Kapitel 38

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Weg.

Ich war einfach rausgestürmt, raus aus Calum's Traum, aber erst nachdem ich den Kuss erwidert hatte und wir uns minutenlang geküsst haben und nachdem seine Zunge irgendwie in meinem Mund war.

Mein ganzer Körper hat gekribbelt und mir war so warm und ich war einfach sooo zufrieden...

Aber dann war mir eingefallen, dass das Calum war, den ich da küsste. Und dann bin ich weggerannt. Ohne ihn noch einmal anzusehen, bevor ich durch seine Traumtür in den Korridor gegangen war. Und dann war ich in meinen Traum geflüchtet, hoffte, dass er mir nicht folgen würde, dass ich ihm deswegen keine Erklärung bringen musste. Denn die schuldete ich ihm, hatte sie aber nicht. Ich hatte keine Erklärung für mein Verhalten.

Was dann passiert war, weiß ich nicht mehr. Am nächsten Morgen stand ich wie immer auf, aß wie immer etwas und machte mich danach fertig. Ich lief wie immer mit Jack zur Schule, nur dieses Mal redete ich nicht so viel wie sonst mit ihm. Ich redete so gut wie gar nicht. Aber ihn schien das nicht zu stören, denn er lästerte nur kurz über seinen übergewichtigen, schwitzenden und schnaufenden Lehrer mit den ekeligen Nasenhaaren (>>Er ist grau. Seine Haare auf dem Kopf sind grau, seine Augenbrauen sind grau, sein Bart ist grau und seine Schambehaarung sicherlich auch. Wieso müssen seine Nasenhaare denn so dunkel sein? Wieso?!<<) und war den Rest des Weges mit seinem Handy beschäftigt.

Ich hatte meins ja wieder, warum ich mich nicht mit dem beschäftigte, wusste ich nicht.

In der Schule versuchte ich Calum aus dem Weg zu gehen, was schwierige war, denn er schien einfach überall zu sein. Vielleicht bildete ich mir das aber auch nur ein.

Schlussendlich verkroch ich mich wieder in der Bibliothek. Dieses Mal nutzte ich aber nicht den überdimensional guten WLAN-Empfang aus, sondern machte meine Hausaufgaben, damit ich sie heute Nachmittag nicht machen musste, denn ich wollte endlich mal wieder ein neues Cover aufnehmen und vielleicht auf Youtube stellen.

Auch Michael versuchte ich zu ignorieren, was ebenfalls schwierig war, weil wir nebeneinander saßen.

Aber ich redete einfach nicht mit ihm, machte still meine Aufgaben und versuchte auch nicht sonderbar aufzufallen. Dieses Mal summte ich noch nicht einmal leise, spielte nicht mit meinen Stiften und auch das mit dem Fuß zu wippen ließ ich sein. Ich war einfach still.

Zuhause aß ich mit Mum, weil noch niemand anderes da war und hörte mir ihre Geschichten an, die sie immer zu erzählen hatte, wenn sie heim kam. Manchmal waren sie ganz lustig, aber manchmal waren sie einfach zum Sterben langweilig. So wie heute.

Ab und an rang ich mir ein Lächeln ab, ihr zu Liebe.

Danach verschwand ich sofort auf meinem Zimmer und suchte in meiner Playlist nach einem passenden Lied. Schnell fand ich eins, machte es an und stellte es so ein, dass es sich immer wieder wiederholte. Nebenbei machte ich meinen Computer an und suchte nach dem Text mit passenden Akkorden. Ich spielte sie ein paar Mal zu dem Lied um ein Gefühl für den Song zu bekommen und machte mich dann daran, den Text auswendig zu lernen.

Als alles dann okay war, nahm ich es auf und wollte es auf Youtube stellen. Würde ich die anderen denn jetzt eigentlich hintergehen? Ich biss mir auf die Unterlippe. Das würde so wirken, als wenn ich jetzt so ein Solo-Ding durchziehen wollen würde... Kurzerhand fügte ich in die Beschreibung den Link zu 5 seconds of summer ein und lud es dann hoch.

Zufrieden lehnte ich mich zurück und starrte den Bildschirm grinsend an.

So ging es einige Tage. Ich versuchte Michael und Calum so gut es ging zu ignorieren und verfiel langsam aber sicher zurück in mein altes Muster. Ich fing wieder an zu zocken, ließ mein Handy nie aus den Augen und versteckte mich in der Schule immer in der Bibliothek. Es schien niemanden zu stören, noch nicht einmal Michael und Calum hatten den Kontakt zu mir gesucht. Da sah man mal, dass ich ihnen nicht wichtig war. Ash hatte ein paar Mal mit mir geschrieben und auch in der Gruppe, wo er fragte, wann wir uns denn mal wieder treffen würden. Aber niemand antwortete.

Und es bedrückte mich. Es bedrückte mich total, es machte mich verrückt. Ich hatte Calum geküsst, nein, er hatte mich geküsst. Da hatte ich gerade die Chance, einen Freund zu finden, einen Kumpel, und dann küsste er mich einfach!

Aber... ich konnte nicht verneinen, dass es mir nicht gefallen hat. Es hatte mir verdammt nochmal gefallen und genau da lag das Problem. Das, was mich belastete, was mich bedrückte, was mir die Kehle zuzudrücken schien. Ich musste mit jemanden darüber reden.

Und so fand ich mich selbst vor Ben's Zimmertür stehend wieder, während ich überlegte, ob ich es ihm sagen sollte oder nicht. Mum nahm alles immer zu ernst, mit Jack konnte man über so etwas gar nicht reden und Dad... wie sollte ich Dad erklären, dass ich im Traum einen Jungen geküsst habe, oder er mich geküsst hat und es halt kein normaler Traum war sondern ein komischer, realer Traum, den wir beide jeweils steuern konnten und uns somit nicht einfach nur im Traum, dem Produkt meines Unterbewusstseins, geküsst hatten, sondern irgendwie so richtig?

Ben blieb einfach über und jetzt konnte ich nichts anderes als hoffen und beten, dass er das alles total locker nahm.

Schwul, dachte ich mir. Würde er mich so nennen? Musste ich ihm sagen, dass wir auf eine gewisse Art und Weise rumgemacht haben und uns nicht nur geküsst haben? Würde er mich als schwul 'beschimpfen'?

Als ich neu an die Schule kam, war da auch ein Junge, der schwul war. Er hatte sich mehr oder weniger freiwillig geoutet und wurde von da an nur noch gemobbt. Aber so richtig gemobbt. Was ist, wenn Ben es Jack erzählen würde und er es dann seinen Freunden erzählen würde, die es dann der ganzen Schule erzählen würden? Würde ich dann auch gemobbt werden?

Es war einfach nur eine total beknackte Idee, doch da hatte ich schon geklopft und Ben's Stimme ertönte von innen. Ich gab mir selbst einen Ruck, ging rein, lehnte die Tür hinter mir an und sah dann zu meinem großen Bruder, der auf seinem Bett saß und die Nase in ein Buch gesteckt hatte.

>>'Ein Sommernachtstraum'?<< fragte ich mit zusammengezogenen Augenbrauen, als er das Buch schnell versuchte unter dem Kissen zu verstecken.

>>Problem damit?<< fragte er mich mit den gleichen zusammengezogenen Augenbrauen. Schnell schüttelte ich den Kopf, wollte jetzt keinen Streit anfangen. Dann setzte ich mich zu ihm aufs Bett und sah erst einmal nur auf meine Hände.

>>Was ist denn los, Lukey?<< fragte Ben mich und sah mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an.

>>Also... im Traum...<< fing ich an und spielte immer nervöser mit meinen mittlerweile zittrigen Händen.

>>Haben Joey oder Michael dir was angetan?<< fragte er mich sofort panisch. Schnell schüttelte ich den Kopf.

>>Calum und ich...<< versuchte ich es weiter.

>>Ihr solltet euch doch eine Pause nehmen!<< unterbrach er mich wieder und seine Blicke sprachen Bände. Er würde mich am liebsten würgen.

>>Haben wir doch auch! Wir waren nicht im Korridor sondern haben uns nur besucht!<<
Das würde schwieriger werden als erwartet. >>Und da ist mir oder ihm oder weiß nicht wen etwas Komisches passiert.<< murmelte ich noch. Ich war so knapp davor, ihm zu sagen, dass ich Calum geküsst hatte, dass ich einen Jungen geküsst hatte und ich war der festen Überzeugung, dass ich es ihm auch sagen würde. Und weil ich so fest entschlossen war, bemerkte ich gar nicht wirklich, wie sich Ben's Zimmertür öffnete und jemand hereinkam, sondern holt tief Luft und sagte: >>Calum und ich haben uns geküsst.<<



Meinungen? Kritik? Ideen, wer reingekommen ist oder wie Ben darauf reagiert?

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xx_Mrs_H♡♡dings_

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