3

852 90 6
                                    

Es ist lustig wie schnell sich doch das Leben zum schlechten wenden kann. Vor kurzem war sie noch eine beliebte Schülerin mit vielen Freunden und einer Familie die sie liebte, hatte tolle Noten und war glücklich. Und im nächsten Moment dringt irgendein Fremdkörper in das Sinnliche Leben ein und zerstört alles und jeden. Durch ihn wurde sie allein gelassen, wurde einsam und musste selbst um ihr Überleben kämpfen. 

Doch so alleine wie jetzt fühlte sie sich noch nie. So alleine, in einem komplett dunklen Raum. Angekettet wie ein Tier hängt sie über dem Boden. Ihre Füße berühren gerade noch den Grund. Ihre Hände fühlen sich taub an und alles um sie herum dreht sich, als sie langsam zu Sinnen kommt. 

Zu verwirrt, um sofort panisch zu werden, versucht sie sich von den Ketten loszumachen. Vergeblich. Es trägt nur zu Folge, dass ihre Arme anfangen noch mehr zu schmerzen. Sie weiß nicht wo sie ist und sie weiß nicht, gerade vor sich geht. Ihr Kopf schmerzt und ihre Kehle ist trocken. Verzweifelt versucht sie einen Laut heraus zu bringen, doch alles was ihr gelingt ist ein erbärmliches Krächzen. 

Da fällt ihr plötzlich alles wieder ein. Der Mann, ihr Vater, die Verfolgungsjagd. Für eine Sekunde hofft sie, dass sie träumt und es rechtzeitig hell geworden ist, doch als sie den Laut einer Tür vernimmt, erlischt ihre kleine Flamme der Hoffnung und wird zu Asche. 

Schritte nähern sich. Schwere Schritte und sie weiß genau, von wem diese Stammen. Sie erinnert sich an das schöne Gesicht des Mannes und an seine grauenvollen Zähne und seine tiefschwarzen, emotionslosen Augen. Was ist er? Wer ist er? Wird er mich töten?

Er läuft im Raum herum, scheint etwas zu suchen, doch sie kann es nicht genau sagen, da sie sich in kompletter Dunkelheit befindet. Angst macht sich in ihr breit, als sie sich die schrecklichsten Dinge ausmalt. Als sie dann auch noch das Geräusch von klirrendem Metall vernimmt, jagt es ihr einen eiskalten Schauer über den Rücken. 

Bestimmt weiß er, dass ich schon wach bin. Vielleicht kann er ja alles im Dunkeln sehen. Die Frage ist, wie komme ich hier heraus? Ich kann nicht hier bleiben. Ich muss weg! Denkt sie sich und ist überrascht, wie sie ihre eigene Ruhe behalten kann und nicht völlig ausrastet. Wahrscheinlich ist sie schon viel zu müde um noch irgendetwas zu tun.

Da hört das klirren auf und Schritte nähern sich ihr. Sie wimmert leise, versucht weg zu kommen, doch die Fesseln halten sie dort fest wo sie ist. Sie spürt eine warme flüssigkeit ihren Arm hinab fließen. Blut? 

"Ihr Menschen seid seltsame Wesen. Ihr denkt ihr steht über allem und jedem. Ihr denkt ihr seid sie ausführende Gewalt und seid ach so Mächtig. Glaubst du, Lydia, allen ernstes, dass du mir so einfach davon kommst? Du wurdest mir versprochen. Du gehörst mir. Und ich kann tun und lassen was ich will, denn deine Seele ist in meinen Händen", flüstert er bedrohlich.

Sie schluckt. Versucht, sich einen Reim daraus zu machen was dieses Ding ihr gerade gesagt hat, doch nichts ergibt für sie irgendeinen Sinn. Sie krächzt, ganz leise, so leise dass sie schon glaubt unhörbar zu sein: "Was... was... wovon reden sie? Meine Seele? Was?"

Daraufhin lacht der allerdings nur und antwortet seelenruhig: "Dein Vater, meine Liebe, musste seine Schulden bei mir begleichen. Dich habe ich mich schon geholt und deinen lieben alten Herren auch. Doch ich brauche euch alle, damit die Schuld deines Vaters beglichen wird. Sag mir, wo ist deine Mutter? Antworte mir ehrlich und ich werde dir in nächster Zeit nichts tun."

Sie schluckt und versucht, ihn in der Dunkelheit zu erkennen. Nichts ergibt einen Sinn. Was soll ihr Vater getan haben? Was hat sie damit zu tun? Was für eine Schuld?

Also antwortet sie nun, mit etwas festerer Stimme: "Ich... ich verstehe nicht."

"Falsche Antwort."

Augenblicklich verspürt sie einen brennenden Schmerz in ihrer Magengegend. So stark, dass sie beinahe das Bewusstsein verliert. Tränen schießen ihr in die Augen und sie versucht, ihn mit ihren Beinen weg zu stoßen. Vergeblich. Der Schmerz lässt nach, doch nun hat er ihre Beine gepackt. Sie hängt nun nur mehr an ihren Armen von der Decke. Sie schmerzen und frisches Blut tropft ihr auf den Kopf. Ihr Atem geht nur stoßweise. Sie kann das nicht. Wie kann man nur so grausam sein? Warum ausgerechnet ich? Denkt sie. 

"Tztztztztz. Das hättest du nicht tun sollen darling. Das war sehr dumm von dir. Ich werde sicher stellen, dass deine Beine keine Belastung mehr für mich sein werden."

Kurz nachdem er das gesagt hat, durchfährt sie ein weiterer Schmerz. Dieser ist anders. Schlimmer. Und kombiniert mit den knackenden Geräuschen ihrer Knochen ist er unerträglich. Sie fängt an zu schreien. Sie schreit sich die Seele aus dem Leib. Fleht ihn an, aufzuhören, doch er hört nicht auf. Jeder Knochen in ihren Beinen wird öfter gebrochen. Jeder Knochen in ihren Füßen. Ihre Knie zertrümmert er. 

Als er mit ihr fertig ist, lässt er ihre Beine fallen und sie baumelt weiterhin von der Decke. Verschwitzt, blutend und panisch. Sie kann ihre Beine nicht mehr bewegen. Ihre Füße spürt sie nicht mehr und jede Bewegung die sie macht sendet eine Schmerzenswelle durch ihren gesamten Müden und ausgelaugten Körper. Ihr Schluchzen vermischt sich mit dem leisen Kichern des Mannes vor ihr. Ihre Tränen laufen in Strömen ihre Wangen hinab und vermischen sich mit dem Blut, das von ihren Händen auf ihr Gesicht getropft ist. 

Der Mann hört auf zu lachen und fragt noch einmal: "Wo ist deine Mutter?"

Voller Angst, noch einmal so etwas erleiden zu müssen antwortet sie ehrlich: "I-ich weiß es nicht. Sie sollte zu Hause sein. Sie sollte dort sein."

"Sie ist nicht dort."

"Was? Natürlich ist sie dort. Sie ist immer da. Sie war immer da", antwortet sie leise.

"Deine Mutter war schon lange nicht mehr zu Hause."

Was? Wie kann das sein? Meine Mutter war immer da. Sie hat sich nur nicht um mich gekümmert und lange gearbeitet. Aber sie war da. Sie muss da gewesen sein!

"Was? Wie? Wie kann das sein?", frage ich schockiert und stöhne auf, als ich versuche meine Beine zu bewegen.

"Sie weiß was los ist. Wer ich bin. Was ich will. Sie ist weg. Also frage ich noch einmal. Wo ist deine Mutter?"

Sie schluckt, versucht einen klaren Gedanken zu fassen. Ja wo ist ihre Mutter? Wo könnte sie sein? Also antwortet sie ängstlich: "Sie könnte bei der Arbeit sein. Aber ich bin mir nicht sicher. Sie arbeitet im Krankenhaus als Krankenschwester. Dort müsste sie sein. Ich weiß es nicht." Erschöpft lässt sie ihren Kopf fallen, der ihr jetzt so schwer vorkommt. Ihre Schultern tun weh und in ihren Fingern hat sie kein Gefühl mehr. Da hört sie Schritte auf sich zu kommen und sie spannt augenblicklich ihre Muskeln an, versucht weg zu kommen und wird mit einem grellen Schmerz erinnert, dass sie ihre Beine nicht benutzen kann. Sie spürt einen Atem an ihrem Ohr, wodurch sich sofort die Haare an ihrem Rücken aufstellen. Ihre Augen sind geweitet, während sie stock starr von der Decke hängt. 

"Ich hoffe für dich, dass sie wirklich dort ist. Falls du recht haben solltest, mache ich dich von deinen Ketten an der Decke los. Falls sich aber heraus stellt dass du gelogen hat dann...", flüstert er in ihr Ohr.

Er lässt die Drohung offen im Raum stehen und als er sich nicht weg bewegt von ihr, sondern noch näher kommt und anfängt seinen kalten Körper an sie zu pressen, versucht sie sich automatisch zu verteidigen. Sie beißt zu und verfehlt nur knapp sein Ohr. Sie fängt an zu schreien und hofft innständig, dass sie jemand hört. Dass ihr jemand helfen wird. Doch alles was sie sich fängt ist eine Schallende Ohrfeige auf allen Seiten. 

"Dumme Idee. Vielleicht sollte ich dir ein wenig Zeit für dich geben."

Was meint er damit? Wie aufs Stichwort klebt er ihr ihren Mund mit Klebeband zu. Verbindet ihre Augen (obwohl sie ohnehin nichts sieht) und streicht ihr eine seltsame Flüssigkeit unter die Nase. Sie kann nichts riechen. Kann nicht reden. Kann nichts sehen. Er raubt ihr ihre Sinne. Sie kann auch nichts fühlen. Sie kann gar nichts machen.

"Vielleicht hilft dir das hier beim Nachdenken und nächstes mal machst du so etwas nicht mehr."

Zum Schluss streift er ihr noch etwas über die Ohren und sie wird zurück gelassen in kompletter Finsternis und Stille.


Lasst ein Like oder ein Kommentar da wenn ihr wollt und euch die Geschichte soweit gefällt! :)

Schwarze RosenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt