2.

141 10 0
                                    

Auf meinem Zimmer war für den Abend schon alles vorbereitet. Man hatte mir ein Ballkleid zurechtgelegt, sowie dazugehörige Schue und Accessoires. Mit hochgezogener Augenbraue begutachtete ich den feinen Stoff vor mir und fragte mich zugleich, wer mich in einem roten Gewand sehen wollte. Rot war eine der letzten Farben, die ich selbst auswählen würde. Da es mir an sich jedoch egal war und ich diesen Abend, wie jeden anderen dieser Art einfach nur hinter mich bringen wollte, öffnete ich den seitlich gelegenen Reißverschluss meines dunkelblauen Abendkleides und ließ es zu Boden gleiten. Jetzt noch die Schuhe ausziehen und den Schmuck ablegen.

Im nächsten Moment kündigte ein zaghaftes Klopfen an der Tür das Eintreffen einer Bediensteten an, die mir beim Anziehen der neuen Sachen helfen sollte. Mit einem Seufzer und dem Rücken der Tür zugewandt, rief ich ein einfach: "Herein."

"Na, Sophilia, was hat der König sich heute für dich einfallen lassen?", vernahm ich eine mir all zu bekannte Stimme hinter mir und drehte mich freudestrahlend um. "Kerensa, was machst du denn hier?" Sie war meine Hauptzofe und gleichzeitig eine meiner besten Freundinnen. Natürlich konnten wir nur unter uns so miteinander reden, denn würden dies Außenstehende oder sogar mein Vater mitbekommen, so hätte es sicherlich üble Folgen für sie.

"Ich kann es mir doch nicht nehmen lassen, an dem Abend, wo der König irgendetwas wichtiges mit dir besprechen will , dein Kleid zu inspizieren!", lachte sie und kam auf mich zu. Ob es mir unangenehm war, dass ich nur in Unterwäsche vor ihr stand? Keines Falls. Ich glaube das war eines der ersten Dinge, die man hier ablegte...denn wenn man schon immer mit fremder Hilfe eingekleidet wurde, war irgendwann auch das normal.

Da bemerkte ich, was sie gerade gesagt hatte und fragte mit zusammengezogenen Augenbrauen: "Woher weißt du das jetzt schon wieder und was möchte er mit mir besprechen?" Statt einer Antwort begann sie glockenklar zu lachen, schüttelte den Kopf und hob vorsichtig das rote Ungetüm vom Bett. Als ich jedoch keine Anstalt machte es mir überstreifen zu lassen, lachte sie erneut und antwortete schließlich: "Das Personal weiß so einiges, meine Liebe, das solltest du doch langsam wissen! Aber was genau er mit dir bereden will, kann ich dir leider nicht sagen. So viel bekommen wir dann doch nicht mit. Aber du wirst es mir danach doch erzählen, oder?" Ihre Augen glänzten vor Neugier und würde man die Umstände um uns herum für einen Moment ignorieren, könnte man meinen wir wären zwei einfache Mädchen und Freundinnen. Nur schade, dass man das nicht konnte und wir diese enge Freundschaft somit schon seit Jahren verstecken mussten.

Während ich so das Kleid anzog und Kerensa damit begann mein Makeup und die Frisur anzupassen, schweiften meine Gedanken erneut ab, zu dem Zeitpunkt, als wir uns kennenlernten...

Ich war gerade 16 Jahre alt und dachte die Welt drehte sich nur um mich. Wie sollte es auch anders sein. Das Volk liebte mich, die Presse riss sich förmlich um Bilder von mir und von meinen Eltern bekam ich alles, was ich wollte. Heute Abend sollte ich offiziell in die Gesellschaft eingeführt werden und zum ersten mal an einem der Bälle teilnehmen. Ob ich aufgeregt war? Nein, nicht wirklich.

Ein Mädchen in meinem Alter betrat mein Zimmer und sollte mir beim Ankleiden und zurechtmachen helfen. Ich kannte sie nicht und nahm daher an sie wäre neu. Wie sie hieß war mir egal, warum sollte ich das auch wissen? Sie war eine Bedienstete und dadurch unter meiner Würde. Ich war die Prinzessin. Hochnäsig reckte ich mein Kinn in die Höhe und sah sie abwertend an. Wann begann sie bitte damit mich fertigzumachen? Ich wollte hier nicht noch stunden rumstehen und mich von ihr begaffen lassen. Warte mal...sie schaute mich direkt an. Das war neu, denn normalerweise mieden alle Angestellten den direkten Blickkontakt und redeten nur, wenn es ihnen erlaubt wurde. Dass sie auch in diesem Punkt anders zu sein schien, zeigte sich schon im nächsten Moment.

"Kann ich dich nun endlich anziehen, oder möchstest du noch lange so rumstehen und dir Fragen stellen, die ich dir ganz einfach beantworten könnte?", erklang ihre hohe Stimme und ich zuckte zusammen. Ich war es von unserem Personal nicht gewohnt, dass sie von alleine anfingen zu sprechen, außer sie bekleideten einen bestimmten Rang. Sprachlos konnte ich nur nicken. Mit einem eindeutig gekünstelten Lächeln auf den Lippen kam sie auf mich zu und begann mir beim Anziehen zu helfen.

Ich hatte immer noch kein Ton gesagt, als sie erneut die Stile durchbrach: "Mein Name ist übrigens Kerensa. Meine Mutter ist die Zofe der Königin, dadurch musste ich nun auch hier anfangen. Hat wohl irgendetwas mit Familientradition zu tun, oder so."

Eigentlich hätte es mich nerven müssen oder erzürnen, doch nichts der gleichen geschah. Dieses Mädchen sprach mit mir, als wäre ich ein ganz normaler Mensch, während sie meine Haare hochsteckte. Jeden anderen hätte ich schon längst aus dem Zimmer verwiesen und dafür gesorgt, dass derjenige nie wieder das Schloss betrat. Aber Kerensa hatte mich mit ihrer natürlichen und lockeren Art in ihren Bann gezogen.

"Dir ist schon bewusst, dass ich die Prinzessin bin und es sich für dich nicht gehört, einfach so mit mir zu sprechen?", ich hatte endlich meine Stimme wiedergefunden und bemerkte, dass sie leicht schnippisch klang. Und zum ersten Mal in meinem Leben störte es mich, jemand anderem gegenüber solch einen Ton angeschlagen zu haben.

Wie als hätten sie meine ungewollt harten Worte wachgerüttelt, versteifte sie sich und zog scharf Luft ein. "Oh...es...es tut mir leid! Ich...also..ich wollte nicht respektlos..." "So meinte ich das auch nicht!", unterbrach ich sie schnell und bemühte mich um einen freundlicheren Ton, "Du bist die erste, die so mit mir redet. Und eigentlich sollte ich dich dafür aus dem Schloss verbannen lassen und deine Mutter gleich mit...aber du gefällst mir. Nicht jeder besitzt den Mut einfach zu sein, wie er ist."

Nach und nach schien sie sich wieder zu entspannen und schließlich erschien auf ihren Lippen erneut ein Lächeln, diesmal ein echtes, welches ich nur erwidern konnte.

"So, ich wäre dann fertig mit dir. Auf auf, sieh dich an und dann ab mit dir zum König! Ich muss endlich wissen, was es so wichtiges zu bereden gibt!" Ich konnte nicht anders und musste lachen. Kerensa war eine Nummer für sich und schob mich aus dem Zimmer in Richtung der Gemächer meines Vaters.

Na dann wollen wir mal...

The King's DaughterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt