfassen zu dürfen sein Bein war weiterhin leicht angelaufen und warm. Nachdem ich alle Pferde gefüttert und getränkt hatte ging ich mit Party um sein Bein zu kühlen.

„Wie geht es ihm?", fragte mich eine der anderen Pflegerinnen, die mir entgegen kam, ich erklärte ihr, was ich eben selbst festgestellte. Sie strich dem Fuchswallach über den Hals und ließ uns wieder alleine. Als ich sein Bein gute fünf Minuten kühlte, führte ich ihn zurück zu seiner Box, vor der James stand. Schon von weitem erkannte ich ihn und musste lächeln.

„Was grinst du so blöd?", pflaumte er mich an, sofort verebbte mein Strahlen, „ich freue mich eben, dich zu sehen.", gab ich im selben Ton zurück. Er zog eine Augenbraue nach oben, „seit wann denn das?" „Seit gestern..ich dachte..." Ja, was dachte ich eigentlich? Nichts, genau das war mein Fehler.

„Was haben wir gestern gemacht? Ich kann mich an nichts mehr erinnern und habe tierische Kopfschmerzen." In seinen Augen konnte ich Entsetzen erkennen.

„Nichts, wir haben nichts gemacht. Wir haben uns nur ein bisschen unterhalten, du hast jemanden zum Reden gebraucht.", log ich, dabei wand ich mein Blick von ihm ab. War er wahrhaftig so betrunken gewesen um all unsere Küsse zu vergessen?. „Und dann habe ich mit dir geredet?" Da war er wieder, der alte James, den ich mir vor unserem ersten Kuss zurück wünschte, jetzt hatte ich ihn wieder. Ob ich es wollte oder nicht, auf ein mal wurde mir auch klar, was Lexy mit ihren Worten gemeint hatte.

„Ja, stell dir vor, du hast sogar gesagt, ich soll nicht gehen." Ich ging um ihn herum, um Party in seine Box zu lassen und um nicht weiter mit ihm reden zu müssen. Was hatte dieser Idiot mich auch küssen müssen und damit meine Gefühle und mich verwirrt?

„Das habe ich? Ich muss wirklich ganz schön betrunken gewesen sein." Vor weniger als vierundzwanzig Stunden hätten mir diese Worte nichts aus gemacht, gerade eben schmerzten sie mehr, als ich mir eingestehen wollte.

„Ja, das warst du.", antwortete ich lahm.

Kurz wagte ich es, erneut einen Blick auf ihn zu werfen. Seine Augen hatten einmal mehr diese Härte angenommen, nirgendwo konnte ich den Ansatz eines Lachens in seinen Mundwinkeln erkennen.

Völlig außer Puste kam Lexy in den Stall, „Flora, es tut mir so leid, du hättest mich anrufen sollen."

„Wieso, wo warst du denn?", fragte James verwundert, „erst habe ich meinen Kummer in Alkohol ertränkt und dann war ich bei Logan.", erzählte sie unbekümmert.

„Ich hoffe, du hattest auch einen schönen Abend gehabt.", grinste sie verschwörerisch. Dieser Logan schien ihr gutzutun, so gute Laune wie sie hatte.

„Ich kann mich an nichts erinnern.", erklärte er ihr schulterzuckend, darauf hin ernteten James und ich einen bemitleidenden Blick. James machte sich nichts daraus, sondern sah selbst noch einmal nach seinem kranken Pferd.

Nachdem ich Lexy die Wahl gelassen hatte, ob sie lieber misten wollte oder Pferde führen, wollte die lieber misten. Also packte ich mir Kiwi und machte mich auf den Weg nach draußen, „warte, ich komme mit.", rief James und prompt hielt ich an. Er holte sein drittes Pferd aus der Box und folgte mir.

Wer braucht schon einen Springreiter?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt