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Als Lydia durch das Portal trat, folgte ihr auch der Mann und ließ sie nicht aus den Augen. Ein kleines Lächeln umspielte seine rauen Lippen, als er sie so sah. So hilflos. So allein. Keiner konnte ihr helfen. Keiner kann ihr helfen. Ihr Schicksal liegt in seinen Händen und er kann tun und lassen was er will. 

Denn nun sind sie in seiner Welt angekommen. Wurden hin teleportiert durch das Portal. Beim landen wurde Lydia bewusstlos. Sie hat sich ja auch sehr angestrengt die arme, denkt er sich kichernd. Oh wie sehr er doch seine Welt vermisst hat. Das ganze Sonnenlicht war schlecht für seine Haut und er fühlte sich so machtlos. Doch jetzt, da der Himmel wie immer von Wolken bedeckt ist am Tag, und leichter schwarzer Regen wie immer von Himmel fällt, doch nie den Boden berührt, fühlt er sich wieder stark. 

Er geht hinüber zu dem bewusstlosen Mädchen und hebt sie auf. Ihre Arme sind grotesk entstellt und ihre Hände komplett unbrauchbar. Die werde ich ihr später wegnehmen müssen. Vielleicht die Arme auch. Und was soll ich mit den Beinen machen? Sie bekommt einen Gips von mir. Aber ob sie jemals wieder laufen kann? ,fragt er sich. 

Beide befinden sich gerade in einem Wald. Einem Wald mit abgestorbenen Bäumen und sümpfen hier und dort. Vielleicht sieht man sogar noch einen lebenden Baum irgendwo zwischen all den toten, doch die tragen immer nur braune oder schwarze Blätter. Das Gras ist zu einem vertrockneten braun über die Jahre geworden und die Flüsse scheinen alle nicht klar und bergen nicht die Fische, die sonst ein jeder kennt. Sie sind eher gräulich und bergen Schattenwesen, die in dieser Welt ihr zu Hause gefunden haben. Vögel zwitschern nirgends und Rehe oder sonst irgend ein Getier sieht man hier auch nicht. Nur Schattenwesen. Die verschiedensten Arten. Und alle sind tödlich. Darauf abgestimmt Menschen anzugreifen und zu töten. 

Der Mann muss also aufpassen und er wird schnell etwas dran ändern müssen, damit sie nicht als Mensch in dieser Welt entlarvt wird. Um Geschenke muss man sich eben kümmern. Ihre Seele gehört schließlich jetzt ihm. Hat der alte Narr doch tatsächlich geglaubt dass er sich mit dem Verkauf ihrer Seele freikaufen kann. Lächerlich. Keiner kann sich freikaufen von ihm. Und keiner kann ihm entkommen. Aber über das Geschenk freut er sich trotzdem. Ein lebender Mensch. Es könnte interessant werden. Schließlich wird immer erzählt, dass die meisten doch eine gewisse Kämpfernatur haben und dem freien Willen unterliegen.

Als sie aus dem düsteren Wald heraus kommen breitet sich vor ihnen eine kleine Stadt aus. Tagsüber trifft man fast keinen Einwohner an. Nachts erst kommen alle aus ihren Häusern und verstecken, denn Nachts ist es doch immer am sichersten und die Sicht am besten. Außerdem machen erst dann alle Läden auf. 

Er hofft also innständig, dass sie keinen auf dem Weg zu seinem zu Hause antreffen werden. Es würde einige Fragen aufwerfen. Doch wie erwartet sind die Straßen Wesenleer. Niemand ist draußen und somit kommen sie unbeschadet an seinem zu Hause an. Einer Burg an der Spitze der Stadt. Seine Eltern waren immer reich und deswegen war es auch nicht wunderlich, als sie sich diese Burg kauften und schließlich ihrem einzigen Sohn schenkten. 

Sie ist groß. Größer als jedes andere Gebäude der Stadt. Schwere Steine bilden die Mauern und eine große schwere Tür dient als Eingang. Nichts hat sich also verändert seit seiner Abwesenheit. Die Tür öffnet sich von selbst, als er darauf zu geht und er tritt ein, in sein dunkles zu Hause. Nur ein paar Fenster hier und da spenden unnützes Licht das er eigentlich nicht braucht. 

Er trifft auf seine Bediensteten, die ihn höflich mit einer Verbeugung begrüßen und den Menschen in seinen Armen argwöhnisch anstarren.

Er sagt: "Ihr werdet ihr nichts tun. Sie gehört jetzt zu uns und ihr werdet auf sie aufpassen. Ihr werdet sie nirgends hingehen lassen und die Burg darf sie nie verlassen. Sorgt dafür, dass sie alles bekommt was sie braucht und dass sie unseren Geruch bald annimmt. Verstanden?"

Die Bediensteten nicken alle stumm, noch immer nicht begeistert von dem Menschenmädchen. Doch sie widersprechen nicht. Also geht er an ihnen vorbei in Richtung seines Zimmers und dort angekommen legt er sie auf sein Bett. Wie zierlich und unschuldig sie doch ausschaut. So ganz anders als wir. 

Er macht sich dran, ihre Wunden zu versorgen. Zuerst amputiert er ihre Hände, die braucht sie sowieso nicht mehr. Danach bandagiert er ihre Arme ein und bringt ihre Beine wieder in die Richtige position. Laufen wird sie nie mehr wahrscheinlich damit aber wenigstens sehen sie nicht mehr so kaputt aus. Neben ihr Bett stellt er einen Rollstuhl hin, den er mal aus der Menschenwelt hat mitgehen lassen und verschwinden aus dem Zimmer. Er hat noch andere Dinge zu erledigen. Die sind wichtiger als sie.




Lydia

Als sie wieder zu sich kommt, liegt sie wie sonst auch immer in völliger Dunkelheit. Nur ein klitzekleines Fenster über ihr bietet ihr etwas Sicht, aber ansonsten wars das. Sie spürt zu ihrer Überraschung keine Schmerzen in ihren Händen und ist überrascht, als sie sie bewegen kann. Ist etwa doch alles oke mit meinen Händen? fragt sie sich. Doch als sie an sich herab schaut, sind ihre Hände alles, aber nicht oke. Denn sie sind gar nicht vorhanden. Vor Schreck setzt sie sich sofort auf, nur um voller Schmerzen wegen ihrer Beine wieder auf das Bett zurück zu sinken. Ihre Arme sind schwach. Sie kann sie sehr schwer heben. 

Augenblicklich steigen ihr Tränen in die Augen. Meine Hände. Sie sind weg. Meine schönen Hände. Ich werde nie wieder zeichnen können. Nie wieder ein Instrument spielen können. Wie soll ich denn jetzt überhaupt irgendetwas alleine machen?

Innerlich verflucht sie den Dämonenmann bis aufs äußerste. Verwünscht ihn und hofft innständig, dass er umgekommen ist und sie ihn nie wieder sehen muss. Hass macht sich in ihr breit. Hass, Angst, Wut und Trauer. Denn sie hat ihre Familie verloren. Sie hat alles verloren. Und sie weiß nicht einmal, wo sie jetzt ist. 

Da bemerkt sie neben sich einen kleinen Rollstuhl stehen. In dem schlechten Licht ist er ihr gar nicht aufgefallen. Vorsichtig setzt sie sich auf und schiebt sich auf ihn zu. Dabei passt sie auf, dass sie sich nicht an ihren noch wunden Armen abstützt.

Langsam lässt sie sich auf ihn sinken und stellt ganz langsam und unter einem kleinen pochenden Schmerz ihre Beine auf ihn ab. 

Das ist es als. Das ist ihr neues Leben. Mit dem muss sie sich also jetzt abfinden. Sie wird nie wieder gehen können und Hände hat sie auch keine mehr. Sie befindet sich in einer ihr unbekannten Welt und die einzige Person die sie kennt, ist irgend ein Dämon der ihre Eltern umgebracht hat. Sie ist allein. Mutterseelen allein. 

Schwarze RosenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt