9. Kapitel

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Am nächsten späten Nachmittag kam ein junges Dienstmädchen in mein Zimmer. Sie brachte mir mein „Frühstück".

Ich guckte auf die vielen Teller. Jemand dachte wohl ich könnte mehr auf den Rippen vertragen. Auf dem Tablett stand ein Obstteller, ein Teller mit Ei und Speck, ein kleiner Brotkorb mit Brötchen, eine kleine Schüssel Fruchtjoghurt und eine Tasse mit einer dampfenden Flüssigkeit. Das Mädchen stellte alles auf den Tisch vor dem Fenster. Sobald alles auf dem Tisch stand, klemmte sie sich das Tablett unter den Arm und drehte sich um. Ihre Augen waren starr auf mich gerichtet. Sie guckte über die Bettdecke und in mein Gesicht. Der Blick des Mädchens verdunkelte sich.

„Sie sehen nicht so aus, als wären Sie verletzt. Oder hätten gar schlimme Schmerzen.", sagte sie missbilligend.

Ich hob überrascht die Augenbrauen. Ray hatte doch allen verboten mich anzusprechen, geschweige denn anzusehen.

„Ich glaube nicht, dass du das Wort an mich richten darfst. Dein Herr hat dir das verboten. Erinnerst du dich, kleines Mädchen."

„Generell tue ich nie das, was man mir sagt. Sie haben etwas Komisches an sich und ich werde dahinter kommen, wer und was Sie sind.", gab sie herausfordernd zurück.

Ich lachte in mich hinein. Das Mädchen war zwar klein, aber mutig.

„Wenn ich dir einen Rat geben dürfte: leg dich nicht mit dem Teufel an."

Das Mädchen blickte angsterfüllt drein. Sie dachte doch wohl nicht wirklich, dass ich der Teufel bin. Eiligen Schrittes ging sie zur Tür und schritt hinaus ohne sich umzudrehen.

Langsam stand ich auf. Der Tisch befand sich einigermaßen in meiner Reichweite. Ich ging zum Tisch hinüber und setzte mich auf den Stuhl. Die Sonne wollte gerade unter gehen. Sie färbte den Himmel in Rot- und Orangetöne.

Zu essen fiel mir nicht gerade leicht. Denn ich guckte genau in den Wald und den davor spielenden lachenden Kindern.

Freiheit, schrie mein Unterbewusstsein kläglich.

Bald, bald, gab ich zurück.

Die Kinder tollten im Gras herum. Warfen sich gegenseitig den Ball zu oder spielten fangen. Als letztes war verstecken an der Reihe. Ich guckte die ganze Zeit aus dem Fenster, schob nur geistesabwesend Stücken von einem Brötchen in meinen Mund. Eines der Kinder rannte in den Wald und versteckte sich dort. Plötzlich ertönte ein Schrei mit darauffolgendem Wimmern. Ein Höllenhund kam aus dem Wald mit dem Kind zwischen seinen Zähnen. Ich ließ alles fallen. Das Fenster schien nicht verriegelt zu sein, also machte ich es auf. Etwas unbeholfen kletterte ich aus dem Fenster. Der Höllenhund bemerkte mich. Es schien, als ob er lächeln würde. Er spuckte das Kind achtlos ins Gras. Langsam kam er auf mich zugetrottet. Ich sah aus dem Augenwinkel, dass Simon sich dem Kind näherte. Er überprüfte den Puls des Kindes. Es war kein Puls mehr da, das wusste ich bereits und er musste das doch auch wissen.

Ich hörte das Knurren des Höllenhundes. Gefährlich nah war er mir bereits.

>>Sasha, wenn du ihn einen Moment in Schach hältst, hol ich Unterstützung. Schaffst du das? <<, hörte ich Simon in meinem Kopf sagen. Ich nickte ihm leicht zu. Dann war ich allein mit einem Höllenhund. Eigentlich war ich nicht wirklich im Nachteil. Meine Wunden waren verheilt und die Sonne ging bald unter. Besser konnte es gar nicht werden. Ich musste den Höllenhund nur vom Gebäude weglocken. Ob das so einfach werden würde, konnte ich jetzt noch nicht ahnen. Dementsprechend eine kleine Erwärmung und dann auf in den Wald. Hoffen wir einfach mal, dass Ray in seinem Wald so was wie eine Lichtung besitzt, wo der Mond durchscheinen kann, denn er erhob sich bereits. Ich machte einen Ausfallschritt nach rechts. Der Höllenhund fiel natürlich voll darauf herein. Denn ich rannte nach links anstatt nach rechts. Lachend lief ich an ihm vorbei. Sobald ich im Wald war, hörte ich jeden einzelnen Schritt, den dieses Vieh tat. Allgemein war dieses Volk nicht gerade leise, wenn es um Verfolgungsjagden ging. Ein riesiger Baumstamm tauchte vor mir auf. Ich nahm noch mal ordentlich Anlauf und sprang über den Baumstamm hinweg. Auf der anderen Seite rollte ich mich ab, damit ich mir nicht schon wieder etwas brach oder prellte. Schon befand ich mich auf einer perfekt gelegenen Lichtung. Ein süffisantes Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. Hinter mir nahm der Höllenhund gerade Anlauf. Währenddessen ging ich in die Mitte der Lichtung und lies mich vom Mond direkt anleuchten. Flüsternd sprach ich schnell die Formel:

Immortal Love - DonnervogelblitzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt