» Ertappt «

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Am nächsten Morgen kam ich nur sehr schwer aus dem Bett, da ich erst um halb Vier eingeschlafen war.

Bis dahin spukten mir die verschiedensten Fragen durch den Kopf und liessen mich nicht zur Ruhe kommen. Alles drehte sich rund um die verschwunden Briefe. Doch auch nach mehreren Stunden angestrengtes Überlegen, konnte sich mein Kopf keine Lösung zusammen reimen.

Für einen Augenblick – oder vielleicht auch zwei – zweifelte ich an Thélmos Aussage und dachte mir, er hätte mich bloss über den Tisch gezogen und er würde sich nun vor Lachen beinahe ins Hemd machen.

Auch wie plausibel mir diese Antwort erschien, konnte und wollte ich ihr keinen Glauben schenken. Ich wusste zwar, dass ich Thélmo noch nicht allzu lange kannte, aber ich kannte ihn zumindest lange genug, um zu wissen, dass er so etwas nie machen würde. Mittlerweile hatte ich bestimmt einen fünften Sinn für Menschenkentniss erlangt und bei Thélmo ging meine innere Alarmanlage nie an.

Aber vielleicht war meine innere Alarmanlage auch einfach defekt.

Das Frühstück verlief überraschend ruhig. Ich musste bloss einmal für die Butter fragen, dann hatte ich kaum mehr ein Wort gesprochen. Auch der grösste Vollidiot Elvion hatte mich mit seiner nervigen Stimme in Ruhe gelassen. Eigentlich versprach das alles einen mehr oder weniger perfekten Tag.

Nachdem ich mich geduscht, angezogen und Marciella so lieb war und meine Haare zu einem Zopf geflochten hatte, machte ich mich mit Milo auf den Weg ins Trainingscenter.

Doch es war natürlich klar, dass Milo mir sofort ansah, dass etwas nicht stimmte.

»Hey, Feli. Was ist denn los?«, fragte er mich deshalb auch direkt.

Für ein einziges Mal nervte ich mich ein bisschen über seine unnötigen Sorgen. Schliesslich gab es auch Dinge in meinem Leben, die er nicht unbedingt wissen musste.

»Nichts«, erwiderte ich also darauf. Ich bemerkte, wie er mich von der Seite ansah, doch ich tat so, als würde ich es nicht bemerken.

»Du benimmst dich schon den ganzen Morgen so merkwürdig. Hat es damit zu tun, dass du letzte Nacht weg warst?«

Ich hielt kurz inne und konnte nun nicht anders, als ihm einen kurzen Blick zu schenken.

»Überwachst du mich?«, war meine Gegenfrage.

»Nein, natürlich nicht«, er schüttelte den Kopf, »Ich konnte bloss nicht schlafen und habe mich dann nach was essbaren umgeschaut. Als ich auf dem Rückweg in mein Zimmer war, habe ich gesehen wie du das Apartment verlassen hast.«

»Ich war kurz an der frischen Luft«, erklärte ich schnell. Ich drückte auf den Knopf für den Aufzug, der keine drei Sekunden später auf unserem Stock anhielt.

Milo musterte mich, entschied sich jedoch dazu nichts anderes als ein »Okay« von sich zu geben. Bevor er noch etwas hinzufügen konnte, gingen die Aufzugstüren auf und wir traten ins Innere des Lifts.

Während der Fahrt ins Trainingscenter, herrschte eine peinliche Stille zwischen uns zwei. Ich spürte irgendwie, dass er zu gerne noch mehrere Fragen gestellt hätte, dies aber aus Höflichkeit nicht tat.

Ich war froh, als der Aufzug wieder aufging und ich das Trainingscenter betrat. Somit verschwand auch die peinliche Stille, welche mich beinahe in den Wahnsinn getrieben hätte.

Als ich mich im Trainingscenter umsah, bemerkte ich, dass die meisten Tribute bereits anwesend waren.

Die Mädchengruppe – in der sich die jüngsten Tribute zusammen geschlossen hatten – standen bei der Feuerstelle herum und versuchte mit Steinen Funken zu erzeugen.

Revenge ~ Der Tod kommt immer Näher [#2] ON HOLDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt