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J A M E S | 2 2 . 0 5 . 2 0 1 6

Bei der Erwähnung von Julies Namen versteifte sich mein Körper wie Automatisch, wie viel wusste sie von ihr und wer hatte ihr davon erzählt. Sofort blendeten sich Szenen in meinem Kopf ein, die ich schon längst vergessen hatte, wie ich an unserer letzten gemeinsamen Nacht in einem leeren viel zu großem Bett aufgewachte. Wie immer wollte ich meinen Arm um sie legen und ihr einen Kuss geben. Doch statt einem warmen Körper lag dort nur ein kleiner weißer Zettel mit der Aufschrift, Ich muss gehen, danke für die schöne Zeit. Ich kämpfte kurz mit meinen Tränen, bevor ich mich räusperte, „nein, wie kommst du da drauf?"

„Ich weiß nicht, war so ein Gefühl." Sie rutschte wieder ein Stück weg von mir und sah mich prüfend an, sollte ich ihr die ganze Geschichte erzählen? Eigentlich hatte sie die Wahrheit verdient, aber ich konnte noch nicht darüber sprechen.

„Ist schon okay, du musst nicht darüber reden.", sagte sie, nachdem ich ihr längere Zeit nicht antwortete. Ich schenkte ihr ein halbherziges lächeln, dafür war ich ihr dankbar. Ohne es bewusst wahrzunehmen streichte ich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und begann damit zu spielen, „es tut mir leid, dass ich dir weh getan habe, ich wollte das nicht.", entschuldigte ich mich flüsternd bei ihr. Ich meinte es auch wirklich so.

Sie sah mich eindringlich mit ihren blauen Augen an, doch sie schwieg, was sie wohl gerade dachte?

F L O R A | 2 2 . 0 5 . 2 0 1 6

Entschuldigte er sich nur bei mir, da er von Julie ablenken wollte? Oder meinte er es wirklich ernst? Warum hatte sie ihn auch so sehr verletzt, dass er nicht mal mehr darüber reden konnte? Dass sich sein ganzer Körper verspannte, wenn ich nur ihren Namen erwähnte.

„Mir tut es leid, dass du so verletzt wurdest, das du deshalb andere verletzten musst." Ich sah ihm weiterhin direkt in die Augen, mit denen er versuchte meine Gedanken zu lesen. Allerdings konnte er meinem Blick nicht stand halten und schloss seine Lider. Es begann sich eine komische Atmosphäre zwischen uns zu bilden, nicht mal dazu wollte er etwas sagen.

Er ließ meine Strähne wieder los, stand auf und verschwand ohne ein weiteres Wort zu sagen. Er tat das, was er am liebsten machte, wenn es ihm zu heikel wurde, nur diesmal konnte er mich nicht aus meinem Zimmer heraus schmeißen. Er musste selbst gehen.

Wie mechanisch ging ich ins Bad um mich zu duschen und fertig zu machen. Es war ein sonniger Tag, trotzdem hätte ich ihn lieber mit James in meinem Bett verbracht, als alleine draußen. So wie es schien hatte sich James in seinem Stockwerk verbarrikadiert, denn er war nirgendwo zu finden, als ich mich auf die Suche nach ihm machte, jeder antwortete mir lediglich, dass sie dachten, er wäre bei mir.

Dafür passierte mir etwas, das ich im Leben nicht erwartet hatte, traurig wie ich war, wollte ich zur Ablenkung eines der jungen Pferde longieren. Um das Longierzeug zu holen, musste ich gezwungenermaßen in die Sattelkammer gehen.

Dort standen zwei Jungs Arm in Arm und küssten sich, was ja eigentlich keine schlimme Sache war. Hingegen die Tatsache, dass diese zwei Jungs keine anderen waren als Valentin und Leo, schockte mich schon ein bisschen.

So stand ich einen Moment regungslos vor den beiden, bevor sie auseinander schreckten, „bitte, Flora, du darfst keinem davon erzählen.", flehte mich Valentin an.

„Ähm.. Ich hatte es auch nicht vor irgendjemanden zu erzählen?" Von Valentin hatte ich die ganze Zeit schon gedacht, dass er schwul sei, er hatte es mir mal durch die Blume hinweg gesagt, aber das seine neueste Flamme Leo war, überraschte mich ein bisschen.

Leos Gesicht war knallrot angelaufen, „schau mich nicht so an, es ist gestern eben einfach passiert." Nachdem ich dich sitzen ließ.

„Es ist doch alles gut.", beruhigte ich ihn, „Äh.. ich freu mich für euch." Sagte man sowas überhaupt noch? Egal, so schnell es ging nahm ich meine Sachen zum Longieren und ließ die beiden mit ihrem Glück alleine. Scheinbar hatte Valentin die Art gefallen, wie Leo küsste, sonst hätten es die beiden bestimmt nicht nüchtern wiederholt, vielleicht waren die beiden aber auch noch gar nicht nüchtern?

Na, war ja auch egal, das Pferd vor mir verlangte meine ganze Aufmerksamkeit. Als ich den jungen Hengst zum Longierzirkel führte, sah ich, wie James in sein Auto stieg und davon fuh. Wo konnte man an einem Sonntag Vormittag hinfahren und es so eilig haben?

Es war ein Fehler gewesen, ihn auf Julie anzusprechen, dessen war ich mir nun bewusst, aber so konnte es doch nicht mit uns weiter gehen. Es machte mich einfach verrückt, was da zwischen uns war, oder besser gesagt nicht war.

Ich wollte ihn bei mir haben, jeden Tag, jede Stunde, er kam, wenn es ihm gerade passte und wenn es mitten in der Nacht war. Ich wollte ihn nie wieder mit so einem schmerz verzogenen Gesicht sehen, ich wollte, dass er glücklich war, dass wir glücklich waren.

Nach gut 20 Minuten parierte ich den Hengst durch zum halten und befreite ihn von den Dreieckszügeln. Obwohl ich nicht ganz auf ihn konzentriert war, wie ich es hätte sein sollen, hatte er toll mitgearbeitet, so beschloss ich ihn noch eine Runde um den Hof zu führen.

James Auto war noch nicht wieder da, als ich zu dem Parkplatz der Caseys blickte, dafür lief mir ein gut gelaunter Valentin entgegen.

„Eigentlich muss ich mich bei dir bedanken.", grinste Valentin mich an.

„So? Warum denn?" In Gedanken ging ich die letzten Tage durch, was ich für ihn getan haben könnte, mir fiel aber nichts wirkliches ein, weshalb er sich bei mir bedanken könnte.

„Hättest du Leo nicht abgewiesen, wäre er niemals zu mir gekommen." Ooookay, wenn ich wenigstens einem helfen konnte, sollte mir das nur recht sein.

„Äh, bitte? Aber das küssen musst du ihm wohl noch ein bisschen beibringen.", zwinkerte ich ihm zu. Er kam ein Stück näher, damit ihn keiner außer mir hören konnte, „glaube mir, er küsst heute morgen schon besser als gestern Nacht."

So genau wollte ich es eigentlich gar nicht wissen, musste aber trotzdem lachen, „dann hatte er wohl einen guten Lehrer." Valentins grinsen wurde immer breiter, „da hast du recht."

Wer braucht schon einen Springreiter?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt