Kapitel 13: Angst und falsche Anschuldigungen

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Der Tumult in der Halle war nur der Anfang. Fred und George betrachteten Ginny und Vica noch immer skeptisch, ganz die großen Brüder, als würden sie sich darum sorgen, dass eine von ihnen jeden Augenblick ohnmächtig werden würde. Sie redeten mit Lee, warfen aber regelmäßig kontrollierende Blicke zu ihnen zurück. Die beiden Mädchen dagegen standen etwas unbehaglich nebeneinander. Ginny hatte sich zwar wieder etwas gefangen, vermied es aber tunlichst, ihnen in die Augen zu sehen, während Vica ständig an ihren Armbändern nestelte.  
In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken unaufhörlich umher. Die Augen der Schlange, Harrys entschlossenes Gesicht und Ginnys hassverzerrte Miene wechselten sich vor ihrem inneren Auge ab, sodass ihr ganz schwindelig wurde.
Das Geflüster und Getuschel der Schüler untermalte klangvoll ihre Gedanken, bis Vica in einem verzweifelten Versuch, dem Ganzen Einhalt zu gebieten, heftig ihre Schläfen massierte.
In diesem Moment lief ihr kalter Schauer den Rücken runter und sie ahnte die Stimme schon, ehe Vica sie wirklich hörte:
"Die Zeit ist nah... So nah..."
Vica zuckte heftig zusammen. So lange schon war Vica von der Stimme verschont geblieben, dass sie fast schon daran zweifelte, sie überhaupt je gehört zu haben. Doch nun war es so, als sei sie niemals weg gewesen. Tatsächlich waren Vicas Anstrengungen, mehr über ihren Ursprung herauszufinden, sehr weit in den Hintergrund gerückt, seit sie die Zutaten für den Trank gestohlen hatte. Ein paar entspannt normale Schultage lang hatte sie einfach nur auf Harry, Ron und Hermine vertraut und auf einmal wurde ihr wieder bewusst, dass sie das Rätsel nicht verdrängen oder von sich fort schieben konnte. Allein die Tatsache, dass auch jetzt in der Großen Halle, obwohl so viele Schüler sich hier versammelt hatten, niemand die Stimme zu hören schien, führte ihr deutlich vor Augen, dass Vica alles tun müsste, um ihren Ursprung heraus zu finden. 

"Ich bin bereit, Herrin... Lass mich sie töten... Dieses Mal..."

Vica wirbelte herum. Sie bildete es sich nicht ein, die Stimme wanderte. Vorhin noch war es wie ein Echo, dass von den Wänden zurückgeworfen wurde, doch gerade eben klang es, als wäre sie genau hinter Vica gewesen. Doch hinter Vica war nichts... Nichts, außer der steinernen Wand. Sie streckte ihre Hand aus und berührte die kalten Steinblöcke. 

"Vica...", Ginny flüsterte ihren Namen und Vica sah zu ihr. Ihre Freundin war furchtbar blass und ihre Unterlippe zitterte. Vica griff besorgt nach ihrem Arm und bemerkte das kleine schwarze Buch, dass Ginny in ihren Händen hielt. Ihre Finger bohrten sich förmlich in den Ledereinband, als wäre das kleine Büchlein das einzige, das ihr Halt geben könnte. 
"Fred, George!", rief Vica und sofort waren die Zwillinge da. Fred fasste seine kleine Schwester behutsam an den Schultern und musterte sie mit fachkundigem Blick. 
"Ich bringe dich auf jeden Fall zu Madam Pomfrey, du siehst aus, als würdest du gleich umkippen"
Ginny widersprach ihm nicht, sondern ließ sich ergeben von ihrem großen Bruder aus der Halle bugsieren. Die Schüler machten ihnen Platz, ohne sie wirklich zur Kenntnis zu nehmen, sie hatten ihre eigenen Sorgen, und die Professoren taten ihr bestes, um alle zurück in ihre Gemeinschaftsräume zu schicken. Der Duellierclub ist zu einem völligen Desaster geworden. 
Eine Hand auf ihrer Schulter lenkte Vica ab und sie sah in Georges besorgte blaue Augen. 
"Willst du nicht auch lieber zu Madame Pomfrey gehen? Du bist fast genauso bleich wie Ginny. Hast du einen Fluch abbekommen?"
Vica schüttelte den Kopf. "Mir fehlt nichts. Ich bin bloß erschöpft, es war ganz schön viel heute"
Obwohl George noch nicht überzeugt aussah, ließ er es dabei bewenden. "Na schön, aber ich begleite dich bis zu deinem Gemeinschaftsraum. Falls du doch einen Schwächeanfall auf dem Weg hast, kann ich dich immerhin gleich auffallen, ehe du wieder auf die Fliesen knallst"
"Du würdest dich wohl eher über mich lustig machen, als dass du mich auffängst"
"Wer sagt denn, dass ich nicht beides gleichzeitig kann?", fragte George verschmitzt und Vica zwang sich seinetwegen zu einem Lächeln. Sie wusste, dass er nur versuchte sie irgendwie aufzuheitern. Weder er noch Fred wussten, was mit ihr los war oder mit Ginny. Sie wusste es ja selber nicht, aber sie war froh, dass die beiden dennoch alles taten, damit es ihnen besser ging, auf die für sie bestmöglichste Art: Mit viel Humor und Lachen.
Als Vica neben George die Halle verließ, warf sie ihm einen schiefen Seitenblick zu. "Ginny hat echt ein Glück, dass sie große Brüder wie euch hat"
George lachte. "Du hast dir wohl den Kopf angehauen, du bist auf einmal so sentimental"

Harry Potter und das Erbe Slytherins (HP FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt