Kapitel 15

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"Also steckt er wieder mitten drin?" fragte Erik nun besorgt und ich nickte. Mitten drin im Drogenrausch. Wer weiß, was er alles nahm, aber 'einen drauf machen' kannte ich nur zu gut.
"Weiß Marco eigentlich von der Sache damals?" fragte nun Mats.
"Nein, noch nicht, aber ich werde es ihm erzählen. Er wird sicher fragen, wie es heute mit Pip war und ich will ihn nicht anlügen."
"Gut, denn er kommt gleich vorbei."
"Was?" Sofort gefrohr mir das Blut in den Adern. Nein, jetzt? Ich hatte noch keine Ahnung, wie ich ihm das beibringen sollte. Ach du scheiße.

"Hey, Babe." begrüßte mich Marco und küsste mich auf die Schläfe. Ich versuchte leicht zu lächeln, was mir jedoch nicht so gut gelang.
"Ist alles in Ordnung?" fragte er sofort und schaute mich besorgt an. Ich antwortete eine Weile nicht.
"Mila?"
Das klingeln meines Handys riss mich aus meinen Gedanken und als wäre es nicht schon schwer genug, nein, rief das Problem gerade auch noch an. Ich drückte ihn weg und schob Marco kurz darauf vorbei an Mats und Erik in mein Zimmer.
Immer wieder drückte ich Pip weg, der am laufenden Band anrief.
"Willst du nicht ran gehen? Scheint wichtig zu sein."
"Nein, ist schon okay."
Marco nahm meine Hand und zog mich neben sich aufs Bett.
"Babe, bitte rede mit mir." Babe. Bisher hatte er mich noch nie so genannt. Babe.
"Es ist.. also.. wegen Pip."
"Wegen Pip? Wart ihr nicht vorhin Kaffee trinken?" Ich nickte nur. Irgendwie konnte ich es nicht aussprechen. Es war, als würde ich ein Deja Vu haben und die ganze Scheiße von damals nochmal durchleben.
"Komm schon, du kannst mit mir über alles reden." Ich drehte meinen Kopf zu ihm, sodass ich in seine wunderschönen Augen blickte. Okay, ich musste es erzählen.
"Versprich mir, dass du nicht ausflippst, okay?" flüsterte ich, worauf hin sich seine Miene in eine Art Neugier, aber auch Wut umänderte. Klar, er konnte gerade an alles denken, doch er nickte schließlich.
"Also. Pip und ich sind schon sehr lange befreundet und gingen auf die gleiche Schule. Er war jedoch in meiner Parallelklasse, weswegen er auch andere Freunde hatte, die ich später auch kennen lernte. Ich hätte nie gedacht, dass wir mal so abrutschen.
Tobi, der "Kopf" der Gruppe, war ein kleiner Junkie. Damals waren wir 16. Wir alle verfielen den Drogen irgendwann. Zuerst war er nur Gras, aber irgendwann härtere Sachen. Ich will garnicht an die Zeit zurück denken." Ich schwieg eine Weile und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Den Blick hatte Marco schon längst auf meinen Teppich gerichtet.

"Yo, Mila, lass mir 'nen Zug! Immerhin hab ichs gezahlt!" rief Tobi mir vom Sofa aus zu. Ich saß am Fenster und starrte hinaus, während ich meinen letzten Joint rauchte. Den allerletzten für immer.
Pip war bereits weg und keinen kümmerte es hier, außer mich. Niemanden hatte es gekümmert, dass er im Krankenhaus lag und niemanden kümmerte es, dass er einen Entzug in Berlin machte. Genau so würde es auch keinen kümmern, wenn ich weg bin. Eigentlich kann ich es kaum erwarten. Ich will endlich raus hier. Niemals wollte ich hier rein.
Der erste Joint damals im Park vor über einem Jahr war der Grundstein. Dieses Gefühl einfach frei zu sein, es war genial in diesem Moment. Aber eben nur für den Moment. Kleine Probleme konnten vergessen werden und noch größere entstanden. Größere Probleme, härtere Drogen.
Ich reichte Tobi den Joint, an dem noch mindestens drei Züge dran waren, schnappte mir meine Tasche und ging wortlos aus dem alten Gebäude. Kein zurück. Keine Drogen. Kein Tobi. Aber leider auch kein Pip mehr.

"Pip zog nicht einfach so nach Berlin.. er machte einen Entzug, genau wie ich. Seine Eltern wollten jedoch nicht, dass er den hier macht, mit mir. Ich war kein guter Umgang haben sie gemeint.
Zusammen haben wir es nach ein paar Monaten aus der Scheiße raus geschafft und seit dem nie wieder etwas damit Zutun gehabt. Ich bin definitiv nicht stolz darauf. Bis auf Erik, Mats, Cathy und jetzt dich weiß es auch niemand."
Keiner sagte etwas. Ich schluchzte immer noch vor mich hin und wusste nicht, was ich machen sollte.
Mein größtes Geheimnis, was ich fast nie jemandem erzählte, war nun raus.
Ich hatte keine Ahnung, wie er reagieren könnte. Ich wüsste selbst nicht, wie ich reagieren würde, aber ich hatte unglaubliche Angst ihn zu verlieren.

Things Change - Marco Reus FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt