Six

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Draußen war es kalt. Kleine Schneeflöckchen fielen vom Himmel herab.
Ich sah ein Taxi etwas weiter entfernt. 

"TAXI!", schrie ich.

Das Taxi bremste abrupt. Ich lief, so schnell es auf der glatten, verschneiten Straße möglich war zum Taxi, öffnete die Tür und stieg ein.
Ich nannte dem Fahrer meine Adresse und schaute auf mein Handy.

3 verpasste Anrufe (Schwesterchen)

Verdammt, was wollte sie nun schon wieder?

Das Taxi stoppte vor meiner Haustür. Ich bezahlte den Fahrer und machte mich auf den Weg in meine Wohnung.

Alice war nicht da, wahrscheinlich war sie wirklich zur Schule gefahren. Eigentlich interessierte es mich gerade sowieso nicht, da ich hundemüde war. Naja, kein Wunder bei knapp 4 Stunden Schlaf.

Ich ging als allererstes ins Badezimmer, zog meine Klamotten aus und stellte mich unter die Dusche.
Das Wasser prasselte auf meinen Kopf nieder und lief an mir runter. Ich atmete einmal tief durch, wobei es unangenehm in meinem Rücken zog. Typisch Rückenprobleme.
Ich brachte das Duschen so schnell wie möglich hinter mich, stopfte mir eine halbe Waffel in den Mund und ging in mein Schlafzimmer.
Erleichtert ließ ich mich aufs Bett fallen. Zum Glück hatte ich den Tag frei, sonst würde ich wahrscheinlich irgendwann auf einer Leiche einschlafen. Gruselige Vorstellung, wenn man mal so darüber nachdenkt, genauso wie im Kühlraum zu übernachten.

Ja, das musste ich tatsächlich während meines Krankenhaus-Praktikums als Pathologie-Assistentin machen. Eigentlich bekam ich während des Praktikums eher einen Einblick in den Berufsalltag einer GmbH (Geh mal, mach mal, bring mal, Hol mal) als in den einer Pathologin oder Pathologieassistentin, aber das ist bei Schulpraktika immer der Fall.

Jedenfalls sollte die Untersuchungstische in der Leichenhalle sauber machen. Allein das war schon seltsam. Sie hatten mich mit meinen 13 Jahren (da war ich bereits in der 10. Klasse) damals Blut, Magenflüssigkeit und Exkremente von Stahltischen wischen lassen.
Es war es spät abends und ich war gerade fertig und hatte meine Sachen gepackt, als ich merkte, dass irgendjemand die Tür nach draußen verschlossen hat. Wahrscheinlich, damit Kannibalen im Krankenhaus kein All-you-can-eat-Buffet hatten.
Ich musste also auf einem dieser harten Stahltische schlafen, hab mir interessiert Leichen angeschaut und wurde am nächsten Morgen von einer Reinigungskraft befreit. Ich kam frierend und nach Verwesung riechend nach Hause, aber wenigstens hatte ich so auf dem nächsten Familienfest was zu erzählen.

Eigentlich ein Horror-Erlebnis, aber ich sehe es als meine 'Erleuchtung' an.

Was wohl Sherlocks Erleuchtung gewesen sein muss, um so ein derart gruseliges Arschloch zu werden?

Ich wurde aus dem Typ nicht schlau. Er war seltsam.

Ich seufzte, drehte mich im Bett auf die Seite und schlief irgendwann endlich ein.

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Ich wurde vom Zuknallen der Haustür und einem lauten "BIN ZUHAUSE" wach.
Alice war von der Schule wiedergekommen.
Sie riss die Tür zu meinem Zimmer auf.

"Guten Morgen, Schlafmütze!", rief sie gut gelaunt.

Ich setzte mich im Bett auf.

"Was zum -"

Weiter kam ich nicht, denn schon brabbelte sie los. Von ihrem tollen Holmes, dass sie jetzt im Fanclub ist und dass die so froh ist, Mitglied zu sein und sonstigen Unsinn. Dieses Mädchen könnte sogar mit sich selbst reden, wenn keiner in ihrer Nähe wäre. 

Sie zog sich einen komischen Hut auf, der aussah, wie etwas, was die Katze hereingetragen hat, legte sich roten Lippenstift auf und strich einmal durch ihre rotblonden Haare.
Dann sah sie mich erwartungsvoll an.

"Wie sehe ich aus?", fragte sie, während sie vor mir posierte.

"Also abgesehen von dem Ding auf deinem Kopf und der Tatsache, dass das mein Lippenstift ist... wohin willst du?"

Sie verdrehte genervt die Augen. "Zum Fanclub, von dem ich dir eben erzählt habe. Hörst du mir eigentlich zu?!"

"Klar", log ich. "Aber ich bin etwas übermüdet, nachdem ich eine ziemlich anstrengende Nacht hatte."

Alice prustete los. "Wen hast du denn aufgerissen?!"

"Niemanden. Aber in Unterwäsche über den Flur laufen ist nicht unbedingt schlau, hab ich herausgefunden."

Sie winkte einfach ab und bat mich, sie mit meinen Sex-Geschichten zu verschonen. Sie schnappte sich einen Apfel und verschwand schließlich wieder zu ihrem Fanclub.

Während ich mir etwas anzog, was halbwegs bequem war und dabei noch meine Haare richtete, klingelte es an der Tür.

His second friend | Sherlock Holmes x OC #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt