Als ich wieder zu Hause war, nahm ich mir sofort meine Geige und spielte. Zu viele Emotionen waren in mir drin, zu viel musste ich rauslassen, sonst so dachte ich, würde ich wahrscheinlich noch explodieren. Ich spielte, als gäbe es kein morgen mehr, Tränen flossen, die ich jedoch ignorierte. Einfach weiter spielen, die Trauer, die Einsamkeit, alles rauslassen. Der Rest der Welt schien nicht zu existieren, da waren nur ich und meine Violine inmitten des Chaos' meines Zimmers. Dann tat ich etwas, was ich zuvor noch nie getan hatte: Ich dachte an Sebastian und spielte weiter. Doch ich spielte keine Lieder, die ich nach Gehör gespielt hatte oder im Unterricht gelernt. Ich spielte, was mir in den Sinn kam, spielte eine eigene Melodie, die zuvor noch nie jemand gehört hatte. Eine Melodie, die ich spontan umsetzte, die allein meinem Kopf entsprang, die so klang, wie ich wollte. Ich spielte mein eigenes Lied. In meinem ganzen Leben hatte ich noch nie komponiert, mich nie getraut und wenn doch, wusste ich nie, wie. Doch heute tat ich es. Vielleicht waren es die ganzen Gefühle in mir, die ich noch nie gespürt hatte. Ehrlich gesagt war es mir egal, warum ich es geschafft hatte, ich war einfach nur stolz, es geschafft zu haben.
Das Lied bekam vorerst keinen Namen, kein passender fiel mir ein. Es kamen Einfälle wie Rise oder Fall, doch mir waren sie zu kitschig und zu übertrieben.Montag war ich einigermaßen glücklich trotz des Wochenendes, doch mir war immer noch kein passender Name für das Lied eingefallen.
Als ich Rachel auf dem Schulhof traf zog ich sie sofort zur Seite und erzählte ihr in allen Einzelheiten die ganze Geschichte seit Sebastian und ich uns im Supermarkt getroffen hatten. Als ich fertig mit allem war schluckte Rachel erstmal und nahm mich schließlich in den Arm. "Du machst Sachen, Bethy", sagte sie und ließ mich los. Mir entwich ein gequältes Lachen. In diesem Moment gesellte sich Hazel mit Jo und Jason im Schlepptau zu uns. "Ich hab dich gehört", sagte Hazel und sah mich ernst an. Plötzlich hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich Sebastian gegenüber von Hazel und Jo mit keinem Wort erwähnt hatte aber Rachel und Jason alles wussten. "Es tut mir leid... ich..", setzte ich an um mich zu entschuldigen, doch dann fing sie an zu Lachen. "Komm schon passiert. Du weißt ja auch nicht alles von mir. Also, wo ist der Idiot, ich mach Hackbraten aus ihm, wenn er dich irgendwie verletzt." Sie warf ihre Arme um meinen Hals und knuddelte mich. "Beth ist verliebt!", sagte sie laut und zog das 'liebt' in die Länge. Ich grinste und schloss kurz die Augen, weil ich glücklich war, meine Freunde zu haben.Im Physikunterricht kamen wir mit unserer Lehrerin auf das Thema Flugzeug zu sprechen. Ich weiß nicht, wie das passieren konnte, doch nun erzählte Liz darüber, wie es sich anfühlte zu fliegen. Fliegen. Das Wort schoss plötzlich durch meinen Kopf und ich dachte darüber nach. Eine Wortgruppe bildete sich in meiner Vorstellung, die mich an Ihn denken ließ. Und dann hatte ich den Namen. Flieg mit mir. Mein selbstgeschriebenes Lied hieß Flieg mit mir. Schnell kritzelte ich mir den Titel auf meinen Handrücken, obwohl ich mir sicher war, dass ich ihn nicht vergessen würde. Rachel, welche neben mir saß, sah mich merkwürdig an, doch ich grinste nur.
Als wir beim Mittagessen in der Cantine saßen und aßen, fiel mir auf, dass Hazel, die neben mir saß, nicht besonders fröhlich wirkte. Das war untertrieben, in ihren Tränen standen Augen und sie stocherte lustlos in ihrem Essen umher. "Hazel?", fragte ich leise, damit niemand außer ihr mich hörte. Sie setzte ein gezwungenes Lächeln auf und steckte sich einen der Pommes in den Mund. Im Hintergrund hörte ich, wie Rachel mit Jo über einen Film redete, keiner schien Hazel zu bemerken.
"Hazel, rede mit mir." Ihr dunkelbrauner Blick wanderte in die Ferne. "Alles gut." Ich schüttelte den Kopf und erwiederte: "Sieht nicht danach aus." Sie sah mich nur noch einmal erschöpft an ehe sie weiteraß und mich vollkommen ignorierte. Hazel... Noch nie hatte ich sie so erlebt. Sonst war sie niemals in so einer Stimmung. Nie hatte ich sie schlecht gelaunt gesehen, seit wir uns vor drei Jahren kennenlernten. Hatte ich mich in ihr getäuscht? War sie vielleicht doch nicht immer so fröhlich wie sie vorgab? Besorgt sah ich erneut in Richtung Hazel, doch musste feststellen, dass sie mit Jason, der neben ihr saß lachte und gar nicht so wirkte wie gerade eben. Ach Hazel.
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Flieg mit mir (Sebastian Stan FF)
Fanfic"Habt ihr euch schonmal ernsthaft verliebt? So richtig krass, dass es wehtat? Wart ihr glücklich? Oder traurig? Ja? Nein? Ich nicht. Ich denke nicht, dass es die "große Liebe" gibt." Dachte sie.