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Montag und Dienstag schaffte Miles es, Scott aus dem Weg zu gehen. In den Stunden, die sie gemeinsam hatten, setzte er sich an einen anderenvPlatz und in den Mittagspausen mied er die Cafeteria. Wenn sie sich auf dem Flur entgegen kamen, drehte Miles sofort um und lief in die andere Richtung.

Und das klappte ganz gut. Es tat weh, aber Miles wusste nicht, was er sonst tun sollte.

Er hatte seiner Familie nichts erzählt. So sehr er Vampire auch hasste, er konnte Scott nicht verraten. Auch wenn er nicht der war, für den er ihn gehalten hatte, er war immer noch Scott. Zumindest irgendwie.

Und Miles wurde das Gefühl nicht los, dass Scott vielleicht die Wahrheit gesagt hatte. Vielleicht waren wirklich nicht alle Vampire Monster und vielleicht konnten sie sogar richtige Gefühle haben.

Aber Miles verbot sich, darüber nachzudenken. Denn er wusste, worauf das hinauslaufen würde. Er würde weich werden und Scott zurück wollen. Aber das ging nicht. Scott war ein Vampir und Miles ein Vampirjäger.

Außerdem hasste Miles Vampire. Schon sein ganzes Leben lang. Er konnte sich sogar gut vorstellen, dass sein Dad schon am Tag seiner Geburt mit ihm über böse Vampire gesprochen hatte. Naja, zumindest schon ziemlich früh. Seit er denken konnte, hatte ihm seine ganze Familie eingeredet, dass Vampire grausam waren. Dass es nichts Schlimmeres gab und das Vampire zu töten immer das oberste Ziel sein würde.

Als Kind hatten all seine Albträume von diesen Monstern gehandelt, sodass er täglich kämpfen geübt hatte, bis er in der Dunkelheit endlich keine Angst mehr hatte. Seine gesamte Kindheit war von der Jagd bestimmt worden, vor New York hatte er kein festes Zuhause gehabt, weil sie immer auf der Suche nach neuen Vampiren waren.

Und ausgerechnet jetzt, wo er sich endlich fühlte, als würde er irgendwohin gehören, als könnte dies sein Zuhause werden, da verliebte er sich in einen Vampir. Warum konnte Scott nicht einfach ein normaler Mensch sein? War es zu viel verlangt, dass eine Sache mal gewöhnlich war?

Miles schüttelte den Kopf. Um nicht endgültig in Selbstmitleid zu versinken, machte Miles sich auf den Weg zur Cafeteria. Eigentlich wollte er die ja für mindestens ... ein paar Jahre? nicht mehr betreten, aber er war kurz vorm Verhungern, also hatte er keine Wahl.

Er war immer noch mit seinen Gedanken beschäftigt, als er durch die Schulflure lief, sodass er Nate nicht bemerkte, bis er kurz vor ihm stand.

"Miles!", rief Nate und Miles zuckte zusammen: "Woah, äh ... hi, Nate?"

"Was zur Hölle ist los?", wollte Nate wissen und Miles stellte sich dumm: "Was meinst du?"

"Seit Tagen gehen du und Scott sich aus dem Weg und Scott sagt, ihr seid nicht mehr befreundet?!"

"Ich will nicht darüber reden", wich Miles schnell aus und wollte schon an ihm vorbeigehen, doch Nate hielt ihn auf: "Habt ihr euch gestritten? Getrennt? Deswegen muss doch nicht unsere Freundschaft kaputt gehen! Komm schon, erzähl mir, was passiert ist!"

Miles schüttelte den Kopf: "Du verstehst das nicht ..."

"Nur weil ich nicht schwul bin? Also, so ein großer Unterschied ist das jetzt auch nicht!", schnaubte Nate.

"Nein, damit hat das nichts zu tun. Egal, vergiss es."

"Bitteeee!", flehte Nate. "Sag mir wenigstens warum!"

"Frag doch Scott", murrte Miles schließlich und endlich gab Nate auf.

Als Miles nach Hause kam, wollte er sich wie die letzten Tage auch einfach auf sein Zimmer verziehen, aber dieses Mal stellte sich Logan ihm in den Weg und sah ihn ernst an: "Was ist los?"

Miles runzelte genervt die Stirn: "Ich bin müde, kannst du bitte zur Seite gehen?"

"Was ist am Freitag passiert, das dich so verstört hat?!"

"Ich bin nicht verstört."

Logan schnaubte: "Du redest seit Tagen fast gar nicht mehr und verschwindest immer sofort in dein Zimmer!"

"Es ist aber nichts", meinte Miles und drängte sich an seinem Bruder vorbei in sein Zimmer. Er schlug die Tür zu und schloss ab, dann warf er sich auf sein Bett und schloss die Augen. Er wollte einfach nur seine Ruhe haben.

Deathly DesireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt