» Der erste Blick «

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Krank.

Ja, kein anderes Wort hätte diese Situation wohl besser beschreiben können.

Mit grossen Augen und gerunzelter Stirn, blickte ich aus dem Fenster und beobachtete die bunten Menschen die jubelnd herum hüpften und mir wild zu winkten.

»Fe-li-ci-a! Fe-li-ci-a!«, hörte ich sie im Chor rufen. Ich bekam ein mulmiges Gefühl im Bauch, so dass ich den Blick abwenden musste.

»Die scheinen ja ganz verrückt nach dir zu sein«, bemerkte Elvion nüchtern. Er hatte sich gegen einen grossen Holztisch gelehnt und hob amüsiert eine Augenbraue.

»Klappe, du Idiot«,fauchte ich, worauf er bloss schmunzelte. Seufzend rollte ich mich den Augen und sah zu Milo, der angespannt auf einem der Sessel sass und vor sich hin starrte. Er hatte seit der Ankunft im Kapitol nichts anderes getan, wahrscheinlich wartete er einfach darauf, dass uns die Friedenswächter endlich aus diesem stinkenden Zug holten.

»Milo!«, sagte ich etwas zu laut.

Ich sah, wie der Dunkelhaarige zusammen zuckte und sofort den Blick hob. Als er mich mit seinen strahlenden Augen ansah, musste ich unwillkürlich Lächeln.

»Komm her«, forderte ich ihn auf, indem ich ihn hektisch zu mir winkte.

Zuerst schien er zu zögern,doch schon gleich erhob er sich aus dem Sessel und kam mit grossen Schritte auf mich zu.

»Was ist denn?«, fragte er mich, als er vor mir zum stehen kam.

»Weisst du, was du jetzt tun wirst?«, ich lächelte ihn breit an.

Er schüttelte verwundert den Kopf und da stellte ich mich auf die Zehenspitzen, packte ihn an den Schultern und drehte ihn so, dass er aus dem Fenster schauen musste.

Natürlich war mein Handeln ein voller Erfolg. Das Gekreische draussen im Bahnhof wurde noch lauter als zuvor. Es war offensichtlich, dass ihnen Milo gefiel.

»Uhm, aber..«, Milo's Wangen färbten sich leicht rosa und er sah mich beinahe etwas hilflos an. Sein Gesichtsausdruck brachte mich augenblicklich zum Lachen.

»Jetzt wirst du Lächeln,okay?«, ich zog mit meinen Fingern meine eigenen Mundwinkeln hoch, um meine Aussage noch zu unterstreichen.

Er hob eine Augenbraue. »Na, komm schon!«, ich klopfte ihm leicht auf die Schulter und sofort erschien ein kleines – aber dennoch überzeugendes – Lächeln auf seinen Lippen. Er drehte seinen Kopf wieder zum Fenster und ohne das ich etwas sagen musste, fing er an der Menge zuzuwinken.

Diese Kleinigkeiten hatten einen enormen Effekt. Die Menge rastete beinahe aus. Alle winkten eifrig zurück, schickten ihm Luftküsse und kreischten seinen Namen:»Mi-lo! Mi-lo!«

»Wow«, erklang eine Stimme hinter mir.

Ich drehte mich um und sah zu Elvion hoch, der mit gehobenen Augenbrauen Milo anstarrte: »Der Märchenprinz hat es echt drauf, was?«


»Felicia!«

Bevor ich irgendetwas erwidern konnte, wurde ich so stürmisch umarmt, dass ich beinahe auf meinen Hintern gefallen wäre.

»Ellza«, murmelte ich überrascht und schnappte verzweifelt nach Atem. Ich wusste ja nicht,dass eine zierliche Frau wie sie, so viel Kraft besass. Sie erwürgte mich beinahe, deshalb stiess ich sie sanft aber bestimmt zurück.

Sie sah mich mit ihren grossen, dunkelblauen Augen besorgt an, bevor sie nach meinen Händen griff und diese leicht drückte: »Es tut mir so Leid für dich.«

Revenge ~ Der Tod kommt immer Näher [#2] ON HOLDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt