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Sommer 2014

"Linus, tanzt du mit mir?", fragte Louisa lächelnd und ich nickte. Es lief gerade Give me love von Ed Sheeran und nun tanzten wir lächelnd miteinander. "Und, bist du schon aufgeregt, Rihanna zu treffen?", fragte sie lächelnd. Ich schüttelte jedoch meinen Kopf. "Ich mag sie und ihre Musik nicht wirklich. Ist alles nur Computerstimme." Louisa kicherte. "Na wenn du meinst." Sie drehte sich und ich zog sie wieder zu mir, legte meine Hand wieder an ihre Hüfte. Ich sah ihr in ihre grünen Augen.

Aus dem Augenwinkel sah ich Mason, der mich anschaute. selbst von dieser Entfernung spürte ich seinen Hass mir gegenüber. "Hast du Angst vor ihm?", fragte Louisa leise, damit nur ich es hörte. "Nein, wieso sollte ich?", stellte ich die Gegenfrage. "Er hat es auf dich abgesehen. Das mit dem Shampoo war er ja auch. Sieh dich nur an." Ich lachte. "Ist egal. Haare wachsen wieder nach."

Louisa hatte Recht: Ich sah schlimm aus. Vor zwei Wochen hatte mir Mason etwas in mein Shampoo geschüttet, weswegen ich keine Haare mehr auf dem Kopf hatte. "Ist das nicht schlimm für dich? So mit Glatze herum zu rennen?", fragte die Kleine Rothaarige wieder. "Nein. Ich mach mir da nichts draus. Es ist mir auch egal, wenn die Leute mich deswegen dumm anschauen." "Aber du wurdest sogar bemitleidet, weil sie dachten, du machst eine Chemotherapie." Ich zuckte mit den Schultern. "Leute denken das, was Sie denken wollen und Sie sehen das, was Sie sehen wollen. Außerdem sehen dann die Krebskranken Kinder morgen, dass es nicht schlimm ist, mit Glatze herum zu rennen. Ihre Eltern bemitleiden sie doch nur. Erinnerst du dich noch an letzte Woche? Wo der Vater das Kleine Mädchen angeschrien hat, weil sie wegen der Chemo keine Haare mehr hatte?" "Ja, die Achtjährige, die schon Modeln musste", sagte Lou kopfschüttelnd und ich nickte. "Ich hasse solche Leute."

Nach dem der Song zu Ende war, machten wir uns fertig und liefen dann gemeinsam als Gruppe zu den Autos, wurden zugeteilt und fuhren dann zum Stadion. Als wir Rihanna trafen, freuten sich alle. Alle bis auf mich. Ich fand sie nicht besonders. Damit war ich wahrscheinlich dann auch der Einzige.

Die Stunden der Probe vergingen recht schnell. Immer wenn ich tanzte, egal für wen, verging die Zeit wieder rasend schnell. Wir verabschiedeten uns und fuhren dann wieder ins Hotel, wo es unser Essen gab. Danach nahm ich eine Dusche und legte mich schlafen.

Am nächsten Morgen wurde wieder an meine Tür gehämmert, damit ich aufstand. Jeden Morgen um 6.30 Uhr das Gleiche... Müde und noch völlig erschöpft stand ich auf, ging ins Bad und machte mich fertig. Gut, dass ich keine Haare waschen brauchte. Schließlich hatte ich keine mehr. Dafür musste ich Mason mal danken. Immerhin brauchte ich jetzt nicht mehr so lange im Bad! Genau! Das würde ich gleich beim Frühstück erledigen!

Nach dem ich Zähne geputzt hatte, und meine anderen Sachen meiner Morgendlichen Routine, lief ich mit meinen paar Sachen zum Fahrstuhl. In der Lobby wartete unser Tourchef Lewis, dem ich meine Türkarte gab und er schickte mich dann gleich in den Essenssaal. Dort traf ich wie erwartet Mason, der mich nur dumm angrinste. Lächelnd ging ich zu ihm. "Guten Morgen, Mason. Ich muss dir jetzt wirklich mal danken. Da ich durch dich keine Haare mehr habe, brauche ich nun im Moment nicht mehr so lange im Bad." Ich nahm seine Hand und schüttelte sie. "Vielen Dank." Dann ging ich grinsend zu meiner Gruppe, die mich alle angrinsten.

Ich setzte mich zu Louisa. "Ich bin stolz auf dich", lachte sie. Ich grinste nur und wenig später wurde uns unser Frühstück serviert. Hm, lecker, Proteinshake und Tabletten. "Was machst du so während der Pause?", fragte mich Maik. "Weiß nicht. Zeit mit meiner Familie verbringen, würde ich sagen. Ihr so?" "Ich verbringe Zeit mit Neico", grinste Louisa verträumt. "Und ich Zeit mit meinem Sohn." Ich sah Kjell lächelnd an. Er war mit 26 Jahren der Älteste und war vor ein paar Wochen Vater geworden. Es würde übermorgen auch der letzte Auftritt mit ihm sein, was mich persönlich etwas traurig machte.

"So, gleich geht es in die Krebsklinik. Wir besuchen wieder die Kranken Kinder und alle werden sich verstehen!" Dabei sah unser Tourchef besonders Mason an. Wir nickten, tranken aus und liefen dann in einer Gruppe in die Tiefgarage.

Im Krankenhaus wussten die Schwestern und Ärzte Bescheid und brachten uns sofort zu den Kindern. Ich ging in einen Raum mit Louisa, Riley und... (leider Gottes) Mason.

Als die Kinder (schätzungsweise zwischen Vier und Acht Jahren) und Eltern uns erblickten, wurden alle Augen groß. Ein Mädchen, welches keine Haare und einen Schlauch unter der Nase hatte, zeigte ungläubig auf mich. "Mummy! Daddy! I-ist das Linus?" Ich grinste. "Ja, der bin ich."

Ich ging zu dem Mädchen und nahm ihre Hand. "Wie heißt du?" "Emma", sagte sie schüchtern. "Hast du auch Krebs?" Ich schüttelte meinen Kopf. "Ich will nur zeigen, dass einem das nichts ausmachen muss, mit Glatze herum zu laufen. Schönheit kommt nämlich von innen", lächelte ich.

Emma setzte sich auf und umarmte mich. Lächelnd erwiderte ich ihre kleine Umarmung. "Wie alt bist du denn?" , fragte ich sanft. "Schon Sechs", grinste sie. "Und wenn ich groß bin, werde ich die beste Springreiterin des Landes", sagte sie stolz. "Dann lädst du mich doch hoffentlich mal zu einer Feier ein, oder?", grinste ich. "Vielleicht", kicherte sie.

Mittlerweile war ich schon das Dritte Mal in solch einer Klinik und jedes mal waren die Reaktionen und Emotionen anders. "Dann kämpfst du also schön gegen den Krebs?" "Der kann sich verpissen, ich brauch den nicht", lachte sie. Ich lachte ebenfalls leise. "Das ist eine gute Einstellung! So gefällt mir das!"

Ein Junge kam zu mir. Lächelnd hob ich ihn hoch und setzte ihn auf mein Schoß. "Und wer bist du?" "Das ist Benny. Er ist sehr schüchtern und redet selten", erklärte mir Emma. "Und was hast du für einen Krebs?", fragte ich Benny. Er zeigte nur auf seinen Hals, sah mich nicht an. "Lympfdrüsenkrebs."

Ich sah auf. Eine Frau- anscheinend die Mutter, hatte es gesagt. "Mittelstadium." Ich nickte leicht. "Aber das schaffst du, nicht wahr? Du bist doch stark. Ihr alle seid stark!", lächelte ich. Benny nickte nur leicht.

Dann lernte ich noch andere Kinder kennen. Sie alle hatten entweder Leukämie, Lungenkrebs, Hautkrebs, Lympfdrüsenkrebs und sogar einer mit Darmkrebs.

All' diese Kids hatten es nicht verdient. Niemand hatte so etwas wie Krebs verdient. Aber alle hatten mir versprochen zu kämpfen und das war das wichtigste: man musste kämpfen und niemals die Hoffnung aufgeben, egal wie fortgeschritten der Krebs war!

the dancer | boyxman ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt