"Nach dem Shot rennst du aber nicht wie vorhin einfach weg", flüstert er geheimnisvoll in mein Ohr, widerwillig drehe ich mich zu ihm um. Ich muss grinsen. Er hat mich erneut angesprochen.
"Was hast du denn gegen mich in der Hand?"
„Nichts. Wollte nur sehen, ob die Neue zu feig ist, mit mir zu tanzen", provoziert mich Tim absichtlich. „Kein Ding, hatte gedacht, du bist interessanter als die anderen. Hab mich dann wohl getäuscht", fügt er hinzu und füllt sich schließlich selbst ein Shotgläschen an.„Hey Tim, komm mit uns mit kiffen, die anderen sind auch schon draußen", lallt ein Mädchen neben uns und sieht ihn mit roten Augen verführend an. „Ich komm gleich nach", lügt er, das kann ich sofort sehen, da er mich nicht aus den Augen lässt. Als hätte er nur für mich Augen. Diese blauen Augen, die auf mich herabsehen und gefangen halten. Ruhig bleiben, verhalte dich normal. Lass dir den Eristoff, das Bier und die drei Shots nicht anmerken.
„Ja, womöglich hast du dich getäuscht", gebe ich sarkastisch von mir und sehe dem Mädchen amüsiert hinterher. Als ich wieder zu Greenberg sehe, leckt er sich gerade schmunzelnd über die Lippen. Diese vollen, rosa Lippen. Gönn dir, hat Sami gesagt. Was genau hat er damit gemeint? Probieren würde ich schon gerne, wie sich so ein Kuss anfühlt.
Ich starre womöglich etwas zu lange auf seine Lippen, denn er stößt mit mir an und sagt mysteriös: „Zeig mir bitte gegenteiliges." Daraufhin exen wir die Shots und er bringt mich an der Hand zur Tanzfläche. Und oh, wir tanzen. Tim, zwei Köpfe über mir, scheint es ein Kinderspiel zu sein, seinen Körper in Szene zu setzen und sich im Rhythmus der Musik zu bewegen. Ich weiß nicht wie ich aussehe, doch mir ist es im Moment egal, denn die Musik wird immer besser und meine Bewegungen hemmungsloser. Um Tim bildet sich ein immer größer werdender Fanclub, weshalb er mich an der Hand nimmt und näher zieht, damit sie uns nicht trennen.
Hier ist es heiß.
Er ist heiß.
Er berührt mich.
Nun greift er auch zu meiner zweiten Hand, legt meine beiden Hände um seinen Hals, um mich kurz darauf an der Taille näher zu ziehen. Wieso ist er so wunderschön? Wieso bringt er mich so zum Schmelzen?
„Du siehst scharf aus in deinem Outfit", murmelt er mir ins Ohr, ehe er mich mit einer geschickten Handbewegung dazu bringt, mich einmal um meine eigene Achse zu drehen. Keinen Augenblick später zieht er mich wieder nah zu sich und bietet mir ein intensives Blickduell.
„Du bist wirklich anders", haucht er kaum hörbar und ich merke erst jetzt, dass wir der Menschenmasse entkommen sind und jetzt am Rande des Raumes stehen.Hat er das wirklich zu mir gesagt? Ich bin anders, wenn du das sagst, Tim. Soll ich darauf antworten? Was stellt er mit mir an? Wieso muss ich ständig an seine Lippen denken?
Als herrsche eine magische Anziehungskraft zwischen uns, bückt er sich immer weiter zu mir runter und ich strecke meinen Kopf langsam zu ihm hoch. Ein letzter Augenkontakt, dann passiert es.
Seine weichen, perfekt geformten rosa Lippen landen auf meinen, bewegen sich im Spiel miteinander. Meine Lippen kribbeln, Tim leistet beste Arbeit und seine Hände, oh seine Hände, halten mich fest, streicheln mich. Meine Hände liegen an seiner Brust und ich spüre nichts als entspannte Muskeln.
Es dauert nicht lange, da bieten sich unsere Zungen einen kleinen Kampf, bis seine gewinnt und mir zeigt, was ein richtiger Kuss ist. Leidenschaftlich. Leicht drückt mich Tim gegen die Wand und küsst mich minutenlang. Die Zeit wirkt unendlich.
Wir tanzen wieder. Küssen uns. Tanzen erneut. Er küsst mich am Hals. Ich nehme seine Hand. Wir tanzen hautnah.
Plötzlich sehe ich die Wanduhr hinter ihm und bemerke die Zeit. Halb zwei. Ich fühle mich wie Cinderella.
„Ich muss los", teile ich ihm seufzend mit.
„Ach, bleib doch noch ein wenig. Das war unglaublich schön", raunt er mir ins Ohr und streicht mir dabei einige Strähnen aus dem Gesicht. Mustert mich erneut mit den atemberaubenden Augen. Obwohl ich kurz abgewägt habe, wie sauer John wäre, wenn ich etwas später heim käme, entscheide ich mich dagegen. Ich kann ihn nicht schon beim ersten Mal feiern gehen enttäuschen.Nach einem langen Abschiedskuss, von dem ich mich nur widerstrebig lösen kann, habe ich noch 20 Minuten, bis ich daheim sein sollte. „Wir sehen uns", verabschiede ich mich prompt und verschwinde in der Menschenmenge. Ich kann meine Gedanken nicht sortieren. Tim Greenberg hat mich geküsst. Adam, wo bist du? Oder Austin, bist du noch hier?
Ich hinterlasse beiden unzählige Nachrichten, doch natürlich bekomme ich keine Antwort. Meine Lippen kribbeln. So viele Leute starren mich an. Wieso fühlen sich meine Beine auf einmal wie Blei an? So viele betrunkene Leute.
Nachdem ich beide Stockwerke und den Garten abgesucht habe, bekomme ich schon Angst, dass sie mich alleine hier gelassen haben. Doch dann höre ich Stimmen aus dem Badezimmer kommen. Ist da möglicherweise Austin dabei? Ich öffne die Tür einen Spalt und kenn zwei Jungsköpfe. Einer sitzt auf der Badewannenkante und der andere... oh! Schnell mache ich die Tür wieder zu und versuche, das Bild aus meinem Gedächtnis zu löschen - das ist mir dann doch etwas zu intim.
Dann muss ich wohl oder übel John anrufen, damit er mich abholt. Doch um ein ungestörtes Gespräch mit einem Erwachsenen gewährleisten zu können, verschwinde ich hinter er nächstgelegenen Tür, um in normaler Lautstärke mit ihm reden zu können. Noch ehe ich auf anrufen drücken kann, stürze ich über etwas. Aua, ich hätte vielleicht das Licht anmachen sollen. "Sam?", höre ich aus der Dunkelheit und erschrecke mich augenblicklich. Ich kenne die tiefe Stimme doch... "Adam? Ich hab dich überall gesucht! Wo ist der verdammte Lichtschalter?"
"Schreib mir, sobald du daheim angekommen bist", höre ich ein Mädchen mit honigsüßer, klarer Stimme reden. Wer ist das? Ich kann nur eine schwarze Silhouette erkennen, die aus dem Zimmer flitzt und dabei das Licht einschaltet.***
„War das das Mädchen?", frage ich flüsternd auf dem Heimweg, wobei ich wieder Shotgun sein darf, da Sami total hinüber auf der Rückbank schläft. Adam grinst nur verräterisch und sieht weiterhin schweigend auf die Straße.
„Sie ist süß", füge ich hinzu.
„Du kennst sie ja nicht einmal", erwidert er nun doch nach einigen Sekunden.
„Aber ich habe ihre Stimme gehört", daraufhin schüttelt er seufzend den Kopf.
Anstatt das Gespräch weiterzuführen, schneidet er ein anderes Thema an:„Wie ist es mit Greenberg gelaufen?" Oh, Greenberg. Ich würde dich am liebsten erneut küssen. Dieses göttliche Auftreten, dieses Selbstbewusstsein.„Sam?", reißt er mich aus meinen Gedanken.
„Äh ja, fabelhaft ist es gelaufen", antworte ich träumerisch und lasse mich tiefer in den Sitz sinken.
„Wie fühlt es sich an, den Champ abzubekommen?", fragt er schmunzelnd und sieht zu mir, ehe er bei der Einfahrt der Hendersons stehen bleibt.
„Traumhaft, ich habe zwar keinen Vergleich, aber oh Mann, küsst er gut! Und dann noch seine Augen. Ich habe nicht gewusst, dass er Australier ist. Ich habe generell nicht gedacht, dass er so hübsch ist. Und nett! Ständig hat er mir Komplimente gem-", schwärme ich, doch werde sogleich von einem gequälten Geräusch von der Rückbank unterbrochen.
„Hör doch auf, ich hab schon genug Kopfweh", meldet sich Sami zu Wort, sodass Adam unf ich lachen müssen.
„Sorry, Sami. Kommt gut heim!", verabschiede ich mich, jedoch hält mich Adam noch kurz auf. „Sam!", ruft er, als ich dabei bin, die Tür zu schließen. Erneut brummt Sami lustlos. Wir ignorieren ihn beide.„Die Jungs und ich besuchen in einer Woche Elliot. Ich hab heute nochmal mit ihnen geredet und wir dachten uns, dass du ihn auch kennenlernen solltest. Da du ja jetzt Teil von uns bist. Das Krankenhaus ist zwar eine schlechte Gelegenheit dazu, jedoch wird er sich sicherlich freuen. Überleg es dir einfach noch."
Okay, wow. Ein bisschen zu viel Wörter zum verarbeiten für meinen Kopf zu dieser Stunde. Mit so viel Promille. Deswegen nicke ich bloß und wünsche beiden eine gute Nacht.Ich kann nämlich gerade nur an eines denken: Tim Greenberg. Ich kann plötzlich verstehen, warum alle Mädchen so ein Theater wegen eines Jungens machen können. Er ist ein Himmelsgeschöpf.
Tim Greenberg, ich werde von dir Träumen.
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Chewing Gum
Mizah(Gib dem Buch eine Chance, die Beschreibung ist mir nicht so ganz gelungen - ist noch in Arbeit ;)) Langsam enthüllt man den Kaugummi aus seiner Verpackung, nur um daraufhin eine kleine Geschmacksexplosion auf seiner Zunge zu spüren. Genüsslich kaut...