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So langsam schaffte ich es die ganzen Blicke zu ignorieren, die beinahe zu jeder Sekunde an mir hafteten. Wie hatten mir meine Eltern es beigebracht? Egal, wie unwohl oder fehl am Platz man sich fühlte, nach außen musste es immer den Anschein erwecken, als wäre genau das Gegenteil der Fall. Also lauschte ich mit gestrafften Schultern der einleitenden Rede, ließ mit einem falschen Lächeln den Sektempfang über mich ergehen und mimte die Gelassene, als mich Prinz Willam zum Eröffnungstanz aufforderte.

Eine Live-Band spielte klassische Musik und so schwebte ich mit ihm, umzingelt von anderen Tanzpaaren, im Walzer durch den Raum. Vesuchte das Ambiente so gut es ging zu genießen und meine unangebrachte Kleidung zu verdrängen.

Die letzten Takte des Liedes wurden gespielt, danach wurde es kurz still. Mit einem leichten Knicks bedankte ich mich bei meinem Gegenüber für den Tanz und lief an seinem Arm schließlich zurück zu unserem Tisch am Rand.

"Ihr seid eine echt gute Tänzerin!", meinte Willam, während er mir den Stuhl zurecht schob und, ganz der Gentleman, beim Hinsetzen half. Ich lächelte: "Das kam nur durch Eure gute Führung." Er lachte leise und ließ sich mir gegenüber auf den Stuhl nebem Cayden fallen. Dieser sah mich merkwürdig an, wandte jedoch schnell den Blick ab, als er meinen bemerkte. Was war nur mit diesem Mann nicht in Ordnung?

Um nicht einfach nur stumm und regungslos dazusitzen, ließ ich meinen Blick durch den Saal schweifen. Hier und da unterhielten sich einige angeregt, andere standen in kleinen Grüppchen zusammen und stießen vornehm mit teuren Gläsern an. Doch die meisten standen um die Tanzfläche herum und sahen den sich drehenden Paaren zu, wie sie sich zur Musik bewegten.

Wäre ich angemessen gekleidet und in anderer Begleitung hier, säße ich schon längst nicht mehr auf dem Stuhl, sondern stünde in Mitten der Tanzenden. Aber man konnte nicht alles haben.

Aus den Augenwinkeln beobachtete ich, wie Cayden sich zu Willam beugte und angeregt etwas hinter vorgehaltener Hand sprach. Der Prinz riss kurz die Augen auf und blickte für einige Sekunden mit unerklärlichem Ausdruck zu mir. Ich hatte keine Ahnung, worüber sie sprachen und um ehrlich zu sein, war es mir auch egal. Um nicht weiter einfach nur zu sitzen und zu beobachten, entschuldigte ich mich schließlich bei den Herren, stand auf und lief zu der Menge an Beobachtern.

Möglichst unauffällig stellte ich mich zwischen die ganzen vornehm angezogenen Menschen und beobachtete das Tanzgeschehen vor mir. Inmitten der ganzen weiß und schwarz gekleideten Leute, schaffte ich es merkwürdiger Weise nun halbwegs unterzutauchen und weniger aufzufallen. Vielleicht lag es daran, dass alle zu dicht standen, um als einzelne Person aufzufallen oder daran, dass sie sich langsam damit abgefunden hatten, dass hier jemand nicht der Kleiderordnung entsprechend umherlief.

Vollkommen in Gedanken versunken, bemerkte ich zunächst nicht, dass es im ganzen Saal ruhig geworden war. Klänge eines mir bekannten Liedes, welches ich jedoch noch nicht genau identifizieren konnte, ertönten. Der Frontmann der Band, begann zu singen und da erkannte ich das Lied. Das durfte doch wohl nicht wahr sein, oder?

Möglichst unauffällig wollte ich so schnell es ging in eine unbeobachtete Ecke des Saals flüchten, doch als ich aufblickte und mich umsah, stockte mir kurz der Atem. Ich stand vollkommen alleine, fast mitten im Saal und wurde von unzähligen Augen beobachtet. Das durfte doch nicht... Jemand kam auf mich zu und blieb vor mir stehen. "Dürfte ich um diesen Tanz bitten?" Mein Blick schnellte zu der Person und traf auf einen gemein grinsenden Cayden. Das konnte unmöglich sein Ernst sein! Doch was blieb mir anderes übrig, ohne mich zu blamieren? Hatte ich denn eine Wahl?

Also deutete ich eine leichte Vereugung an, legte meine Hand in seine ausgestreckte und begann zu den Klängen von 'Lady in red' mit Cayden durch den Raum zu tanzen. Ich versuchte die ganzen Gaffer zu ignorieren und nicht weiter auf den gesungenen Text zu achten, trotzdem kam ich nicht umhin mich zu fragen, ob das hier gerade wirklich ein Zufall war. Und als könnte Cayden Gedanken lesen, flüsterte er plötzlich: "Ich hoffe Euch gefällt mein Musikwunsch?" Zu geschockt, um etwas darauf zu erwidern, blinzelte ich ihn einfach hasserfüllt an und trat ihm im nächsten Moment unauffällig auf den Fuß. Sofort verschwand das selbstgefällige Grinsen aus seinem Gesicht und machte einer wütenden Maske Platz.

Ich dachte schon, er würde etwas sagen, doch schnell hatte er sich wieder im Griff und drehte uns weiter langsam über das Parkett. In meinem Inneren brodelte es, warum musste er mich so zur Schau stellen, nachdem es scheinbar seine Idee mit dem Kleid war? Warum ließ er mich nicht einfach so gut es ging in der Menge untergehen und so unauffällig, wie möglich diesen Abend hinter mich bringen? Was hatte ich ihm bitte getan, dass er mich so verachtete?

Während des Tanzes trat ich ihm immer wieder auf die Füße, tat jedoch so, als würde ich es nicht bemerken, ignorierte sein leises, wütendes Zischen und hoffte einfach, dass das ganze schnell vorbei und seine Füße danach schmerzhaft geschwollen waren.

Das letzte "Lady in red" ertönte und langsam verstummten die Instrumente. Wir blieben stehen und führten stumm ein tötliches Blickduell, doch im nächsten Moment begannen alle um uns herum zu applaudieren und ich riss mich von Caydens Anblick los. Wie es der Anstand gebot, knickste ich kurz und lief dann, so schnell und elegant es ging zu dem großen Tor und nach draußen.

Noch eine Minute länger in diesem Saal und ich hätte all meine Manieren über Bord geworfen und Cayden zur Sau gemacht. Was bildete dieser Pimpf sich ein? Musste er mich so vorführen? Konnte er sich nicht ein anderes Opfer für seine dummen Scherze suchen? Er hatte es eindeutig zu weit getrieben heute Abend!

Immernoch kochend vor Wut, ließ ich den Fahrer und das Auto rufen, stieg ein und orderte eine sofortige Rückfahrt zum Schloss. Ich wollte gerade weder dem Prinzen bescheid geben, noch auf die Herren warten, sondern einfach zurück in meine Gemächer gehen und mich bei Kerensa über diesen Abend auslassen. Mal sehen, was sie zu der ganzen Sache zu sagen hatte!

Stumm starrte ich durchs Fenster in die Dunkelheit und zuckte leicht zusammen, als die Stimme des Fahrers mir mitteilte, dass wir angekommen waren. Höflich bedankte ich mich bei ihm und eilte, ohne weitere Zeit zu verschwenden ins Schloss und weiter, bis ich endlich meine Tür hinter mir schließen konnte. Mich wunderte es wenig eine gespannt wartende Kerensa auf meinem Bett vorzufinden, doch bevor ich irgendetwas erzählen oder sagen konnte, schoss ich wütend die Schuhe von meinen Füßen und lief aufgebracht durchs Zimmer.

"Ich nehme an, es lief nicht so sonderlich gut ab?" Langsm drehte ich mich zu ihr, atmete ein paar Mal tief durch und begann dann, immernoch einem richtigen Wutanfall nahe, zu erzählen. Mit großen Augen lauschte sie jedem Wort, unterbrach mich nicht und nickte hin und wieder kurz.

"Vielleicht mag er dich ja...", murmelte Kerensa, nachdem ich fertig und es einige Zeit still geblieben war. Ruckartig schoss mein Kopf in die Höhe. Nein! Das tat er ganz sicher nicht!


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Hey ihr Lieben! Ich bin mit dem Kapitel nicht wirklich zufrieden, aber die nächsten werden hoffentlich wieder besser..

Was haltet ihr von Caydens Aktion und Sophilias Reaktion? :)

xo DK


The King's DaughterWo Geschichten leben. Entdecke jetzt