11. Kapitel

8 1 0
                                    

Am Mittag fasste ich einen Entschluss: Ich würde von hier weggehen. Nachdem ich duschen war, klopfte es aber erstmal an der Tür. Ich schloss sie auf. Vor der Tür stand Anur. Ich guckte sie grimmig an. Sie räusperte sich und dann sagte sie etwas, was ich nicht erwartet hatte.

„Ich weiß, wie du hier rauskommst. Lässt du mich rein? Wenn die Feen uns hören, wird nichts aus der Flucht.", flüsterte sie.

Ich machte die Tür weiter auf und ließ sie hinein. Bevor ich die Tür zumachte, guckte ich lieber noch einmal durch den kleinen Spalt in alle Richtungen. Anur hatte es sich währenddessen auf dem Fenstersims bequem gemacht. Ich drehte mich langsam zu ihr um.

„Wie willst DU mir denn helfen?", fragte ich.

Sie guckte mir fest in die Augen. Vollkommene Dominanz, doch ich wandte den Blick nicht ab. Dann trat ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht.

Hatte sie mich doch nur testen wollen?

„Unter diesem Haus ist ein geheimes Tunnelsystem. Eigentlich gedacht als Fluchttunnel. Also passend zu deiner Lage. Ich kann dir zeigen, wo er sich befindet, aber dafür musst du mich mitnehmen, Königin der Wyr – Vögel."

Verblüfft sah ich sie an. Woher wusste sie?

Misstrauisch trat ich näher.

„Woher weißt du es? Und, warum willst du mir helfen?"

„Du erkennst mich wirklich nicht mehr, oder? Ich war die Leibwächterin deiner Mutter. Sie hat mich weggeschickt, kurz bevor der Krieg begann. Sie wollte, dass ich auf der Seite stand, die nicht verlieren würde. Du weißt doch, dass sie in die Zukunft sehen konnte. Sie hat gesehen, dass wir verlieren würden. Wusste nur nicht, auf welche Art und Weise. Ich habe dich an deinen Augen erkannt. Augen sind die Fenster zur Seele, aber du hast keine mehr, stimmt's. Ich will dir helfen, weil ich ihr nicht helfen konnte."

Das waren die längsten Sätze, die Anur je zu mir gesagt hatte. Jetzt erkannte ich sie auch. Sie war damals viel jünger gewesen. Meine Brüder und ich hatten sie immer überreden wollen mit uns zu spielen. Allerdings hatte sie ihre Arbeit sehr ernst genommen. Ich nickte ihr zu.

„Dann zeig ihn mir. Ich nehme dich

mit.", sagte ich entschlossen.

Wir gingen zur Tür. Doch bevor ich sie aufmachen konnte, hielt Anur mich zurück.

„Was ist mit Relyn?"

Die Frage war durchaus berechtigt.

„Relyn weiß, was sie zu tun hat. Mach dir keine Sorgen um sie."

Anur ließ meine Schulter los.

Auf ging es zum Tunnel...

Der Tunneleingang war sehr gut versteckt. Und zwar in der Schatzkammer unter einem riesigen Goldsack. Wir hievten ihn gemeinsam hoch. Relyn und Drake würden ihn nachher wieder darauf legen. Sie hatten bereits meine Befehle bekommen. Anur und ich stiegen die Treppe hinunter. Es war ziemlich dunkel. Im Gegensatz zu Menschen brauchten wir kein Licht, um uns dort unten zurecht zu finden. Denn wir waren schließlich Raubtiere.

Ich bin mir sicher, dass unsere Hohepriesterin angefangen hätte zu schreien, weil lange Wurzeln von der Tunneldecke hingen.

Wir liefen ungefähr zwanzig Minuten durch den unterirdischen Tunnel. Und endlich tat sich vor uns ein weißes Licht auf. Wir kletterten eine leichte Anhebung hinauf und kamen hinter einem Busch im Wald hervor. Ich schaute mich in der Gegend um. Erkannte aber nichts außer Bäume.

„Los, komm! Bevor sie uns Simon auf den Hals hetzen."

Mit einem leichten Nicken zeigte ich ihr, dass ich verstanden hatte. Ich lief ihr nach, musste mich allerdings noch einmal umdrehen. Schon wieder musste ich meinen Gefährten verlassen. Nur, dass ich diesmal nicht aufgeschlitzt auf dem Boden lag.

Immortal Love - DonnervogelblitzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt