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Es war soweit. Die Koffer waren alle verstaut und der Privatjet startklar. Sehnsüchtig schaute ich aus dem kleinen Fenster nach draußen. Das sollte dann wohl das letzte Mal für die nächsten Monate sein, dass ich einen Blick auf mein Schloss erhaschen konnte. Ich sah meine Mutter, wie sie sich weinend an meinen Vater lehnte und mir mit einem weißen Stofftuch winkte. Das war ja mal sowas von klicheehaft! Aber selbst jetzt sah sie noch umwerfend schön und majestätisch aus.

Kurz winkte ich zurück und drehte, mit einem leisen Seufzer, meinen Kopf nach vorn und starrte stur auf die Tür, die zu den Piloten führte. Wenn es meiner Mutter so schwer fiel, mich wegzuschicken, warum tat sie es dann? Sie hätte es meinem Vater einfach ausreden und mich somit vor dieser ungewollten Reise bewahren können. Aber stattdessen war sie still geblieben und hatte ihn in seiner Idee noch bestärkt. Ich wusste nicht, ob ich sauer auf die beiden war oder einfach nur enttäuscht über ihre Reaktion. Oder war ich vielleicht einfach auf mich selbst sauer? denn niemand anderes außer mir selbst hatte mich in diese Situation gebracht. Aber wie sagte man so schön: Kopf hoch, Krone richten und weiterschreiten!

Eine Hand griff nach meiner. Kerensa. Ich sah zu ihr rüber und bemerkte die panisch aufgerissenen Augen. Wie konnte ich nur vergessen, welch große Angst sie vor dem Fliegen hatte? Nur die weite Strecke mit einem Auto zurücklegen, war keine Option gewesen. Also drückte ich leicht ihre zitternden Finger und lächte ihr aufmunternd zu.

Ich verstand nicht, wie jemand Angst vor dem Fliegen haben konnte. Natürlich war man weit über den Wolken in eine Büchse eingesperrt und nahezu abhänging von den Piloten und der ganzen Technik. Aber hier war man frei, geschützt vor fremden, aufdringlichen Blicken. Es gab weder Erwartungen, die man für andere erfüllen musste, noch Regeln oder Ansprüche. Man konnte einfach sitzen, man selbst sein und auf die Wolken und die Erde hinab schauen. Von oben sah alles immer so friedlich und ruhig aus, als gäbe es keine Probleme dort unten.

Man könnte sich für einen kurzen Zeitraum sogar einbilden, dass alles in Ordnung war und man nicht kurz davor stand etwas tun zu müssen, was man nicht wollte.

~~~

Nach einer etwas ruckeligen Landung und einer langen Fahrt, die ich ohne Kerensa antreten musste, da sie separat die letzte Strecke anreisen musste, hiel der Wagen nun vor einem riesigen Stahltor.

Wir waren fast da. Nervös rieb ich mir die Finger und versuchte neugierig einen ersten Blick auf mein zeitweiliges neues Zuhause zu erhaschen. Dichte Bäume versperrten mir jedoch die Sicht. Warum war ich nie vorher hier gewesen und warum hatte ich nicht im Internet zuvor nach Bildern gesucht?

Als wir schließlich auf einen großen, runden Platz fuhren und direkt vor einer imposanten Treppe hielten, hätte ich mir gewünscht schon vorher zu wissen, wie es hier aussah. Das hätte mir höchst wahrscheinlich einen unangemessen aufklappenden Mund und die staunende Sprachlosigkeit ersparrt, die mich überfiel, sobald ich aus dem Wagen stieg und mich umsah.

Natürlich war auch mein richtiges Zuhause atemberaubend schön und imposant, aber das hier...mir fehlten die Worte.

"Eure Hoheit, Ihr werdet bereits erwartet. Bitte folgt mir.", riss mich eine kratzige Stimme aus meiner Starre, zurück ins Hier und Jetzt. Kerensas letzte Worte vor der Trennung schossen mir erneut durch den Kopf: "Sei die Prinzessin vom Ball, aber etwas harmloser. Du musst wie früher sein, dieses kleine überhebliche Biest, dass sich nur mit dem Besten zufrieden gibt...aber auch nur wenn es sein muss. Sei einfach wieder eine typische Prinzessin!"

Ich musste ein Schmunzeln unterdrücken. Wie früher sein? Das sollte mir leich fallen, auch wenn ich mein Verhalten damals weniger als überheblich, eher als normales Adelsgehabe bezeichnen würde.

Also straffte ich meine Schultern, hob den Blick und nickte knapp in die Richtung der Stimme. Ohne ein weiteres Wort lief der ältere Mann auch schon los und ich folgte ihm. Unauffällig ließ ich meinen Blick über ihn wandern. Er schien Mitte fünfzig zu sein, trug eine schwarze ordentliche Uniforn und hatte graues, fast weißes Haar. Er musste ein Butler sein. Wäre ich so, wie in Kerensas Nähe, dann hätte ich ihn nach seinem Namen gefragt, aber dem Biest in mir waren solche Dinge egal. Bedienstete waren eben nur dies: Bedienstete.

Nachdem wir durch die riesige Eingangstür gegangen waren, kamen wir in einen Empfangsbereich. Oder sollte ich besser sagen, in einen Saal? Gespielt langweilig besah ich mir den Boden aus Marmor, die vergoldeten Leisten und Dekoelemente, die meterhohen Wände. An diesen hingen hier und dort vereinzelt Ölgemälde, die die vergangenen Könige und ihre Frauen zu zeigen schienen. Alles sehr beeindrucked und überwältigend. Auch wenn ich dies theoretisch aus unsere Schloss bereits kannte, fiel es mir schwerer als gedacht die uninteressierte zu mimen.

"Ich bringe Euch nun in den Empfangssaal, wo Euch die Königliche Familie bereits erwartet.", der Butler räusperte sich kurz und zeigte dann in die Richtung, die wir nun einschlagen würden. Schlagartig steigerte sich meine Nervösität und auch die Angst war wieder zurück. Gleich konnte ich einen ersten Blick auf den Prinzen werfen, auf den mysteriösen und Geheimnis umwobenen Prinzen der Southern Uplands.

Eine schwer wirkendes, aus dunklem Holz bestehendes Tor wurde vor uns geöffnet und langsam schritt ich hindurch. Am Rande bemerkte ich, wie der Butler sich knapp verbeugte und dann in entgegengesetzte Richtung verschwand.

Meine Augen geradeaus gerichtet, lief ich, ohne mich umzusehen auf die Menschen vor mir zu. Mit respektvollem Abstand blieb ich vor ihnen stehen und vollführte einen leichten Knicks, wie man sich Autoritätspersonen gegenüber benahm wurde mir schließlich schon von kleinan beigebracht.

"Seid gegrüßt, König Galeron. Mein Name ist Sophilia Anabel Alastair. Mein Vater, König Aindreas Alastair schickte mich zu Euch.", meine Stimme klang fester und selbstbewusster, als ich mich im Moment fühlte. Irgendwie kam mir der Mann vor mir bekannt vor. Wo hatte ich ihn... Der Ball! Vor mir stand in einem anscheinend maßgeschneiderten und mit goldenen Stickereien verzierten Anzug der ältere Mann vom Ball. Der Ball, der mir das Gaze hier eingebrockt hatte.

Bevor dieser jedoch zu einer Antwort ansetzen konnte, zog ein verächtliches Schnauben meine Aufmerksamkeit auf sich. Wie automatisch schnellte mein Blick zu dem jungen Mann, der es ausgestoßen hatte. "Onkel, seit wann wird hier so geschwollen geredet?", die Stimme des Mannes war unangenehm kratzig und es kostete mich einiges an Selbsbeherrschung mein Gesicht nicht widerwillig zu verziehen.

"Ich weiß wer Ihr seid, Prinzessin Sophilia. Wir hatten ja bereits das Vergnügen.", ein sympathisches Lächeln schlich sich auf die Lippen des alten Mannes, welches jedoch leicht verrutschte, als er weitersprach: "Der junge Mann neben mir, mit dem frevelhaften Verhalten, das ist mein...äh...Neffe, Prinz Willam." Wieder ertönte das Schnauben und dieser Willam verdrehte genervt die Augen.

Das durfte doch nicht wahr sein. Nicht nur, dass mein eventueller zukünftiger Mann mehr Gel in den Haaren trug, als es für ihn gut war, außerdem braune Knopfaugen und einen Ziegenbart hatte. Nein, er war auch noch unhöflich und respektlos. Vielleicht war ich oberflächlich, dass ich ihn aufgrund dieser Tatsachen schon nicht leiden konnte, aber dann war ich das nunmal.

Wie es mir die Höflichkeit gebot, verneigte ich mich leicht und bemerkte dann den Mann, der etwas verdeckt hinter ihm stand und ihm gerade etwas ins Ohr flüsterte. Ich hatte keine Zeit ihn genauer zu mustern, als mich auch schon die Stimme des Königs ablenkte und meine Aufmerksamkeit forderte. "Das neben ihm ist sein Diener und Freund Cayden. Wie ich hörte, seid Ihr auch mit eurer Zofe angereist. Ich nehme an, dass Ihr ein ähnliches Verhältnis zu ihr pflegt?"

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Zu viele Dinge auf einmal. Gerade als ich mich zu einem knappen Nicken überwinden konnte, trat dieser Cayden etwas aus dem Schatten von Willam und mir stockte der Atem.

Wie konnte jemand nur so unglaublich grüne Augen haben?

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Heyho, bis jetzt war es ja eher etwas ausschweifend und eventuell zäh und langweilig. Aber hier ist ein erster kurzer Blick auf Prinz Willam. Was denkt ihr über ihn? Ab jetzt wird mehr passieren und es wird hoffentlich spannender für euch! :)

xo DK

The King's DaughterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt