Wenig später sitzen wir in dem Raum, an dem ich zu Bewusstsein gekommen bin und essen etwas Brot, das Beck aus einer roten Reisetasche geholt hat. Unsere Verfärbungen sind verschwunden, genauso, wie der Schmerz.
„Woher hast du gewusst, dass es am Stein liegt?", bricht Belle das Schweigen und sieht mich an. Ich höre auf zu kauen und spüre auch die anderen Blicke auf mich ruhen. Ich schlucke den Bissen hinunter.
„Ehrlich gesagt: überhaupt nicht. Aber der Stein war das Zentrum dieser mutierten Pflanze. So wie ein Energie- Spender", sprudle ich heraus.Der Gedankenblitz war mir erst eingefallen, als die Ranke mich angegriffen hat. Da sie sich gewehrt hat, als ich an den Stein herankommen wollte, musste ich recht gehabt haben.
„Dir konnten die Stacheln nichts anhaben, Beck. Wieso eigentlich?"
Er zuckt mit den Schultern. „Ich weiss es nicht." Er betrachtet das Tattoo auf seinem Handgelenk.
Cale folgt meinem Blick. Ihm fällt auf, dass er auch so etwas hat, während Belle und ich keine haben.
Beide Jungs haben ein Tattoo, das ihr linkes Handgelenk, wie ein Armband ziert.
Beck hat eine Efeuranke.
Cale hat Flammen.
Belle tippt zuerst gegen Becks und dann gegen Cales Tattoos und sagt: „Erde und Feuer."
„Zwei der vier Elemente", beende ich den Satz, als ich verstehe worauf sie hinaus will. Erstaunt sehen wir abwechselnd uns und die Tattoos an.
„Das muss der Grund sein, weshalb das Gift dir nichts anhaben konnte!", sagt Cale.
„Also nichts ist vielleicht übertrieben!", sagt Beck etwas entrüstet, „Ich habe schon gespürt, dass es weh tat, aber ich glaube, dass es bei euch etwa zehn Mal schlimmer war!"
„Warum greift es uns erst jetzt an?" Cale sieht Beck an. In beiden Mienen sah man die Verwirrung und so viele Fragen.
„Beck, wir sind schon seit ein paar Tagen hier, aber diese Wand hat sich erst durchtrennt, als die Mädchen kamen. Und ich nehme an, dass das der Startschuss für das Ding war."Dieser Einwurf lässt uns alle überlegen, aber er scheint etwas Recht zu haben. Als Belle und ich dazugekommen waren und uns etwas an die Situation gewöhnt haben, hat sich die Wand anscheinend zum ersten Mal getrennt und als wir vier zusammen stiessen, krabbelte dieses mutierte Grünzeug die Wände herunter, das uns aber erst angriff, als ich den Stein holen wollte.
„Aber was hat es damit auf sich?", erhebe ich das Wort und sah den Stein ratlos an. Die anderen wissen auch nichts damit anzufangen.Beck untersucht ihn genau. Er tippt, klopft und streichelt den Stein, gibt ihm Befehle und wirft ihn weg. Alles, was er macht, sieht irgendwie albern aus, dass ich mein Lachen hinter einem Husten verbergen musste und an Belles amüsierten Blick sehe ich, dass es ihr genauso gehen musste.
Erst als Beck hindurchsieht, findet er etwas.
„Das ist es! Man muss hindurchsehen!", ruft er aufgeregt.
„Und was siehst du?", drängelt Belle.
„Da!" Er zeigt auf die Mauer an der Cale gelehnt hatte, als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe. „Das ist noch etwas. Ein weiterer Raum, der genau gleich aussieht, wie unseren. Und wieder ein Mädchen und ein Junge!", fügt er überrascht hinzu.
Kaum hat er den Satz zu Ende gesprochen, als die Wand sich nach rechts bewegt und eine Glasscheibe hinter sich herzog.Verdutzt sehen wir Beck und dann die Glasscheibe an. Sofort rappelt sich jeder auf und steht vor dem Glas.
Wir versuchen sie instinktiv einzuschlagen, mit unseren Ellbogen, Knien, Waffen, aber das Glas ist massiv und lässt nicht einmal einen Kratzer erkennen.
Der Junge und das Mädchen sind in der Zwischenzeit ebenfalls überrascht aufgestanden und gehen zögerlich auf die Glasscheibe zu.
Der Junge hat gebräunte Haut und schwarze Haare und Augen. Das Mädchen hat rostrotes Haar und braune Augen.Der Junge auf der anderen Seite bewegt seine Lippen, aber wir hören ihn nicht. Belle haucht die Scheibe an und schreibt die Wörter: Wir können euch nicht hören. Wer seid ihr? Sie muss mehrmals das dicke Glas beschlagen, um alles schreiben zu können.
Das Mädchen folgt Belles Beispiel und schreibt: Ich bin Ariadne und das ist Avan. Wer seid ihr?
Es ist schwierig spiegelverkehrt zu lesen, deshalb brauchen beide Parteien mehrere Versuche, was bedeutet dass wir es mehrmals aufschreiben müssen.
Dieses Mal antworte ich.
Ich zeige auf mich, hauche die Scheibe an und schreibe: Cass.
Dann deute ich auf Cale und schreibe: Cale. Er war mit mir im Raum.
Dann deute ich auf Beck und Belle. Belle und Beck. Sie waren auch zusammen in einem Raum.
Avan tretet vor und schreibt: So ein Raum? Er zeigt hinter sich.
Ich nicke und presse mit beide Zeigefinger zusammen. Dann bildete ich einen Abstand zwischen ihnen und deute damit an, dass wir in zwei verschiedenen Räumen waren.
An Avans Nicken sehe ich, dass er versteht, was ich meine.
Ihr wart nicht von Anfang an zusammen?
Ich schüttle wieder den Kopf. Die Wand hat sich geteilt. Ich zeige auf den freien Raum, an der Stelle an der ursprünglich eine gemauerte Wand gewesen war.
Ich sehe, dass er nickt, um zu zeigen, dass er verstanden hat. Wie seid ihr hier gelandet?
Ich zucke bedauernd mit den Schultern, um ihm zu signalisieren, dass wir eigentlich nichts mehr wissen.
Er hebt eine Braue. Gedächtnisverlust?
Wieder nicke ich.
Wir auch.
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Station 10 #Wattys2016
Misterio / Suspenso(Titel vorher: Lose - Verliere nie das Wesentliche aus den Augen!) Cassandra erwacht in einer seltsamen Anlage, ohne zu wissen, wer sie ist und woher sie kommt. Aber sie ist nicht alleine: Cale ist mir ihr in einem Raum. Erst nach und nach kehren ei...