20. Kapitel

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Ich wachte auf, sobald die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster in mein Zimmer fielen. Mit den Beinen strampelte ich die Decke von meinem Körper und setzte mich im Bett auf. Es war schön gewesen, endlich wieder in meinem eigenen Bett zu schlafen. Das Bett in meiner Wohnung zählte ich nicht dazu, es fühlte sich dort nicht an, als wäre ich zuhause.

Meine Zehen baumelten wenige Zentimeter über dem Fußboden, bevor sie letztendlich den weichen beigefarbenen Teppich berührten. Ich stand auf, vergrub die Zehen noch weiter in den Teppich. Mein weißes Nachthemd rutschte an meinen Beinen hinunter. Es war leicht, fast durchsichtig, und wehte umher, als ein Windzug ins Zimmer huschte. Ich tanzte lachend über den Teppich, mein Tanzpartner war der Wind. Doch alles endete jäh, unterdessen ein Dienstmädchen in mein Zimmer kam.

„Guten Morgen, meine Königin. Ich habe euch das Kleid für den heutigen Tag herausgesucht, nachdem ihr gestern verlangt habt", sprach sie mit weicher Stimme.

Ich drehte mich um und sah seit Jahren das Kleid meiner Mutter, welches sie bei ihrer Krönung angehabt hatte.

Ich nickte nur, war im Moment zu sprachlos, um ihr ordentliche Anweisungen zu geben. Aber auch ohne meine Worte schien sie zu wissen, was sie tun musste. Sie legte das Kleid auf meinem Bett ab. Dann ging sie noch einmal hinaus in den Flur, um einen Eimer mit kochend heißem Wasser zu holen und ihn anschließend in die kleine Wanne im Nebenzimmer zu gießen. Mein Bad war mit meinem Zimmer verbunden, sodass ich nicht ständig im Flur herumrennen musste, nur um ein Bad zu nehmen.

Mit leisen Schritten ging ich in das Bad, zog mir mein Nachthemd über den Kopf und setzte mich in die Wanne. Für unsere nicht fortgeschrittenen Verhältnisse war die Wanne ziemlich modern. Sie hatte zwar keine Wasserhähne, aber immerhin war sie größer als die Bottiche im Mittelalter oder in der Frühmoderne.

Das Dienstmädchen hob gerade den Schwamm, um mich damit einzuseifen und zu waschen, doch ich konnte und wollte im Moment niemanden um mich haben.

„Bitte, geh hinaus. Ich möchte mich allein waschen."

„Aber...Herrin..."

„Geh! Ich werde schon nicht sterben, nur, weil ich mich allein wasche."

Sie vollführte kurz einen Knicks und verschwand in meinem Schlafzimmer. Vorher schloss sie, zu meinem Glück noch die Badezimmertür.

Ich seufzte, ließ mich bis zum Kopf in das warme Wasser hineingleiten.


Ray ging auf und ab. Am gestrigen Abend hatte er eine Nachricht von der Königin der Vögel erhalten, die ihn innerlich absolut aufwühlte. Er wusste, dass er zu dem Treffen gehen musste, aber, wenn er Sasha sehen würde, was würde dann mit ihm passieren? Lange hatte er darüber nachgedacht, wer sie sein konnte. Sein Drache schien es zu wissen, doch dieser wollte nach der Blitz-Sache nicht mehr mit ihm reden. Er sah ein, dass es irgendwo seine Schuld gewesen war, von einem Blitz getroffen zu werden, aber sie war daran auch nicht ganz unschuldig. Sie hatte sich gewehrt zu kooperieren. Sie hatte nicht den Mund aufmachen wollen und hatte lieber Dinge zerstört, weil er angeblich so ein Arschloch war.

Du bist ein Dummkopf, das bist du. Nicht zu sehen, was dir definitiv auf der Nase herumtanzt. Hätte nur noch gefehlt, dass sie dir direkt ins Gehirn springt, sagte sein Drache zu ihm in einem sehr harschen Ton.

Was soll das denn jetzt heißen? Würdest du mich endlich mal aufklären, fauchte er zurück.

Er hörte ein frustriertes Stöhnen in seinem Kopf.

Seinem Drachen war das alles zu dämlich. Anscheinend musste man Ray wirklich alles auf einem Silbertablett servieren. Nicht selber nachdenken, lautete hier die Devise.

Sie ist unsere Gefährtin, verdammt noch mal, brüllte der Drache in Rays Kopf, was ihn zusammenzucken ließ.

Unsere Gefährtin ist tot, du Dämlack, stellte Ray behauptend fest, woraufhin sein Drache sofort antwortete: Hast du mal in ihre Augen geguckt? Seelenlos, du Blindfisch. Sie hat ihre Seele dort unten gelassen.

Ray musste das alles erst einmal verdauen. Er hatte seine Gefährtin zurückgestoßen. Das war es wahrscheinlich auch gewesen, was sie ihm hatte sagen wollen. Er musste sich auf der Stelle bei ihr entschuldigen und das ging nur, wenn er zur Verkündung ging.

Ray schaltete sein Telefon auf Telefonkonferenz. Er rief Graydon, Deweyund Simon an und sobald alle am Telefon waren, blaffte er in den Hörer: „Abreisein einer Stunde ins Vogelreich. Wehe ihr habt keine vernünftigen Sachen an undwehe ihr seid zu spät."


Ich stieg aus der Badewanne und trocknete mich ab. Das Dienstmädchen stand ebenfalls im Bad. Sie hielt das Kleid bereit, sodass ich, nachdem ich trocken war, sofort hineinschlüpfen konnte. Der Samt des Kleides fügte sich an meinen Körper und kühlte diesen angenehm.

Im Ganzen war das Kleid sehr schlicht gehalten. Es war blau, an einigen Stellen glitzerte es leicht, und wenn das Blau sich in einer anderen Lichteinstrahlung befand, konnte es grün, rot, orange oder gelb werden. Die Farben der Vogelerscheinung meiner Mutter. Zudem hatte das Kleid eine Kapuze, welche sich für den heutigen Tag sehr gut eignen würde, denn ich wollte Ray nicht sofort zu erkennen geben, dass ich nun die Königin der Vögel war und nicht mehr meine Mutter.

Das Dienstmädchen steckte mir meinen Pony hinten mit einer funkelnden Vogelspange zusammen, welche ebenfalls ihre Farbe wechseln konnte. Zum Schluss setzte ich mir die Kapuze auf, denn es wurde langsam Zeit. Das laute Rumsen beim Aufkommen des riesigen Drachen auf dem Felsboden war schon zu verlauten gewesen.

>> Relyn, führe sie bitte schon in den Saal. <<

Relyn gab mir keine Antwort, also blieb mir nichts anderes übrig als zu hoffen, dass sie diese Aufgabe ausführte.

Ich holte noch ein letztes Mal tief Luft, so dass meine Lungen bis zum Bersten gefüllt waren.

„Ihr schafft das schon, meine Königin", machte das Dienstmädchen mir Mut.

Ich nickte ihr zu, total versteift.

Und schon befanden wir uns am Eingang des Saales, worin man die einzelnen Stimmen der verschiedenen Fronten diskutieren hörte. Nur Rays Stimme war nicht zu hören. Ob das gut oder schlecht war, würde sich noch herausstellen.

Immortal Love - DonnervogelblitzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt