»Stille Hoffnung«

251 17 14
                                    

Wenn Blicke hätten töten können, dann wäre ich auf der Stelle tot umgefallen, dessen war ich mir durchaus bewusst.

Die Blondine durchbohrte mich regelrecht mit ihren Augen und für einen kurzen Moment hatte ich Angst, sie würde irgendwelche übernatürlichen Fähigkeiten besitzen, womit sie anderen Menschen anhand von Blicken quälende Schmerzen hinzufügen konnte.

Ich biss mir auf die Unterlippe und versuchte mit aller Kraft meine Augen abzuwenden und somit unseren unangenehmen Blickkontakt zu beenden,doch irgendwas hielt mich davon ab. Es war beinahe so, als würden mich ihre dunklen Augen hypnotisieren.

Dastanden wir also, keine sieben Meter von einander entfernt und starrten uns wie aggressive Kampfhunde an. Es hätte mich nicht überrascht, wenn Alishyta im nächsten Moment auf mich zu gestürmt wäre und versucht hätte, mich mit ihrem blossen Händen zu erwürgen. Da ich diese Möglichkeit gar nicht einmal so abwägend fand, traute ich mich nicht, ein einziges Mal zu blinzeln.

Meine Augen wurden immer trockener und ich spürte bereits, wie mir langsam die Tränen hochkamen. Obwohl mein Drang zum blinzeln enorm gross war, zwang ich mich dazu, dem Augenkontakt standhaft zu bleiben. Diesen Kampf würde ich nicht verlieren. Diesen Kampf konnte ich einfach nicht verlieren.

Während unserem Starr-Battle kreisten in meinem Kopf unendlich viele Fragen und Gedanken umher. Die Kopfschmerzen von vorhin waren wie von Zauberhand verschwunden.

Warum starrte sie mich so an? Was dachte sie gerade? Wusste sie etwa von den Briefen? Oder noch schlimmer: Wusste sie von dem Kuss zwischen Thélmo und mir?

Der letzte Gedanke liess meine Wangen erröten. Ich hatte möglichst versucht, nicht mehr an diesen Tag zu denken, bisher war mir dies auch einigermassen gelungen. Und ich war mir eigentlich auch sicher,dass Thélmo ebenfalls nicht mehr an diesen Tag dachte, denn sonst hätte er sich schliesslich bei mir gemeldet. Doch all die Briefe,die ich ihm geschickt hatte, blieben bis Heute unbeantwortet. Am Anfang hatte es mich genervt und ich war enttäuscht, dass ich ihm scheinbar so egal geworden war, doch inzwischen störte es mich nicht mehr. Ich hatte mich damit abgefunden.

Mehr oder weniger.

Ich schluckte schwer und musste schliesslich trotz meiner Hartnäckigkeit ein paar Mal hintereinander blinzeln. Sofort erkannte ich, wie sich ein kleines Lächeln auf Alishyta's Lippen schlich. Meine Hände ballten sich zu Fäusten und ich war mir sicher, dass meine Knöchel bereits weiss anliefen. Dabei wollte ich doch nicht diejenige sein, die als Erste nachgab.

Es war beinahe lächerlich, wie sehr ich mich darüber ärgerte. Ich führte mich wie ein kleines Kind auf, welches bei einem bescheuerten Spiel nicht gewonnen hatte.

Genervt biss ich mir auf die Unterlippe, um nicht laut aufzuschreien. Ich musste mich wirklich beruhigen. Wenn mich so etwas ärgern konnte, wie wollte ich dann die bevorstehenden Tagen aushalten?

Ich schloss für einen kurzen Moment die Augenlider und streckte meine Finger durch. Sie kribbelten unangenehm, fast so, als wären sie eingeschlafen.

Als ich die Augen öffnete,bemerkte ich sofort, dass Alishyta immer noch in meine Richtung sah.Konnte sie nicht einfach verschwinden? Das sie mich regelrecht stalkte war ein wenig gruselig.

Doch plötzlich drehte sie ihren Kopf ab und sie winkte jemanden zu. Mit zusammen gezogenen Augenbrauen beobachtete ich das Geschehen und ich bemerkte, dass ich selbst Neigungen zum Stalken hatte. Ich war Alishyta wohl ähnlicher, als ich es wahr haben wollte.

Als ich die Person erblickte, welche Alishyta so aufgeregt zu gewunken hatte, blieb mir beinahe mein Herz stehen. In meinem Bauch breitete sich ein mulmiges Gefühl aus und ich hatte das Bedürfnis auf die nächste Toilette zu rennen und mir die Seele aus dem Leib zu kotzen.

Revenge ~ Der Tod kommt immer Näher [#2] ON HOLDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt