Kapitel 9

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Legolas

Ich legte einen Pfeil an die Sehne meines Bogens und erschoss einen Ork. Ich rannte weiter, da keine Orks mehr an dieser Stelle des Flusses waren, Tauriel dicht auf den Fersen. Als ich die Biegung umrundet hatte, wurde ich fast von einem augenscheinlich sehr aufgeregtem Hengst umgerannt. Er stoppte kurz vor mir und ich hob meine Hand, um dem Hengst beruhigend über den Nasenrücken zu streicheln. Doch er drehte ab und deutete mit dem Kopf aufgebracht zu einem Nebenarm des Nachtwaldflusses (?), in dem ein weißes Etwas lag. Ich trat vorsichtig näher und sah die weiße Stute im flachen Wasser. Zwei Morgulpfeile steckten tief in ihrer Seite, sie hatte die Augen geschlossen und atmete flach. Ich kniete mich neben die Stute, der ich schon den Namen Meril, also Rose, gegeben hatte. Tauriel sah so entsetzt aus, wie ich mich fühlte. Ich wies sie kurz an, ihr bestes zu tun, da sie ihn Heilkunde wirklich viel erfahrener war als ich. Dabei beobachtete ich sie heimlich von der Seite. Tauriel bewegte sich mit fließenden Bewegungen und ihr langes rotes Haar wehte leicht in der lauwarmen Brise. Ich schüttelte nur den Kopf, eigentlich wollte ich ja Wache halten. Der Hengst bewegte sich unruhig und strich nervös um uns herum. Bald hatte Tauriel Meril fertig behandelt und die Stute hatte einen Verband aus beigem Stoff um den Bauch. Wo zur Hölle hatte Tauriel immer ihr Zeug her? Meril regte sich und der Hengst beugte sich sofort zu ihr herunter und beschnupperte vorsichtig ihren Hals, an dem eine Wunde prangte, die so groß war wie meine Hand. Ich keuchte kurz auf und Tauriel wusch die Wunde schnell mit Flusswasser aus. Die Stute versuchte aufzustehen und wurde tatkräftig von dem Hengst unterstützt. An Meril's Flanken klafften ebenfalls Wunden, doch als Tauriel sich diese auch näher ansehen konnte, war Meril schon ein paar Schritte gelaufen. Kurz wandte sie sich zu dem Hengst um und die beiden blickten sich tief in die Augen. Ich staunte; so etwas hatte ich noch nie bei Tieren erlebt. Sie schienen sich schweigend abzusprechen und kurz senkte die Stute beschämt den Kopf, was eigentlich Quatsch war, da Pferde ja nicht solche Gefühle hatten. Oder doch? Meril warf ihren Kopf in die Höhe, dann begann ihr Fell golden zu leuchten. Immer heller und heller, bis das Licht plötzlich verebbte. Dort, wo vor zwei Sekunden noch eine Stute stand, stand nun eine Elbin mit langem, gelocktem roten Haar und smaragdgrünen Augen. Sie hielt sich eine Hand an ihre schmale Taille. Die Wunden schienen noch zu schmerzen. "Wer-wer bist du?", fragte ich mit überraschend fester Stimme. Gleichzeitig zog ich meine Kampfmesser. "Die Messer kannst du ruhig wieder weglegen. Mein Name ist Nauralass und ich komme aus Imladris." Tauriel war neben mich getreten und blickte die Elbin misstrauisch an. "Und warum warst du eben noch ein Pferd, wenn ich fragen darf?" Nauralass zuckte nur mit den Schultern. "Ich konnte von Geburt an meine Gestalt verändern", sagte sie und kurz darauf riss sie die Augen auf, als könnte sie gar nicht fassen, dass sie dieses Geheimnis gerade preisgegeben hatte. "Hattest du etwas mit den Zwergen zu tun?", fragte ich mit unbeabsichtigt scharfer Stimme. Nauralass sah mich unsicher an. "Mehr oder weniger", gab sie schließlich zu. "Das soll heißen?", fragte Tauriel genervt. "Das ich mit ihnen in den Düsterwald kam, aber lieber drumherum gegangen wäre", gab Nauralass ebenso genervt zurück. "Aha. Willst du mit uns kommen?", fragte ich nur und schlug mir innerlich die Hand vor die Stirn. Ich kannte diese Elbin doch gar nicht! Aber irgendetwas strahlte sie aus, etwas, was mir das Gefühl gab, ihr vertrauen zu können. Nauralass blickte mich verwundert an, Tauriel ebenso. "Meinetwegen", sagten Tauriel und Nauralass wie aus einem Mund. "Aber wer seid ihr eigentlich?"-"Ich bin Legolas, Prinz des Düsterwaldes, und das ist Tauriel, die Anführerin der Wache."

Nauralass

Ich galoppierte auf Aduial locker neben Legolas und Tauriel her, die beide auf Legolas' Hengst Ethuil ("Frühling") ritten. Wir waren auf dem Weg nach Esgaroth, da die Zwerge dort mit Sicherheit Rast machen. Am Ufer angekommen, drehte ich mich zu den beiden Waldelben um, da Ethuil nicht mit Aduial mithalten konnte. "Und jetzt?", fragte ich nur. "Wir könnten schwimmen", schlug Tauriel vor. Legolas schüttelte den Kopf. "Nein, das ist zu weit." Dann nahm er einfach ein Boot, das achtlos am Ufer lag. Ich seufzte nur und deutete auf einen Steg, der Esgaroth mit dem Land verband. Er war etwa vier Meilen entfernt und im Nebel waren die Umrisse nur zu erahnen. "Wie wär's, wenn wir einfach so nach Esgaroth kommen?", fragte ich. Legolas nickte nur und trieb Ethuil erneut an. Aduial überholte ihn bald und wir galoppierten am See entlang. Es war ziemlich kalt und ich begann, zu zittern. Hätte ich doch nur meinen warmen Umhang dabei! Doch der war in meinem Rucksack, der wiederum wahrscheinlich noch am Waldboden lag, dort, wo mich die Spinne umgehauen hat. Legolas grinste nur und warf mir ein Stoffbündel zu. Es war ein dunkelgrüner Umhang, gleich dem, den ich auch in Bruchtal getragen habe. "Lag in einem Rucksack im Wald", rief er immer noch grinsend durch den an uns vorbeirauschenden Wind. Ich schüttelte nur den Kopf und wollte gerade nach dem Rucksack fragen, als wir auch schon am Steg ankamen. Er war breit und aus Holzbohlen erbaut, doch schien er durch die ständige Luftfeuchtigkeit morsch zu sein. "Meint ihr, der Steg hält?", fragte Tauriel kritisch. Ich zuckte nur mit den Schultern und ließ Aduial auf den Steg laufen. Er knarrte, schien aber zu halten. Zögernd betrat auch Ethuil den Steg, aber kurz darauf trabten beide Pferde behutsam über das Holz. Nach etwa zehn Minuten passierten wir ein Tor, das zu unserer Überraschung nicht bewacht wurde. Legolas, Tauriel und ich sprangen von den Pferden und banden sie an einem Pfosten fest. Dann suchten wir die Zwerge, doch kurz darauf erblickte ich einen Ork auf dem Dachfirst des Hauses, das uns am nächsten stand. Legolas stieß mich an, ohne den Ork aus den Augen zu lassen, und drückte mir meinen Bogen und meinen Köcher mit Pfeilen in die Hand, wo auch immer Legolas meine Sachen herhatte. Ich legte mir den Köcher wieder an und zog einen Pfeil heraus, den ich auf die Bogensehne spannte, zielte und die Sehne losließ. Der Pfeil zischte durch die Luft und bohrte sich in den Kopf des Orks, genau zwischen seine Augen. Mit einem lauten Gepolter und einem Platschen fiel die Leiche in einen der Kanäle. Legolas nickte mir anerkennend zu und ging dann ohne ein Wort weiter. Ich zuckte nur mit den Schultern und folgte ihm. Die Stadt war in keinem guten Zustand: überall stank es nach verfault Fisch und die Farbe blätterte von den Häusern ab. Streunende Hunde zogen durch die Gassen, doch an jeder Ecke standen Wachen, als wäre diese verkommene Stadt ein Fürstentum. Kurz darauf erreichten wir ein Haus, das mindestens fünfzehn Orks auf dem Dach hatte. Ich wollte gerade meinen Bogen benutzen, als Tauriel leise auf das Haus deutete; Schreie tönten heraus. Ohne Nachzudenken rannte ich die Treppe zur Veranda hoch, dann holte ich noch einmal tief Luft und stieß die Tür auf.

Hey ihr,
das ist das neue Kapitel. Ich hoffe, es gefällt euch. Dann habe ich eine Frage: gefällt euch dieses Cover besser oder das hier unten?


Ich würde gerne eure Meinung in den Kommentaren hören;)

Eure Aduial

Der Hobbit - Reise zum EreborWo Geschichten leben. Entdecke jetzt