3. Kapitel

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Links das Live Musikvideo zu Hit That von The Offspring. Rechts das Bild zur Bar.

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Sophia hatte sich auch nach zwei Stunden noch nicht beruhigt. Sie setzte sich ab und zu auf die Sitzecke und stand bald darauf wieder auf. Ich verstand nicht wirklich, warum sie jetzt schon einen neuen Freund wollte. Der eine hatte schließlich erst die Beziehung beendet und sie damit tief verletzt. Also, wenn ich sie wäre, hätte ich mich für viele Stunden in meine Wohnung verkrochen. Mit ganz viel Schokoladeneis natürlich. Aber ich bin nun einmal nicht Sophia. Ich gestehe, dass ich auch ganz zufrieden damit bin.

Meine Babyflasche war mittlerweile leer und ich stand auf, um sie hinter der Theke abzuwaschen. Ich überlegte kurz, ob ich ein neues Lied anmachen sollte, und zwar Beethovens fünfte Symphonie, nur um Marrex zu ärgern. Allerdings sollte ich ihn nicht unnötig provozieren, denn er sah vorhin ziemlich gestresst aus, als er einen Anruf bekommen hatte und mit vielen Vodkaflaschen und Gläsern verschwunden war. Ebenfalls saßen schon jetzt, um die Mittagszeit, ziemlich viele Leute in der Bar, was den seelischen Zustand von Marrex nur verschlechterte. Somit bot ich mich, an meinem freien Tag, an, mich um den Laden zu kümmern, während er irgendetwas im Versammlungsraum erledigte.

Du bist halt einfach zu nett, verkündete die Stimme.

Ich rollte mit meinen Augen. Sie ging mir langsam bedächtig auf mein Gemüt.

Ach, was soll's, ändern wir das Lied, dachte ich mir. Ich schritt zur Stereoanlage und machte ein neues Lied von The Offspring an. Ich hörte zwar die Band nicht besonders gern, aber sie war eindeutig die beste in Marrex' Reservoir.

So beschaltete ich nun die Kunden mit „Hit that" und stellte fest, dass dieses Lied gerade total passte.

Sag mal, kann es sein, dass diese Typen, die Sophia sucht, vielleicht in diesem Versammlungsraum sind, fragte mich die verrückte Stimme in meinem Kopf.

Das hatte ich natürlich auch schon vermutet, allerdings wollte ich meinen Chef und die beiden Biker nicht die Bedrängnis durch Sophia zumuten und mir dadurch die Ermordung mit Blicken.

Ich hantierte gerade mit Schnapsgläser und Jim Bean herum, als Sophia sich vor mir auf den Barhocker setzte. Sie hatte ihren Kopf auf ihre Armen gestützt und die Konstruktion auf der Tresenplatte abgelegt. Ich legte den Kopf leicht schief, weil diese Körperstellung einfach sehr untypisch für sie war.

„Willst du etwas Bestimmtes haben?", fragte ich sie.

Sie lugte mit ihren Augen über die Arme und nuschelte mir zu:

„Einen Dreckskerl, bitte."

Der Mann neben ihr starrte sie geschockt an, während ich mir ein lautes Auflachen unterdrücken musste.

Schau dir dieses Blick an! Der Typ sieht ja noch dämlicher aus, als du frühmorgens im Spiegel, lachte Es in meinem Kopf.

Wenn ich bitten darf, sehen wir frühmorgens so im Spiegel aus. Denn ich bin du... äh, denn du bist ich.

Jetzt musste ich mich auch noch versprechen, als ich Es schallte.

Warum nennst du mich auf einmal eigentlich ES, donnerte die Stimme in meinem Kopf.

Diese Frage bedarf keiner Antwort, dachte ich mir.

Ich reichte Sophia ihren Dreckskerl. Im Prinzip hätte sie einfach sagen können, dass sie eine Cola – Bier – Mischung haben wollte. Aber das wäre viel zu einfach für sie gewesen und außerdem mochte sie es, wenn alle Blicke auf sie gerichtet waren.

Der Mann widmete sich seinem Freund zu. Ich glaubte dieses Mal versuchte er Sophia komplett zu ignorieren. Eigentlich hätte ich ihm gleich sagen könnte, dass diese Strategie nicht funktionieren würde.

Sophia nahm einen großen Schluck von ihrem Getränk. Sie seufzte genüsslich auf, stellte das Getränk zurück auf den Untersetzer und legte ihren Kopf wieder auf den Armen ab.

Plötzlich traten Marrex und die zwei Männer aus dem Park aus dem Versammlungsraum hinaus. Als wäre in ihrem Kopf ein spezielles Präsenzerkennungssystem vorhanden, hob Sophia den Kopf und starrte das Objekt ihrer Begierde an. Dieser winkte ihr schüchtern zu, was eindeutig ein sehr großer Gegensatz zu seinem Aussehen war.

She's saying I'm on the run. I'm chasing guys for fun, sang die Stimme in meinem Kopf den Liedtext von „Hit that" mit. Wie passend im Angesicht dessen, dass Sophia abermals sabberte. Sie wollte aufstehen und zu ihm gehen, da hielt ich sie schon am Kragen fest. Sie plumpste sofort auf ihren Stuhl zurück. Mit sehr viel Selbstverständlichkeit warf sie mir einen vernichtenden Blick zu. Ich schob ihr einfach nur das Mischbier näher unter die Nase.

„Trink und bleib sitzen, sonst wirst du es bereuen", provozierte ich sie.

Sie brabbelte irgendetwas in ihren nicht vorhandenen Bart und starrte auf das Bier hinunter.

Marrex und der Mann mit dem grimmigen Gesichtsausdruck schüttelten einander die Hand. Dann kam Marrex zu mir hinüber.

„Würdest du den beiden noch kurz einen Drink zubereiten. Danach hast du wieder frei."

Er lächelte mich aufmunternd an. Ich starrte schockiert zu ihm hinauf. Marrex wusste doch, dass ich mit keinem Mann außer ihm und meinem Onkel sprach, deshalb bediente ich doch auch nur die Frauen in der Bar. Die anderen Männer, die an der Theke saßen, waren eine Ausnahme. Die waren schließlich Stammkunden. Ich hatte Marrex oft genug zugeschaut, um zu wissen, was sie tranken.

Marrex machte eine scheuchende Handbewegung und Sophia griff über die Theke, um mich in die Richtung der Männer zu schicken.

Hast du nicht wunderbare Freunde?

Die Stimme triefte nur so vor Sarkasmus.

Ich stellte mich vor die Männer und bemühte mich einen Satz herauszupressen.

„W-was...w-wo-wollt..."

Weiter kam ich nicht. Ich hatte das Gefühl gleich in Ohnmacht zu fallen.

Zu meinem Glück hatte der große Blonde Mitleid mit mir.

„Wir hätten gern zwei Vodka."

Ich nickte schnell und holte zwei kleine Gläser und den Vodka. Die Gläser stellte ich vor ihnen hin. Das bekam ich gerade noch hin ohne dass meine Hände zitterten. Mit dem Einschenken war das irgendwie schwieriger. Meine eine Hand zitterte wie der Schwanz einer Klapperschlange. Gott sei Dank waren die Gläser klein, so dass ich nicht allzu lange warten musste, bis die Gläser voll waren.

Hastig stellte ich die Vodkaflasche weg und nahm meine Tasche und Sophia.

„Tsch-tschüss", quetschte ich noch hervor. Dann rannte ich mit Sophiahinter mir hinaus.

Green Ice - Scharfe KrallenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt