» Löffel sind tolle Waffen «

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 Die kühle Nachtluft umhüllte mich, als ich die »Betreten Verboten« im elften Stock aufstiess. Schnell hastete ich in die Dunkelheit und die Türe hinter mir fiel ins Schloss. Ich war froh, dass ich das Rüschchenkleid durch eine schwarze Jeans und einen roten Pullover getauscht hatte. Trotzdem durchdrang die Kälte die schützende Kleidung und ich schlang meine Arme um meinen Oberkörper. Zögerlich trat ich weiter in die Kälte hinein und erblickte sofort einen Umriss eines Menschen am Geländer. »Wer ist da?«, fragte ich laut. Die Gestalt drehte sich um: »Wer wohl?« Mein Körper entspannte sich, als ich die Stimme hörte. »Thélmo«, murmelte ich nachdenklich. »Du hast mich erschreckt.« Mit einigen Schritten stand ich schon neben dem Blonden. »Na, wo liegt das Problem?«, fragte er grinsend. Ich verdrehte die Augen, zum Glück konnte er dies in der Dunkelheit nicht sehen. »Warum sollte es ein Problem geben?« Thélmo lachte: »Ich kenne dich zwar nicht lange, aber lange genug um zu wissen, das du nie ohne Grund hier hochkommst.« Ich lehnte mich gegen das Geländer. Er hatte wirklich Recht, das mit Elvion und Anna hatte mich schon sehr getroffen, doch dieser Erfolg gönnte ich ihm nicht. »Das stimmt nicht, Freundchen«, sagte ich gelassen. »Vielleicht will ich ja nur die Aussicht geniessen?« »Auch wenn ich dich in der Dunkelheit nicht sehen kann, ich erkenne immer noch wenn du Lügst«, erwiderte er ebenfalls gelassen. Ich seufzte genervt und er äffte es mir nach. »Gut«, sagte ich geschlagen. »Also meine Tribute... Na ja, die lieben sich?« Es kam mir so komisch vor. Sie liebten sich. Flake und ich hatten uns auch geliebt, glaubte ich zumindest. Eine Gänsehaut überkam mich. »Das verstehe ich nicht«, die Stimme von Thélmo klang verwirrt. »Warum haben sie sich den Freiwillig gemeldet?« »Na ja, sie lieben sich nicht direkt«, sagte ich nachdenklich. »Sie waren mal ein Paar und sie haben sich getrennt und Elvion liebt Anna und.... Ach, das ist kompliziert.« »Liebe ist immer kompliziert«, murmelte Thélmo vor sich hin. »Oh«, stiess ich lachend hervor. »Unser lieber Thélmo Daroon wird philosophisch.« »Gar nicht wahr«, verteidigte er sich. Ich lachte und er stimmte schliesslich ein. Gleichzeitig verstummten wir dann wieder und standen neben einander und starrten stumm auf das Kapitol hinunter. Erst nach einer Weile rührte sich Thélmo wieder: »Na dann, ich gehe dann mal. Man sieht sich dann Morgen, richtig?« »Klar«, murmelte ich. »Gute Nacht.« »Ebenfalls«, erwiderte er und man hörte, wie er sich entfernte. »Ach, ja. Thélmo?«, rief ich, ohne mich umzudrehen. »Ja?«, die Schritten waren verstummt. »Erzähl lieber nicht weiter, was ich dir erzählt habe. Das von Elvion und Anna, ja?« »Ja, du kannst mir vertrauen, Feli«, erwiderte er. Dann hörte man die Schritte wieder.

Am nächsten Tag wurde ich von lautem Gebrülle geweckt. Verwirrt setzte ich mich auf und fuhr mir mit meiner Hand durch meine verknoteten Haare. Ich schlug die Decke zurück und rollte mich aus dem warmen Bett. Das Gebrülle hatte nicht aufgehört. Genervt riss ich die Zimmertüre auf und lief fast in Phoebe rein, welche mit leichenblassen Gesicht (auch wenn sie immer ein blasses Gesicht hatte) vor meiner Türe stand. »Felicia!«, stotterte sie panisch. »Du.. Du bist wach. Hilfe! Sie... streiten sich!« »Ganz ruhig«, murmelte ich verschlafen und zwängte mich an der rothaarigen vorbei. Auf dem Weg in die Küche, wo scheinbar der Streit statt fand, rieb ich mir den Schlaf aus den Augen und gähnte herzhaft. Als ich die Küche betrat, machte ein Buttertoast Bekanntschaft mit meinem verschlafenen Gesicht. »Was zum..?«, knurrte ich und rieb mir die Butter von der Wange. »Du Feigling, komm raus!«, polterte Anna zornig. Ihre blonden Haare standen nach allen Seiten ab und ihre Wangen waren dunkelrot gefärbt. Sie schnappte sich ein Messer, welches auf dem Tisch lag und rümpfte die Nase. Mich hatte sie also noch nicht bemerkt. Nun entdeckte ich auch Elvion. Er hatte sich Schutz unter dem Tisch gesucht und war ebenfalls bewaffnet – mit einem Löffel. Ich wusste, wer diesen Kampf gewinnen würde, wenn ich nun nicht dazwischen gehen würde. »Was ist hier los, verdammt?«, donnerte ich so laut ich konnte. Anna liess vor Schreck das Messer fallen und starrte mich verdattert an. »Hallo«, zischte sie. »Du hast da Butter.« Ich kniff die Augen zusammen: »Und warum wohl?« Sie zuckte mit den Schultern und hob sich das Messer auf. »An deiner Stelle würde ich verschwinden«, warnte sie mich. »Hier wird es nicht schön zu und her gehen.« »Fertig jetzt!«, knurrte ich und nahm mir vom Tisch ein Messer. »Ich hoffe ihr wisst, was meine beste Waffe ist.« Annas Augen weiteten sich und sie liess das Messer zögerlich senken: »Ist ja gut. Wir müssen jetzt zum Training.« Elvion war nun unter dem Tisch hervor gekrabbelt und sah sich nervös um. »Ja, lass und gehen.« Ich seufzte: »Und wehe ich muss Leichenteile zusammen sammeln kommen.«

Das Avox Mädchen hatte sich freundlicher Weise dazu bereit erklärt, alles aufzuräumen, was meine Schützlinge zerstört hatten. Das war leider nicht gerade wenig. Nun gut, ich hatte mich dann bereit gemacht. Zuerst hatte ich geduscht, um auch ja alle Butter wegzubekommen, mich dann angezogen und nun war ich auf dem Weg zum Mentorenraum. Ich brauchte Hilfe von einigen Stylistin, um dann anschliessend auch dort anzukommen. Ausser Atem klopfte ich gegen die grosse Doppeltüre, welche auch Augenblicklich geöffnet wurde. Es war Cloud, der Mentor aus Distrikt eins. Seine dunkelblonden Locken waren perfekt gekämmt und seine braunen Augen starrten mich an. »Du bist spät«, bemerkte er. »Tut mir sehr, sehr leid!«, entschuldigte ich mich. Er öffnete die Tür ein Stück weiter und liess mich eintreten. »Gibt es eine Entschuldigung für dein spätes Auftreten?«, fragte er weiter. Ich verdrehte die Augen: »Meine Tribute wollten sich umbringen, reicht das?« »Bitte?«, fragte er schockiert. Ohne weitere Antwort liess ich mich auf meinen Platz fallen.

Revenge ~ Der Tod kommt immer Näher [#2] ON HOLDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt