,,Wieso sind wir nicht mit dem Fahrstuhl gefahren? Die hundert Stufen bis in den vierten Stock hätten wir uns wirklich sparen können", meckere ich keuchend, als Will, Call, Sami, Adam und ich auf dem Weg zu Elliot sind. Das muss ja wohl wirklich nicht sein. ,,Ich denke, ich sollte dich wirklich einmal ins Training mitnehmen. Welche Note hattest du in deiner alten Schule in Sport nochmal?", zieht mich Adam auf, woraufhin ich ihm einen Blick zuwerfe, der töten könnte.
„Ach komm, wir wissen doch alle, dass das nur Schwachsinn ist. Das hat nichts damit zu tun, sie ist immer noch auf Greenberg sauer und lässt es jetzt an uns aus. Nicht wahr, Prinzesschen?", sagt Call schmunzelnd.Na gut... Möglicherweise bin ich ein wenig enttäuscht und nachtragend, ja. Das letzte Mal, als wir uns gesehen haben, hat Tim mich mit in eine Fensternische gezogen und mich abgeknutscht. Seine Augen perfekt, seine Lippen unwiderstehlich, seine Ausstrahlung atemberaubend und sein Körper... da brauche ich nicht einmal anfangen. Es war wirklich traumhaft, wie in einem Film. Kribbeln im Bauch und Gänsehaut am Nacken. Er wusste, wie man Mädchen behandeln musste und wie man sie in den Arm nimmt. Habe ich zumindest gedacht. Denn danach hat er mir vorgeschlagen, nach der Schule mit ihm nach Hause zu fahren und einen Film anzusehen, ein wenig Spaß zu haben. Ich war so naiv und habe sogar darüber nachgedacht, allerdings haben mich die Jungs davon abgehalten, als ich ihnen davon erzählt habe. Sie haben gemeint, dass es nur eine schöne Umschreibung von Sex war. Nachdem ich nett davon abgelehnt und ihm klar gemacht habe, dass ich es lieber langsam angehe, hat er gesagt, dass es völlig okay sei und hat mich daraufhin noch einmal leidenschaftlich geküsst. Seitdem meldet er sich nicht mehr und ignoriert jede Art von Blickkontakt, Nachricht oder Anruf.
Tim Greenberg. Das war also mein erster Kuss. Und so schnell habe ich meinen ersten Korb kassiert. Wie es meinem Ego zurzeit geht? Miserabel! Aber danke der Nachfrage, ich versinke nämlich zurzeit in Selbstmitleid.
Glücklicherweise kommen wir gerade bei der Zimmernummer 418 an, sodass ich nicht länger über diesen Vollidiot denken muss. Meine Sorge gilt nämlich gerade nur den Jungs. Urplötzlich verschwindet ihre lustige Stimmung, denn sie machen weder Scherze über mein nicht vorhandenes Liebesleben noch über meine ebenfalls nicht existente Ausdauer.
Erst einmal habe ich diesen Gesichtsausdruck bei ihnen gesehen, das weiß ich, doch ich kann mich nicht mehr erinnern, wann es gewesen war. Die Kiefermuskeln angespannt und ihre Augen wie hypnotisiert stehen sie also wie Zombies vor dem Zimmer ihres Freundes und haben schiss hineinzugehen. Sie trauen sich nicht einmal, einander anzusehen, die Türschnalle scheint viel interessanter zu sein. Unsicher treten sie von einem Bein auf das andere hin und her, kratzen sich am Hinterkopf und signalisieren damit jedem Blinden mit dieser Körpersprache, dass sie diese verdammte Tür nicht öffnen möchten. Da habe ich es wohl mit den ganz harten zu tun. Klassenclowns und Herzensbrecher, doch einem Verletzten können sie nicht gegenüberstehen? Genervt von dieser Trödlerei stapfe ich nach vorne, schiebe Call, der mir den Weg versperrt, sachte zur Seite, womit ich bewirke, dass sie mich ansehen. ,,So schlimm wird er schon nicht aussehen. Atmet dreimal tief durch und setzt ein nettes Lächeln auf. Oder wollt ihr, dass euch derjenige im Krankenbett bemitleidet?", sage ich möglicherweise eine Spur zu gleichgültig.
Daraufhin seufzen sie und Will legt seinen Kopf verzweifelt in den Nacken, ehe er mit den Händen über sein Gesicht fährt. Adam schluckt trocken und nickt daraufhin. "Gut. Wir sind bereit Jungs, oder?", fragt er so unsicher, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Was ist plötzlich los? Mich überkommt nun selbst ein mulmiges Gefühl. "Auf drei", sage ich jetzt mit einer etwas sanfteren Stimme als zuvor.
Call legt seine Hand ermutigend auf Wills Schulter, Sami hingegen versteckt seinen Kopf mit verschlossenen Augen unter der großen Kapuze seines Hoodies.
Sie sehen echt mies aus. Ich weiß nicht, was uns hier erwartet, aber schön langsam bekomme ich es mit der Angst zu tun. Erst jetzt bemerke ich, dass sich an Wills Stirn möglicherweise ein leichter Schweißfilm gebildet hat. Elliot ist sein Bruder, sie teilen das gleiche Blut. Ist doch selbstverständlich, dass es ihm am übelsten geht. Doch warum ist seine Freundin heute nicht mit dabei? Bei diesem Gedanken finde ich es wirklich rührend, dass ich dabei sein darf.
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Chewing Gum
Mizah(Gib dem Buch eine Chance, die Beschreibung ist mir nicht so ganz gelungen - ist noch in Arbeit ;)) Langsam enthüllt man den Kaugummi aus seiner Verpackung, nur um daraufhin eine kleine Geschmacksexplosion auf seiner Zunge zu spüren. Genüsslich kaut...