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Die folgenden Tage verschwammen nach und nach zu einer undeutlichen Ansammlung von höflichen und aufgesetzten Begegnungen mit dem König, Prinz Willam oder Lord Carollan. Wobei ich stets versuchte einem Aufeinandertreffen mit letzterem aus dem Weg zu gehen. Ich trat zum ersten Mal mit meinen Eltern in Kontakt und berichtete eher oberflächlich von meinem bisherigen Aufenthalt. Natürlich interessierte es meine Mutter brennend, wie der Prinz so war und ob ich bereits jetzt schon guter Dinge bezüglich einer Hochzeit war. Doch ich schaffte es dieses Thema unauffällig fallen zu lassen und auf die wichtigen Konferenzen meines Vaters zu lenken, die in Kürze anstehen sollten. Er erzählte mir, dass auch der Prinz der Southern Uplands zu einer von ihnen geladen wäre und ich fragte mich unweigerlich, warum ich nicht auch anwesend sein sollte. Schließlich würde ich eines Tages ebenfalls die Thronfolge antreten und da schien ein frühzeitiges Eintreten in die Geschäfte nicht gerade von Nachteil.

Im Endeffekt bekam ich von meiner Mutter gut gemeinte Ratschläge auf den Weg und wurde von meinem Vater ermahnt mich anständig zu benehmen und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Nur welches Ziel meinte er? Er konnte beim besten Willen nicht davon ausgehen, dass ich wirklich in Betracht zog, den Prinzen zu heiraten! Schon gar nicht, nachdem Kerensa sich eindeutig zu ihm hingezogen fühlte und dies anscheinend auf Gegenseitigkeit zu beruhen schien.

Es war nun schon fast zwei Wochen her, seit der merkwürdige Brief unter meiner Tür durchgeschoben wurde und ich musste gestehen immer wieder an die geschriebenen Worte denken zu müssen. So auch jetzt, als ich auf dem Weg zum Arbeitszimmer des Königs durch die Gänge schritt. Wer war nur gemeint gewesen und vom wem stammte der Umschlag? Doch auch dieses Mal kam ich zu keiner Lösung des Rätsels und klopfte schließlich höflich an eine große, aus dunklem Holz gefertigte Tür und wartete auf das tiefe "Herein" von König Adon.

"Sophilia, schön dass Ihr hier seid!", freundlich sah er mich an und deutete auf einen der Stühle vor seinem Schreibtisch. Dankbar nickend lief ich auf den Platz zu und setzte mich. Erst jetzt fiel mir auf, dass Prinz Willam und Cayden ebenfalls anwesend waren. Wie hatte ich das beim Eintreten übersehen können? Um nicht unhöflich zu erscheinen, grüßte ich förmlich und wandte mich wieder dem König zu. "Ich danke Euch für die Einladung." Ein knappes Nicken seinerseits war die Antwort und Stille regierte schlagartig den Raum. Kam es mir nur so vor oder herrschte eine bedrückende Spannung in diesen vier Wänden? Doch auch dieser Frage konnte ich nicht auf den Grund gehen, ehe ein erneutes Klopfen erklang und Mister Eitelkeit den Raum betrat. Ich musste mich gar nicht erst umdrehen, um zu wissen, dass er bei seinen Worten der Begrüßung sein Zahnpasta-Grinsen zur Schau trug. Was suchte er bitte hier? Und wieso war Kerensa nicht geladen, wenn doch augenscheinlich auch Cayden anwesend sein durfte?

"Da wir nun vollzählig sind, kann ich ja beginnen.", beendete Adon meine Gedanken und alle lauschten gespannt seinen Worten. Dies war das erste Mal, seit der Begrüßung des Lords, dass sich alle zusammen im selben Raum befanden. Sollte mich das wundern?

"Ich habe in den letzten Tagen bemerkt, dass sich jeder nur seinen eigenen Aufgaben widmet und kaum Kontakt zwischen euch besteht. Um dem entgegen zu treten, wird am kommenden Wochenende ein Ausflug stattfinden. Es wird sicherlich helfen die Schluchten zwischen den einzelnen Personen zu überwinden und ein weitaus harmonischeres Zusammenleben ermöglichen." Verwirrt starrte ich ihn an. Hatte er das gerade wirklich vorgeschlagen? Einen Ausflug? Bevor ich jedoch meine momentane Verwirrung überwinden und etwas erwidern konnte, meldete Willam sich schon zu Wort: "Onkel, Ihr wollt uns wirklich auf einen Ausflug schicken, wie kleine Kinder? Bitte bedenkt, dass wir alle erwachsene Menschen sind und für solche Sachen kaum Interesse, geschweige denn Zeit aufbringen können." Gespannt hielt ich die Luft an. Zwar sprach er mir direkt aus der Seele, trotzdem hätte ich es anders ausgedrückt. Adon schien der gleichen Ansicht zu sein, denn seine buschigen Augenbrauen zogen sich langsam zusammen und tiefe Furchen erschienen auf seiner Stirn.

"Willam, da muss ich Euch leider mitteilen, dass dies kein Vorschlag oder eine Option war. Der Ausflug wird stattfinden. Daran gibt es nichts zu ändern. Sophilia ist hier, um neue Eindrücke zu gewinnen und Beagen ist nicht alle Tage zu Besuch." Ich hörte, wie der Prinz nach Luft schnappte und wahrscheinlich etwas antworten wollte. Doch Adon ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen und sprach sogleich weiter: "Und das mit der Zeit wird wohl kein Problem darstellen. Schließlich handelt es sich lediglich um ein einzelnes Wochenende und nicht um eine ganze Woche." Warte! Das ganze Wochenende? Hier wurde gerade ernsthaft verlangt, dass ich ein Wochenende lang mit diesen Menschen Zeit verbringen musste? Wie sollte ich das bitte aushalten? Der Prinz schien von den dreien noch der angenehmste Zeitgenosse zu sein, doch die anderen beiden konnten mir gerne gestohlen bleiben.

"Und, Sophilia?" Ich zuckte zusammen, als der König mich direkt ansprach, drückte jedoch sofort die Schultern durch und erwiderte den Blick. "Falls Ihr Euch fragt, ob Eure Zofe mitreisen darf, dann kann ich Euch beruhigen. Natürlich darf auch sie nicht fehlen, oder?" Ich war mir nicht sicher, ob die Frage an mich gerichtete war oder auch den Prinzen betraf, dem er einen kurzen, unauffälligen Blick zuwarf. Nun war ich vollkommen sprachlos. Wusste Adon etwa, was zwischen Willam und Kerensa passiert war oder ging da gerade nur meine Fantasie mit mir durch? Zögerlich nickte ich und schaute dann flink durch die Reihe. Niemand anderem schien es aufgefallen zu sein oder konnten sie es nur gut verbergen? Als meine Augen bei Lord Carollan ankamen, grinste dieser mich spitzbübisch an und zwinkerte mir zu. Die Stirn nun ebenfalls kraus gezogen wandte ich mich schnell wieder ab und richtete meine Konzentration erneut auf Adon.

"Wenn das nun geklärt ist, kommen wir zu den genaueren Informationen. Ihr werdet Freitag abgeholt und zu dem Landhaus am See gebracht. Zurück geht es dann am Montag. Es mag den Anschein einer Kinderbeschäftigung erwecken, doch rate ich euch es ernst zu nehmen! Ich möchte euch als eine Einheit auf dem Ball am Wochenende drauf sehen. Waren meine Worte eindeutig?" Geschockte blicke und ruckartiges Nicken schienen ihm als Antwort zu genügen, denn schlagartig glättete sich seine Stirn und ein leichtes Lächeln zierte erneut seine Lippen. "Dann wünsche ich euch noch einen angenehmen Tag und eine aufschlussreiche Zeit am Wochenende."

Da dies meiner Meinung nach eine Verabschiedung war, stand ich rasch auf, knickste höflich, da ich meiner Stimme noch nicht ganz traute und stürmte beinahe schon aus dem Raum. Ich musste unbedingt mit Kerensa sprechen, bevor mein Kopf noch platzte. Was um alles in der Welt hatte den König nur geritten eine solch sinnfreie Entscheidung zu treffen? Da galt es jetzt wohl einen Plan auszutüfteln, wie man sich am besten vor diesem Wochenende drücken konnte. Und das, ohne den König zu verärgern. Und von welchem Ball hatte er da gesprochen?


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