Mr Filch, der Besitzer der totenstarren Katze, schaffte es zuerst, sich durch die Schülermenge zu quetschen, wenn auch mit reichlich Ellenbogeneinsatz.
Als sein Blick auf Mrs Norris fiel, schlug seine Miene von Gereiztheit in blankes Entsetzen um.
"Mrs Norris...", brachte er gequält heraus und schluchzte trocken auf. "Meine Katze! Was ist mit meiner Katze passiert?"
Er drehte sich um und fasste die vier ins Visier.
"Ihr...", begann er, dann fiel sein Blick auf Harry und seine ohnehin schon riesigen Glupschaugen öffneten sich noch ein Stückchen weiter. "Du. Du warst das. Du hast meine Katze ermordet"
Harry schüttelte schockiert den Kopf, ohne einen Ton über die Lippe zu bringen, doch Mr Filch achtete entweder nicht auf seinen Protest oder es war ihm egal. Seine Lippen zitterten und sein Kopf war hochrot vor Zorn.
"Ich bringe dich um, hörst du? Ich bringe dich um!"
Er trat ein paar Schritte in ihre Richtung als ein scharfes 'Argus!' ihn inne halten ließ. Hinter dem Hausmeister war Professor Dumbledore erschienen, gefolgt von Professoren McGonagall, Snape und Lockhart. Dumbledore legte Filch beruhigend eine Hand auf die Schulter, während McGonagall an ihnen vorbei eilte und die arme Mrs Norris vom Fackelhalter löste.
"Wir sollten das nicht hier klären", meinte Dumbledore und wandte sich an die neugierige Schülermenge um ihn herum. "Geht allesamt zurück in eure Schlafsäle"
Die Menge flüsterte aufgeregt und die wenigsten wollten dem Schauplatz den Rücken kehren, am allerwenigsten Malfoy, doch schließlich fügten sich alle den Anweisungen des Schulleiters.
"Unser Stichwort", raunte Vica den anderen zu und sie wollten gerade verschwinden, als die Stimme von Professor Snape sie zum Stehenbleiben zwang.
"Nicht so eilig, Potter. Sie und Ihre Freunde bleiben"
Widerwillig drehten sich die vier zu den Professoren um. Dumbleore nickte Snape zu und bedachte sie anschließend mit einem forschenden Blick durch seine Halbmondbrille.
"Direktor, wenn Sie erlauben, mein Büro liegt am nächsten. Wenn Sie ungestört reden wollen...?"
"Ich danke Ihnen, Gilderoy", erwiderte Dumbledore auf Lockharts Angebot und lief voraus. Die Professoren und Filch folgten während Vica, Harry, Ron und Hermine das Schlusslicht bildeten. Sie warfen sich gegenseitig besorgte Blicke zu und schwiegen den gesamten Weg, bis sie in Lockharts dunkles Büro traten. Es wunderte Vica nicht, dass es auch hier nur so vor Lockharts wimmelte. Überall an den Wänden hing sein gemaltes Selbst, manche von ihnen mit Lockenwicklern, andere mit Schlafbrillen und Pyjama. Offenbar hatten die Bilder nicht mit so spätem Besuch gerechnet und huschten nun bei ihrem Anblick aufgeregt von Rahmen zu Rahmen. Der Narzissmus des blonden Lehrers schien keine Grenzen zu kennen.
Vica schnaubte gehässig und bekam prompt einen Rippenstoß von Hermine verpasst.
"Miss Harrison?", fragte Dumbledore augenblicklich. "Wollten Sie etwas sagen?"
"Nein, Sir", murmelte sie betreten und sah zu Boden.
Dumbledore und McGonagall wandten sich der toten Katze zu. Vorsichtig legten sie das arme Geschöpf auf Lockharts Schreibtisch ab, während jener hastig ein paar Kerzen entzündete. Vica wunderte sich, wieso er dazu nicht einfach seinen Zauberstab benutzte, statt ungeschickt mit Streichhölzern zu hantieren und dabei beinahe noch das Schwanzhaar der Katze anzukokeln.
Als er schließlich für ausreichend Licht gesorgt hatte, zog er sich mit verschränkten Armen in eine Ecke zurück und begann zu erzählen, was seiner Meinung nach zum Tod der Katze geführt haben mag. Vica schaltete innerlich auf Durchzug. Die Professoren taten es ihr vermutlich gleich, jedenfalls reagierte nicht einer von ihnen auf Lockharts wilde Theorien und Geschichten.
Filch schluchzte in seiner Ecke leise vor sich hin und wimmerte. Er tat Vica leid, am liebsten hätte sie ihm tröstend den Rücken getätschelt, aber wenn sie an seinen Wutanfall vorhin zurückdachte, war das wohl alles andere als eine gute Idee.
Dumbledore stoppte nach einer Zeit Lockharts Redefluss mit einer simplen Handbewegung. Er wandte sich an Filch.
"Argus, Mrs Norris ist nicht tot, sie wurde lediglich versteinert. Es ist mit jedoch schleierhaft, wie das geschehen konnte..."
Die Erleichterung war Filch deutlich anzusehen, ebenso wie die Verwirrung, die daraufhin folgte. Rote Flecken begannen sich auf seinen Wangen und dem Hals auszubreiten während er überzeugt auf Harry deutete.
"Fragen Sie doch ihn!", schrie er. "Er hat es getan und diese Drohung an die Wand geschmiert"
"Das stimmt nicht!", wehrte sich Harry, doch Filch hatte sich in Rage geregt.
"Er war es, er hat es getan!", wiederholte er und Speicheltropfen bildeten sich an seinen Mundwinkeln.
"Beruhigen Sie sich, Argus", meinte Professor McGonagall zu ihm und Dumbledore setzte hinzu: "Kein Zweitklässler wäre in der Lage, ein Lebewesen zu versteinern. Dazu wären Kenntnisse der Dunklen Künste in einem Maße erforderlich, die wohl das Können der meisten Zauberer bei Weitem übersteigen"
Filch schluchzte noch einmal markerschütternd laut auf.
"Aber er weiß es, er weiß, dass ich ein Squib bin! Und dann diese Drohung an der Wand... Er war es, er muss es gewesen sein"
"Ich habe Mrs Norris nicht einmal angefasst!", sagte Harry laut und alle Blicke wandten sich ihm zu.
Vica sprang ihm bei: "Das stimmt, keiner von uns hat sie angerührt. Wenn Sie uns nicht glauben, untersuchen Sie doch die Katze auf Spuren und machen Sie einen DNA-Test"
Lockhart lachte auf. "Armes Mädchen, sie redet ganz wirr. Muss an dem Schock liegen, ich selbst hatte auch schon mal unter einem zu leiden, damals, als..."
"Ich bezweifle, dass es das Mädchen ist, das wirr redet", schaltete sich McGonagall dazwischen.
"Minerva...", warnte sie Dumbledore leise, aber bestimmt.
Vica versuchte, sich zu erklären: "Die Muggel haben vor etwa zehn Jahren ein erstaunliches Verfahren entdeckt, mit dem sie Verbrecher überführen können: Den genetischen Fingerabdruck. Mithilfe von Speichelrückständen oder Gewebeteilen wie Hautfetzen, Haare oder Fingernägel kann eine DNA-Analyse gemacht werden, die dann..."
Dumbledore brachte auch sie mit erhobener Hand zum Verstummen. Geduldig musterte er die junge Ravenclaw und nickte bedächtig. "Ich habe von diesem Verfahren bereits gehört, Miss Harrison. Doch ich denke, dass wir in diesem Fall nicht auf solche Mittel zurückgreifen müssen, zumal sich ein paar simple Zauber als ebenso nützlich erweisen könnten"
Ron beugte sich zu Hermine vor.
"Das hätte auch glatt von dir sein können", raunte er ihr zu und sie strafte ihm mit einem vorwurfsvollen Blick.
"Also glauben Sie nicht, dass Harry schuldig ist?", vergewisserte sich Vica.
Aus dem Hintergrund schaltete sich plötzlich Snape in ihr Gespräch ein.
"Wir sollten lieber nicht vorschnell urteilen", meinte er mit kalter Stimme. "Es kann durchaus Zufall sein, dass Potter und seine Freunde die Katze zuerst entdeckten" Snape machte eine Pause und warf Harry und den anderen einen hämischen Blick zu. "Jedoch wäre das schon eine Verkettung äußerst vieler Zufälle, wenn Sie mich fragen. Wieso waren sie überhaupt in diesem Korridor im zweiten Stock? Zudem kann ich mich nicht erinnern, sie beim Halloween-Fest gesehen zu haben"
Harry, Ron und Hermine fingen gleichzeitig an zu reden, hastig und ohne Punkt und Komma. Was Vica dabei heraus hörte, ergab zumindest für sie keinen Sinn. Irgendetwas von einer Todestagsfeier des Kopflosen Nicks meinte sie verstanden zu haben.
Die Professoren schienen dennoch zu wissen, was die drei ihnen erklären wollten und nickten gelegentlich oder runzelten die Stirn. Snape hatte die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen gepresst. Man konnte ihm förmlich ansehen, dass ihm diese Entwicklung nicht gefiel. Für ihn stand der Schuldige fest, das war Vica klar.
Sobald die drei geendet hatten, wandte sich McGonagall an Vica, ehe Snape etwas einwenden konnte.
"Und Sie, Miss Harrison?"
Vica räusperte sich, um noch ein paar Sekunden des Nachdenkens rauszuzögern. Sie wollte mit ihrer Darstellung der Geschichte nicht nur sich selbst, sondern, wenn möglich, auch noch gleich alle anderen entlasten.
"Ich war mit einer Freundin in der Bibliothek. Sie wollte etwas über magische Kreaturen nachlesen, ich hatte mich mit Wahrsagern und Sehern der vergangenen Jahrhunderte beschäftigt. Bevor es Zeit zum Abendessen wurde, ist sie gegangen, während ich eigentlich nur noch das Kapitel über Marie-Anne Lenormand zu Ende lesen wollte. Es war aber so packend, dass ich darüber völlig die Zeit vergaß und als ich aufsah, war es bereits ziemlich spät. Daher hatte ich mich natürlich beeilt zur Großen Halle zu kommen, aber als ich gerade die Treppe zum zweiten Stock runterlief, hatte ich etwas gehört"
Sie suchte kurz nach den passenden Worten, dann nahm sie die Professoren wieder fest ins Visier. "Das Geräusch ließ mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen, trotzdem wollte ich nachsehen, was los war und ob man vielleicht meine Hilfe brauchte. Auf dem Weg traf ich auf Harry, der das Geräusch ebenfalls gehört hatte, gefolgt von Ron und Hermine. Als wir weitergingen, stießen wir schließlich auf die Botschaft.... Und Mrs Norris"
Jetzt wandte sie ihren Blick von den Professoren ab und sah dafür zu Filch. "Harry wollte ihr helfen, aber uns übrigen war die Sache nicht geheuer, daher beschlossen wir, sie nicht anzufassen und stattdessen einen Lehrer zu holen, als schließlich die ganzen Schüler kamen und Sie alle mit ihnen"
McGonagall klatschte nach Vicas Monolog kurz in die Hände. "Da haben Sie es, Severus. Wie Sie bereits sagten, es war ein simpler Zufall"
Mr Filch spuckte abfällig auf den Boden, was die vielen Gemälde-Lockharts in Entrüstung stürzte. "Sie glauben ihr doch nicht etwa, Professor? Die Kleine lügt! Die stecken doch alle unter einer Decke! Meine Katze wurde versteinert und ich will eine Bestrafung sehen!"
"Wir werden sie heilen, Argus. Madam Sprout hat erst kürzlich einige junge Alraunen herangezüchtet. Sobald diese ausgewachsen sind, werden wir einen Wiederbelebungstrank für Mrs Norris zusammenbrauen", beruhigte ihn Dumbledore.
"Natürlich!", entfuhr es Vica begeistert. "Ein stärkeres Gegengift als Alraunen gibt es fast nicht. Unglaublich, dass Madam Sprout es geschafft hat..." Sie bemerkte, dass sich sämtliche Blicke der Personen im Raum auf sie gerichtet haben und brach ab. "Verzeihung, Sir, ich wollte Sie nicht unterbrechen"
Gilderoy Lockhart trat ein paar Schritte vor und warf schwungvoll einen Teil seines Umhanges über die Schulter. "Die Kleine hat wohl meine Autobiografie noch nicht gelesen. In Zauberisches Ich erkläre ich ausführlich, wie ich auf einen Zauber stieß, der wesentlich wirksamer als jede Alraune ist"
Hermine sah mit verklärtem Blick zu Lockhart, es war offensichtlich, dass sie jedes seiner Worte förmlich aufsaugte, doch Professor McGonagall schnaubte bei dieser Aussage ungehalten. "Und wie sähe dieser Zauber denn aus, Gilderoy? Nur zu, erlösen Sie die Katze von ihrem Fluch"
Diese Frage brachte den blondgelockten Zauberer nun doch ein wenig aus dem Konzept. Er überspielte seine Unsicherheit, schenkte der Professorin ein strahlendes Lächeln und zuckte bedauernd mit den Schultern. "Offenbar haben Sie ebenfalls meine Autobiografie vernachlässigt, werte Minerva, denn sonst wüssten Sie, dass mir das kostbare Manuskript, in welchem der Zauber stand, entwendet wurde, ehe ich es der Öffentlichkeit zugänglich machen konnte. Ein tragischer Schlag, der mich in meiner Karriere zurückwarf, doch meinen Ehrgeiz nicht im Mindesten zu zügeln vermochte. Da ich jedoch nur zu gern meine Hilfe in dieser Angelegenheit anbieten möchte, erkläre ich mich freiwillig bereit, den Alraunen-Trank zu brauen"
"Das wird wohl kaum nötig sein", herrschte Snape ihn nun an, sichtlich verärgert. "Wenn ich mich recht erinnere, bin ich hier der Meister der Zaubertränke"
Das darauffolgende Schweigen war so intensiv, dass die vier Schüler betont zu Boden sahen. Dumbledore setzte dem ein Ende.
"Sie können gehen", meinte er zu ihnen und die vier beeilten sich, Lockharts Büro zu verlassen, ehe es sich irgendeiner wieder anders überlegte. So schnell sie konnten liefen sie die Flure entlang, vermieden es aber, zu rennen, um nicht verdächtig auszusehen oder dieses Mal von jemand anderem aufgehalten zu werden.
Lange Zeit sagte keiner von ihnen ein Wort zum anderen, ehe Vica abrupt vor einem leeren Klassenzimmer stehen blieb und ihnen bedeutete, mit ihr einzutreten. Sobald sich die Tür hinter Hermine, Ron und Harry geschlossen hatte, holte die junge Ravenclaw tief Luft und legte los:
"Also Harry, was weißt du über die Stimme?"
Harry zuckte zusammen. "Ich... Ich weiß nicht"
Vica starrte in die Dunkelheit und versuchte, sein Gesicht auszumachen, doch es war viel zu dunkel, um mehr als schemenhafte Umrisse zu erkennen. Ungeduldig zog sie ihren Zauberstab aus dem Gürtel.
"Lumos!" Die Spitze ihres Stabes leuchtete auf, jedoch nur ganz leicht, sodass sie die groben Gesichtszüge der Freunde gerade noch erkennen konnte. Niemand, der von außen an dem Klassenzimmer vorbei lief, würde den Lichtschein bemerken. Sie wandte sich wieder Harry zu.
"Wie oft hast du sie denn bisher schon gehört?", fragte sie nun, in ihrer Stimme schwang ein Hauch ihrer Ungeduld mit.
"Zwei Mal bis jetzt. Einmal am Anfang des Schuljahres und dann gerade eben"
Vica überlegte und runzelte die Stirn. "Bei mir war es mehrmals. Hier"
Sie zog ihre Tasche hervor und begann darin herumzuwühlen, bis sie ein Blatt Pergament zu fassen bekam. Sie faltete es auf und reichte es Harry, der es neugierig entgegen nahm. Hermine und Ron beugten sich ebenfalls darüber und zu dritt sahen sie auf Vicas gezeichneten Schulumriss von Hogwarts. "Ich habe die Stellen, an denen die Stimme mir begegnet ist, mit roter Tinte markiert. Mach doch am besten ein Kreuz an die Stelle, an der du sie gehört hast, Harry. Dann können wir weitersehen"
Harry zückte seinen Zauberstab und tippte die entsprechende Stelle auf dem Blatt an, auf der nun ein schwarzer Punkt auftauchte. Dann berührte er auch gleich noch die Stelle im 2. Stock, wo sie die Botschaft an der Wand gefunden hatten.
Vica grinste. "Jetzt müssen wir nur noch herausfinden was diese Stellen gemeinsam haben"
Entmutigt pfiff Ron durch die Zähne. "Na dann viel Glück"
Hermine schwieg, nahm Harry vorsichtig die Karte aus den Händen und rückte damit näher an Vicas Zauberstab, um sie genauer studieren zu können. Sofort hielt Vica ihn ihr näher hin und erklärte währenddessen, was sie bisher alles herausgefunden und unternommen hatte, um mehr über diese seltsame Stimme herauszufinden.
"Zu wem oder was auch immer diese Stimme gehört, sie hat bestimmt auch die Botschaft an der Wand hinterlassen", überlegte Hermine laut und Vica nickte.
"Aber ist es nicht unheimlich?", warf Ron ein und erschauderte. "Ihr beiden hört etwas, das niemand außer euch hören kann. Und das führt euch direkt zu einer blutverschmierten Wand mit einer toten Katze am Fackelhalter. Echt gruselig"
"Einer versteinerten Katze, Ron", verbesserte Hermine automatisch, aber auch sie sah so aus, als wäre ihr ganz und gar nicht wohl bei dieser Sache.
"Was ist eigentlich diese Kammer des Schreckens?", fragte Vica in die aufkommende Stille hinein. "Hat einer von euch schon mal von ihr gehört?"
Ron dachte angestrengt nach. "Ich glaube, mein großer Bruder Bill hat mal was erwähnt... Irgendetwas mit einer geheimen Kammer, die aber noch niemand gefunden hat. Oder war es doch Charlie?"
"Aber wer könnte mit dem Erben gemeint sein?", bohrte Vica weiter nach. "Gibt es in der Zaubererwelt auch Könige oder so? Ein um die Krone gebrachter Adliger, der sich nun an denjenigen rächen will, die ihn um sein Erbe gebracht haben?"
Ron schüttelte den Kopf. "Nicht dass ich wüsste. Die einzigen Zauberer, die sich wie Adlige aufführen, sind die Reinblüter"
Vica seufzte und fuhr sich durchs Haar. "Das ist alles ziemlich merkwürdig und verwirrend"
Sie hörten eine Uhr Mitternacht schlagen und Hermine schlug schließlich vor, in die Schlafsäle zurück zu gehen.
Als sie im 7. Stock angekommen waren, fragte Harry Vica besorgt: "Sollen wir dich zu deinem Turm begleiten?"
Das Mädchen schüttelte heftig den Kopf. "Nein, danke. Ich bin bisher auch immer noch alleine in unseren Gemeinschaftssaal gekommen und mir ist noch nichts passiert"
"Ja, aber bisher hat auch noch kein Irrer eine tote Katze an die Wand gehängt", warf Ron ein.
"Versteinerte Katze, Ron", berichtigte Hermine ihn erneut, doch Ron ignorierte sie einfach und sprach weiter: "Außerdem bist du jünger als wir und alleine nachts durch die Gänge zu schleichen kann hier ganz schön gefährlich sein"
"Wie gesagt, ich komme schon klar, danke. Es ist erstens nicht weit und zweitens seid ihr doch die Experten für nächtliches Herumstreunen, oder?", antwortete Vica mit einem Zwinkern und wandte sich zum Gehen. "Schlaft gut, wir sehen uns dann morgen, ok?"
Sie winkte den dreien noch einmal zum Abschied und machte sich auf den Weg. Sie glaubte tatsächlich nicht, dass ihr etwas passieren könnte, jedenfalls hielt sie es für ziemlich unwahrscheinlich, aber sicherheitshalber sah sie sich doch öfter um und lauschte auf verdächtige Geräusche, bis sie endlich vorm bronzenen Adler ankam.
"Es hat keine Farbe, dennoch kann man es sehen. Es wiegt nichts, doch alles, an dem es haftet, wird durch es leichter. Was ist es?", krächzte der Adler verschlafen.
Vica hob eine Augenbraue. "Du warst auch schon mal tiefsinniger. Ein Loch natürlich"
"Richtig. Und jetzt geh rein und lass mich schlafen" Der Adler ließ die Tür aufschwingen und eilig schlüpfte sie hindurch.
Sie wollte gerade in ihren Schlafsaal zurück schleichen, als eine Stimme aus dem Dunkeln sie zurückrief.
"Wo willst du hin?"
Vica stöhnte, als sie die Stimme ihrer Vertrauensschülerin erkannte. Penelope Clearwater erhob sich aus einem der himmelblauen Sessel und verschränkte vorwurfsvoll die Arme vor der Brust. Vica versuchte es mit einem entschuldigenden Lächeln.
"Eigentlich hatte ich vor, ins Bett zu gehen"
Ein ungehaltenes Schnauben zeigte Vica deutlich, dass Penelope heute nicht so einfach zu vertrösten war.
"Es ist NACH MITTERNACHT, Veronica. Meinst du nicht auch, du hättest bereits VORHER in Erwägung ziehen sollen, ins Bett zu gehen? Besonders nach diesem Vorfall heute Abend!", schimpfte Penelope. "Es ist gefährlich und noch dazu verboten, so spät noch draußen auf den Gängen zu sein. Kannst du dir vorstellen, wie besorgt ich war, als ich die Schülerzahlen kontrollierte und du als Einzige fehltest? Woher hätte ich wissen sollen, dass du nicht auch irgendwo versteinert an einer Wand hängst?"
Sie schüttelte verärgert ihre blonden Locken und sah die Erstklässlerin strafend an.
"Es ist nicht meine Schuld, dass ich so spät dran bin, Penelope", erklärte Vica nun mit schlechtem Gewissen. "Professor Dumbledore hat uns noch ein paar Fragen gestellt, weil wir die Botschaft an der Wand zuerst entdeckt haben und das ging etwas länger"
Penelope seufzte und ihre Gesichtszüge entspannten sich etwas. Sie sah auf einmal ziemlich müde und erschöpft aus. "Das wusste ich. Ich hatte nur nicht damit gerechnet, dass es so lange dauern könnte und war in Sorge. Versprich mir einfach, dass du in Zukunft nicht so spät kommst und vor allem nicht allein"
Vica nickte und betrachtete Penelope nachdenklich. Es war nicht das erste Mal, dass sie nachts auf sie wartete um ihr eine Standpauke zu halten. Sie nahm ihre Pflicht als Vertrauensschülerin wirklich sehr ernst und führte sich oft auf wie eine überfürsorgliche Mutter, aber heute war sie irgendwie anders als sonst. Penelope wandte den Blick ab und knotete sich ihren Morgenmantel zu. Dann wandte sie sich in Richtung Treppe und nickte Vica kurz zu.
"Na los, ab ins Bett, diesmal wirklich"
Eilig lief Vica an ihr vorbei die Treppe hoch bis zu ihrem Schlafsaal. So leise wie möglich stieß sie die Tür auf, um ihre Mitbewohnerinnen nicht aufzuwecken. Doch diese Vorsicht hätte sie sich genauso gut sparen können, denn Penelope war offenbar nicht die Einzige, die auf ihre Rückkehr gewartet hatte. Kaum, dass sie einen Fuß über die Schwelle gesetzt hatte, fiel ihr jemand an den Hals und schmiss sie dabei beinahe um.
"Da bist du ja endlich!", sagte Pixie und drückte sie herzlich. "Komm, du musst uns einfach alles erzählen. Haargenau. Jedes Detail"
Sie zog Vica zu ihrem Bett, auf dem sich auch schon Cammie und Jocelyn versammelt hatten. Sogar Luna saß auf der Bettkante und sah ihr erwartungsvoll und mit leicht schief gelegtem Kopf entgegen.
"Wir haben Luna bereits ausgefragt, aber sie wusste auch nicht, was du getrieben hast, nachdem sie gegangen war", erklärte Cammie Vica mit vorwurfsvollem Unterton, so als würde sie die drei absichtlich im Unwissenden lassen. Betont gelassen machte Vica es sich auf dem Bett bequem und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr.
"So. Was wollt ihr wissen?"
Pixie streckte sofort einen Arm in die Luft. "Ich fange an. Also erstmal: Was in aller Welt war so wichtig, dass du uns beim Abendessen versetzt hast? Oder sollte ich besser sagen: Wer?" Sie grinste verschmitzt und zog die rotgoldenen Augenbrauen in die Höhe.
Vica schüttelte den Kopf udn begann die Geschichte erneut runterzuleiern. "Ich war in der Bibliothek und habe die Zeit vergessen. Ich wollte gerade in die große Halle, als ich dann... na ja, ein Geräusch gehört habe. Ich bin ihm gefolgt und dann auf Harry und die anderen getroffen. Wir haben die Botschaft an der Wand entdeckt, dann die Katze. Dann kamen die ganzen Schüler, die Lehrer und schließlich mussten wir in Lockharts Büro, um ein paar Fragen zu klären, die niemanden wirklich weiter gebracht haben. Ende der Geschichte"
Sie lehnte sich an den Bettpfosten und gähnte. Die vier Mädchen sahen sie ungläubig an. Cammie äußerte sich als erste: "Du willst uns also weismachen, dass du zufällig ein verdächtiges Geräusch gehört hast, an dessen Quelle du zufällig auf Harry Potter gestoßen bist, der zufällig in der Nähe einer blutverschmierten Wand stand? Hielt er vielleicht auch zufällig die Katze am Schwanz gepackt?"
Vica sah sie misstrauisch an. "Was soll das heißen?"
"Du weißt genau, was ich damit meine"
Erneut richtete Vica sich auf und schenkte Cammie einen vor Wut funkelnden Blick. "Harry war das nicht. Er hatte nichts damit zutun"
"Ich glaube dir", sagte Luna vertrauensvoll und Jocelyn verdrehte die Augen. Sie schob ihre Brille auf der Nase zurecht und meinte ganz ruhig: "Es ist jedenfalls ziemlich verdächtig. Vor allem, wenn man bedenkt, dass Filch ihn erst neulich in sein Büro zur Bestrafung geschickt hat. Vielleicht wollte er sich an ihm rächen"
Entrüstet sah Vica von einer zur anderen. "Das glaubt ihr doch nicht wirklich? Harry ist nicht der Typ für so etwas. Er hätte das niemals getan! Und außerdem, wenn ihr es genau wissen wollt, wäre sogar ich näher am Tatort gewesen als er oder Hermine oder Ron. Die drei waren immerhin beim Kopflosen Nick als es geschah und haben ein wasserdichtes Alibi"
"Also soll es das gewesen sein? Ein dummer Zufall?", fragte Pixie zweifelnd.
"Ganz genau!"
Die drei Mädchen tauschten einen Blick, dann sahen sie zurück zu Vica.
"Ok. Wenn du das sagst, wird es schon stimmen", sagte Pixie schließlich und machte eine bedeutungsvolle Pause, in der sich ein anzügliches Lächeln auf ihr Gesicht schlich. "Ich finde es übrigens wirklich herzergreifend, wie du für deinen Harry einstehst, Vica. Ihr seid ja soooo ein süßes Paar"
"Ach, haltet doch die Klappe", meinte Vica erleichtert und warf Pixie zur Strafe ein Kissen ins Gesicht. "Außerdem sind wir nur befreundet. Er ist absolut nicht mein Typ"
Cammie lachte. "Das sagen sie alle und dann..."
"Bleib du bei deinem Draco!", zog Jocelyn sie auf und war prompt die Nächste mit einem Kissen im Gesicht. Sie lachten noch eine ganze Weile weiter bis sie meinten, Penelopes Schritte auf der Treppe zu hören und verstummten dann schlagartig. Rasch schlüpfte eine nach der anderen in ihr eigenes Bett und zog die Decke artig bis zum Kinn.
"Unfassbar, dass wir bei ihr so kuschen. Ich fühle mich echt wie bei meiner Mum", flüsterte Pixie laut genug, sodass sie alle verstehen konnten und kicherte erneut.
"Apropo Penelope...", flüsterte nun auch Jocelyn. "Habt ihr gesehen, wie kalkweiß sie wurde, als sie die Wand gesehen hat? Sie hat richtig Angst bekommen"
"Ich frage mich, ob sie etwas über die Kammer des Schreckens weiß", meinte Vica nachdenklich und starrte aus dem Fenster.
"Ich frage mich eher, wer dieser misteriöse Erbe sein soll, dessen große Feinde die Haustiere der Hausmeister sind", sagte Pixie und gähnte.
"Die Haustiere von Squibs, meinst du wohl", berichtigte sie Cammie. Vica richtete sich ruckartig auf. "Cammie, du hast recht"
"Natürlich habe ich recht"
"Das ergibt viel mehr Sinn. Wieso eine Katze an die Wand hängen? Einfach nur, weil sie gerade da war? Aber es ist eine Botschaft. Filch lag also gar nicht so falsch, als er meinte, es hätte etwas mit seinem Squibsein zu tun"
"Filch meinte aber auch, dass der Täter Harry war", sagte Jocelyn müde. "Lass das Ganz einfach für heute in Ruhe, Vica. Morgen werden die Leute eh über nichts anderes reden. Schlafen wir einfach ein bisschen"
"Na gut...", lenkte Vica ein. "Gute Nacht"
"Gute Nacht" , kam es vielstimmig zurück. Vica drehte sich auf die Seite und schloss die Augen. Einen ruhigen Schlaf konnte sie aber noch lange nicht finden.
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Harry Potter und das Erbe Slytherins (HP FF)
FanfictionDunkle Zeiten brechen an. Im Sommer vor Beginn seines zweiten Schuljahres trifft Harry Potter im Fuchsbau auf die angehende Erstklässlerin Veronica Harrison. Als Ginnys selbsterklärte beste Freundin und gleichzeitig Lieblingsversuchskaninchen der We...