Kapitel 1

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"Orks in der Nähe des Verborgenen Passes! Orks in der Nähe des Verborgenen Passes!" Als dieser Ruf erschallte, sprang ich sofort auf und warf mein Buch aufs Bett. Meine Kampf- und Reisekleidung hatte ich, den Valar sei Dank, schon nach dem heutigen Frühstück angezogen, da ich schon auf ein Abenteuer gehofft hatte. Ich schnappte mir meine Waffen, einen Bogen mit Pfeilen und Köcher, meine beiden Kampfmesser und mein Schwert und befestigte sie an meinem Gürtel und auf meinem Rücken. Ein paar Zuckerstückchen für meinen Hengst Aduial (bedeutet "Abenddämmerung") steckte ich mir in die Hosentasche. Ich sprintete über die Wege und Brücken Bruchtals und stürmte in den Stall. Mein Hengst stand in seiner Box und schien mich schon zu erwarten, sein weißes Fell glänzte in den Sonnenstrahlen, die durch eines der Fenster hineinfielen. Nachdem ich ihm die Zuckerstücke gegeben habe, trenste ich Aduial vorsichtig auf. Ich führte ihn aus dem Stall und sah Elrond, der sich gerade mit seinen Reitern zum Aufbruch bereitmachte. Ich verneigte mich kurz vor Elrond und fragte mit meinem besten Hundeblick: "Mein Herr Elrond, darf ich mitkommen? Bitte!" Elrond sah mich nur an und seufzte. "Da ich weiß, dass du mitkommen wirst, egal was ich sage, kannst ich es ja auch gleich erlauben. Meinetwegen." Ich sprang sofort auf Aduials Rücken und trieb ihn an, da die anderen schon losritten. Allerdings war Aduial so schnell, dass ich ihn kurz darauf zurückhalten musste, damit er nicht Elrond schwarzen Hengst Fuin überholte. Elrond betrachtete mich nur amüsiert, worauf ich mir einen Todesblick verkneifen musste. Wir ritten durch das breite Haupttor Bruchtals, das eigentlich mehr ein Tunnel war und befanden uns dann in der weiten Ebene. Eine Orkmeute raste auf Wargen über die Hügel. Sie verfolgte eine Gruppe mit Zwergen, aber ehe ich diese genauer betrachten konnte, sprangen sie hinter einen Fels und zum Verborgenen Pass. Ich legte einen Pfeil auf die Sehne meines Bogens, zielte und schoss. Der Pfeil traf einen Warg direkt zwischen den Augen und dieser fiel tot in sich zusammen. Nach ein paar Minuten Gesteche, Gehaue und Gebrülle waren fast alle Orks von den anderen Elben getötet worden, aber ich sprang von Aduials Rücken und zog mein Schwert. Jeder noch lebende Ork wurde also entweder damit durchbohrt oder einen Kopf kürzer gemacht. Nachdem also jedes dieser widerlichen Viecher beseitigt war, stieg ich wieder auf meinen Hengst und trat mit den anderen Reitern den Rückweg an. Doch statt in Kreisen um die inzwischen angekommenen Zwerge herumzureiten, um sie zu bedrohen und auch einen ganz tollen ersten Eindruck zu machen, lenkte ich Aduial auf einen großen Felsen im Schatten einer großen Kiefer. Es waren anscheinend etwa ein Dutzend Zwerge, ein Halbling und... Gandalf! Gandalf war mein Ziehvater. Er fand mich einst im Wald, als ich noch ganz klein war. 253 Jahre hatte ich ihn nicht mehr gesehen. Einer der Zwerge, der jüngste, wie es mir schien, bemerkte mich und zwinkerte mir zu. Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu, wendete Aduial und brachte ihn in den Stall. In seiner Box angekommen, versuchte ich, gedanklich Kontakt zu ihm aufzunehmen. Ich konnte nämlich in Gedanken mit Pferden sprechen, und sie mit mir. Allerdings waren natürlich nicht alle Pferde gleich, manche vertrauten mir schneller, andere langsamer. Und je größer das Vertrauen zumjeweils anderen war, desto besser funktionierte auch die gedankliche Kommunikation.
Hey Aduial, hat dir unsere kleine Orkjagd gefallen?, fragte ich ihn. Super, danke!, wieherte er in Gedanken fröhlich. Darf ich wieder hinaus auf die Weide?
Klar, antwortete ich und öffnete die Boxentür. Aduial stupste mich noch einmal sanft an, dann stürmte er nach draußen. Ich ging zum Trainingsplatz, auf dem schon Elladan und Elrohir, die Söhne Elronds, trainierten. "Meine Herren", sagte ich gespielt schüchtern und verbeugte mich übertrieben. Elladan blickte mich böse an. "Du hast das 'zukünftige Herren von Imladris' vergessen", während Elrohir sich einfach nur einen ablachte. Ich verdrehte nur die Augen. "Mellyn nîn, zukünftige Herren von Imladris, blablabla", sagte ich grinsend. Natürlich meinten sie es nicht ernst. "Flämmchen, komm her!", rief Elladan zog sein Schwert. Grrrrr. Flämmchen. Noch so ein bescheuerter Spitzname, denn Nauralass bedeutet "Flammenblatt". "Komm, lass uns trainieren!", rief er. Ich grinste erneut und griff mit in der Sonne blitzender Klinge an. Unsere Schwerter schlugen aufeinander und nach kurzer Zeit kam noch Elrohir hinzu und kämpfte an meiner Seite gegen Elladan, den wir ziemlich schnell entwaffnet hatten. "Hey, das ist aber auch unfair, ihr zwei gegen mich allein!", protestierte Elladan empört. "Orks oder anderes Ekelviehzeug kämpft so gut wie nie allein, und wenn, willst du sie darum bitten, etwa so: 'Verzeihung, aber ich bin zu feige, um gegen euch zu kämpfen, könntet ihr bitte ganz schnell wieder ins paradiesische Schwarze Land abhauen?' ", fragte Elrohir. Ich seufzte nur. Manchmal waren die beiden echt anstrengend!  "Wollen wir Bogenschießen gehen?", schlug ich vor, als ich mich wieder zurückverwandelt hatte. Elladan und Elrohir setzten gerade zu einer Antwort an, als Lindir herbeigeeilt kam. "Meine Herren", sagte er und verbeugte sich vor den Schwachköpfen. "Nauralass, Mithrandir begehrt dich zu sehen", sagte er. "Danke Lindir, wo ist er denn?", fragte ich. "Er ist am Pavillon des Weißen Rates, Saruman, Galadriel und Herr Elrond auch." Ich nickte ihm kurz zu und eilte über die vielen Brücken und Terassen Bruchtals. Am Pavillon angekommen, verneigte ich mich vor Elrond, Saruman und Galadriel, Gandalf jedoch fiel ich um den Hals. "Meine liebe Nauralass, endlich sehen wir uns wieder!", rief er und erwiderte die Umarmung. Saruman übersah mich geflissentlich und Galadriel musterte mich wie immer mit unergründlicher Miene. "Nauralass, wir brauchen euren Rat", sagte sie dann. Anscheinend sah Saruman sich gezwungen, seine Ehre vor einem 'kleinen' Mädchen zu verteidigen. "Frau Galadriel, wir brauchen keine Hilfe von einem kleinen Mädchen." Tja, was habe ich gesagt? Ich wollte gerade wütend etwas zurückfauchen, als Gandalf mir beruhigend eine Hand auf die Schulter legte. "Nauralass, würdet ihr euch bitte diese Waffe ansehen?", fragte Galadriel erneut. Ich trat an den Tisch in der Mitte und sah mir das Schwert an. Es war komplett schwarz und hatte eine in Richtung Griff gebogene Parierstange. Leise flüsternde Stimmen schienen davon auszugehen, Schwarze Sprache. "Radagast der Braune hat es in Dol Guldur gefunden", erklärte Gandalf. "Holt Euer Schwert heraus, Nauralass", befahl Elrond. Zögernd griff meine Hand nach der Elbenklinge an meinem Gürtel. Dann packte ich entschlossen den Griff und zog es aus der Scheide. Die einschneidige Klinge war leicht gebogen, ganz aus Mithril und mit Runen und Linien verziert. Der goldene Griff war mit dunkelbraunem Leder umwickelt. Der Name des Schwertes war Agarwaen, was Sindarin für "blutbefleckt" war. Als die Klinge im Licht der untergehenden Sonne silbergrau zu schimmern begann, wurden die Stimmen um die Morgulklinge lauter, sie schienen zu protestieren. "Eindeutig die Waffe des Hexenkönigs", sagte Elrond und gab mir ein Zeichen mit der Hand, welches bedeutete, dass ich gehen durfte. Ich nickte allen Anwesenden zu, dann schritt ich würdevoll aus dem Pavillon. Als ich außer Sichtweite war, fing ich an zu rennen. Gerade beschloss ich, Aduial besuchen zu gehen, als Elladan und Elrohir aus den Ästen der Eiche neben mir sprangen. Ich sprang erschrocken zurück und zog mein Schwert. "Hey Naura, wir sind's doch nur!", riefen die beiden synchron. Ich schüttelte fast unmerklich den Kopf und fragte sie: "Hey, wollen wir die Pferde besuchen?", fragte ich. "Meinetwegen, morgen früh reiten wir dann aus, oder?", fragte Elladan. "Klar wie das Wasser Nimrodels!", antwortete ich. "Kleine Anmerkung am Rande, du hast uns echt nicht gehört, oder?", fragte Elrohir grinsend. "Nein, habe ich nicht, und wie wär's, wenn wir uns jetzt mal auf den Weg machen würden?", fragte ich leicht angesäuert. Die beiden Brüder hoben nur gleichzeitig eine Augenbraue und ich musste lachen. Wie auf Kommando sprinteten wir sofort zu den Koppeln und sahen den Pferden zu, die auf der riesigen Wiese herumtollten oder einfach nur friedlich grasten. "Also... Was wollte der Weiße Rat denn jetzt von dir?", fragte Elrohir. "Radagast hat in Dol Guldur das Schwert des Hexenkönigs gefunden und dann hab ich eben Agarwaen rausgeholt und so", erwiderte ich müde. "Aha. Das war jetzt sehr informativ", gab Elladan zurück. Ich gähnte nur. "Frag Mithrandir", grummelte ich und pfiff mit geschlossenen Augen nach Aduial. Als ich das Donnern der Hufe hörte und kurz darauf warmen Atem in meinem Gesicht spürte, war ich sofort wieder hellwach. "Wettrennen?", fragte ich die Brüder. Die beiden nickten und riefen ihre Apfelschimmel Alqua ("Schwan") und Astaldo ("Der Tapfere"). Elladan und Elrohir saßen schon auf ihren Pferden und auch ich wollte gerade aufsteigen, als ich Schritte hörte. Ich drehte mich um und sah Gandalf den Pfad zur Koppel hinaufsteigen. Oben angekommen fragte er: "Nauralass, können wir kurz unter vier Augen miteinander reden?", und warf den Brüdern einen strengen Seitenblick zu, da ihm die Lauschangriffe der beiden bekannt waren. "Sicher", antwortete ich. "Fangt schon mal an, okay?", wandte ich mich an Elladan und Elrohir. "Klar, Flämmchen, bis später!", rief Elladan. Ich rollte nur mit den Augen und folgte Gandalf an das Ufer des Bruinen, den Fluss, der sich durch Imladris schlängelte. Gandalf blickte mir tief in die Augen. "Morgen früh bei Sonnenaufgang werde ich weg sein", sagte er leise. "Was? Schon?", fragte ich erschrocken. "Ich werde den Zwergen folgen. Und ich möchte, dass du mit mir kommst.", sagte Gandalf sanft. "Zwerge?!", fragte ich mit schriller Stimme. "Ich begleite doch keine Neweg (Spottname für Zwerge, Plural) sonst wo hin!" Gandalf sah mich ungläubig an und sagte mit vor Wut bebender Stimme: "Nauralass, ich dachte nicht, dass ausgerechnet du dich diesem blinden Hass hingibst, und ich verbiete dir auch, diesen Spottnamen in den Mund zu nehmen." Ich starrte ihn wütend an und versuchte vom Thema abzulenken. "Wo soll's denn überhaupt hingehen?", fragte ich deshalb, aber immer noch feindselig. "Wir wollen den Einsamen Berg zurückerobern und Smaug töten", sagte Gandalf. Ich lachte freudlos auf. "Wie dumm kann man sein, Smaug ist ein Drache ! Obwohl, Zwerge sind eben Zwerge, bei deren fehlendem geistigen Potential kann man leicht auf so eine hirnrissige Idee kommen!", fauchte ich. "Freu dich doch, wir werden kämpfen und reisen, ich dachte, dir wäre langweilig!", gab Gandalf mit großer Selbstbeherrschung zurück. Sofort war ich ganz still. Reisen? Kämpfen? Möglicherweise noch... Zwerge beleidigen? Ich war dabei! "Super, wann geht's los?", fragte ich aufgeregt. Gandalf sah mich halb amüsiert, halb genervt an und sagte: "Wie ich schon sagte, morgen früh bei Sonnenaufgang am Haupttor. Pack am besten noch heute Abend und geh früh ins Bett." Ich grinste nur wie ein behindertes Eichhörnchen und hüpfte zurück zu den Koppeln. Elladan und Elrohir saßen auf dem Zaun der Koppel und hatten anscheinend schon ein Rennen hinter sich, denn sie stritten gerade, wer gewonnen hatte. Mein Grinsen wurde noch breiter, als ich mich von hinten an sie heranschlich und sie vom Zaun schubste. "Was zur... Aaaaargh!", schrie Elrohir, doch da lag er schon im Gras. Die Brüder sprangen auf und ragten bedrohlich vor mir auf. Für jeden anderen wäre diese Bewegung schon beeindruckend gewesen, jedoch nicht für mich. Ich grinste nur frech und verwandelte mich in eine meiner beiden Lieblingsgestalten, in die schneeweiße, zierliche Stute. Dann jagte ich über die riesige Koppel, an meiner Seite war Aduial und die Brüder folgten uns auf ihren eigenen Pferden. Nach einer Runde im vollen Galopp über die Koppel waren Alqua und Astaldo schon komplett nassgeschwitzt. Ich drosselte mein Tempo und verwandelte mich zurück. "Ich muss jetzt ins Bett, da ich morgen die Zwerge und Mithrandir begleiten werden. Könntet ihr bitte Aduial in den Stall bringen? Und keine Fragen!", fügte ich noch hinzu, als die Brüder unisono ihre Münder öffneten, um zu nerven."Klar", meinten die beiden wie aus einem Mund. "Gute Nacht", verabschiedete ich mich von den Brüdern. Aduial strich ich kurz über die Stirn und ging dann zurück in mein Zimmer. Dort angekommen, packte ich meine Sachen für die Reise in einen Rucksack: einen Wasserschlauch, Lembasbrot, ein paar Wechselklamotten und eine Decke zum Schlafen. Dann legte ich mich in mein großes, weiches Bett und schlief fast sofort ein, allerdings nicht ohne mir vorher nochmal Gedanken zu meiner idiotischen Idee zu machen. Ich hatte ja sonst nichts besseres zu tun.

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Hey, also das ist das erste Kapitel. Ich weiß, das es ein bißchen zu viel mit Pferden ist, aber irgendwie ist es immer so, da ich Pferde einfach liebe. (Möglicherweise "reflexhaft"? Ich hab keine Ahnung ;) ) Schreibt bitte in die Kommentare, wie ihr es fandet und ob ich weiter machen soll.

Jojo


Der Hobbit - Reise zum EreborWo Geschichten leben. Entdecke jetzt