» Alleine «

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Ich konnte mich an keinen Moment erinnern, an dem ich mich jemals so sorglos gefühlt hatte, wie jetzt. Alle schlechten Erinnerungen waren wie ausgelöscht, aus meinem Gedächtnis verbannt.

Flake, Finnley, Elvion - alles war mir für diesen Moment egal.

Das ist falsch, verdammt nochmal!

Wie konnte etwas, dass scheinbar Falsch sein sollte, sich so gut anfühlen?

Felicia, wach auf. Als würde jemand wie Thélmo dich lieben.

Niemand konnte in Worten ausdrücken, wie egal mir dies gerade war.

Dieses Gefühl von Sorglosigkeit machte süchtig - es war wie eine Droge.

Ich vergrub meine Nägel in seiner Jacke und zog ihn näher an mich heran.

Er hat eine Freundin, verdammt.

Es war beinahe so, als hätte mir jemand mit voller Wucht in den Bauch geschlagen.

Atemlos trennte ich mich von Thélmo. Wir beiden schnappten schnell nach Atem. Ich war nicht fähig, ihm in die Augen zu schauen, aber genauso wenig wollte ich ihn loslassen.

»War es dass, was du ausprobieren wolltest?«, murmelte ich, dabei spürte ich, wie meine Wangen anfingen zu glühen.

»J-Ja«, antwortete er, seine Stimme war immer noch genauso rau wie vorhin, was mir eine Gänsehaut verlieh.

Ich konnte nicht anders, als meine Lippen ein weiteres Mal auf seine zu legen.

Doch anstatt er meinen beinahe verzweifelten Kuss erwiderte, machte er einen schnellen Schritt rückwärts.

Ich schluckte schwer, als ich ihn mit grossen Augen ansah.

Mist.

»Thélmo, ich..«, begann ich leise, doch er unterbrach mich sofort mit einer Handbewegung.

»Ich glaube, du solltest jetzt gehen!«, sagte er, dabei klang seine Stimme ziemlich kühl, was mir einen Stich in die Brust versetzte.

Er wich meinem verzweifelten Blick gekonnt aus.

»Aber warum?«, ich spürte die Tränen, die mir erneut in die Augen stiegen.

Thélmo drehte sich ab, machte Anstalt zu gehen: »Ich habe eine Freundin, Felicia.«

Ich habe es dir gesagt, du dummes Ding!, mein Unterbewusstsein lachte mich schaden freudig aus.

»Ich hoffe, du findest den Bahnhof selbst«, Thélmo klang überraschend wütend.

Warum war er jetzt wütend auf mich? Er hatte mich doch geküsst!

Ich war nicht fähig mich zu rühren. Am liebsten hätte ich auf den Boden, nein, am besten auf seine Schuhe, gekotzt.

Plötzlich drehte sich zu mir und ich starrte ihn verständnislos an.

Thélmo packte mich am Arm und blickte mich von oben bis unten an.

»Es tut mir wirklich Leid«, nun klang seine Stimme wieder sanfter, beinahe traurig.

Was dachte er sich eigentlich, wer er war?

Dachte er, er könnte mich mal so und dann mal so behandeln?

War ich eine verdammte Puppe, oder was?

»Was tut dir Leid, huh?«, nun war ich diejenige, die wütend klang.

Aber ich hatte schliesslich auch allen Grund dazu.

Revenge ~ Der Tod kommt immer Näher [#2] ON HOLDWo Geschichten leben. Entdecke jetzt