II

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Langsam richte ich mich auf, lehne mich gegen die Wand, denn der Schwindel ergreift mich unerwartet. Ich schließe die Augen und versuche mich zusammenzureißen, doch mir wird kotzübel. Unbemerkt habe ich mich zurück verwandelt und stütze mich nun schwer atmend mit meinen Händen am Boden ab - schmerzhafte Idee. Was ist bloß los mit mir?

Ich öffne alarmiert meine Augen und richte mich gehetzt auf, denn sein schaler Gestank ist zu mir durchgedrungen. Die hochgewachsene Gestalt des Vampirs, der schon gestern unangemessene Fragen gestellt hat, lehnt entspannt an der Tür, seine schwarzen Augen mustern mich wachsam. Ein schwarzes, enganliegendes T-Shirt verhüllt seinen Körper, eine genauso tief schwarze Hose ziert seine trainierten Beine. An seinen Knien ist sie zerrissen und die helle Haut sticht wie die Strahlen des Mondes aus seiner düsteren Erscheinung hervor.

"Guten Morgen", begrüßt er mich freundlich.
"Lass mich mit deiner Schauspielerei in Ruhe", murre ich und verschränke die Arme vor meiner Brust. Sein Blick wandert an meinem nackten Körper entlang, ich nehme davon keine Notiz. Als seine Augen kurz meine verschorfte Schulter mustern und mich dann fragend anschauen, erwidere ich seinen Blick trotzig.

"Du kannst es dir einfach machen, Kleiner. Ich werde dir Fragen stellen und du beantwortest sie mir möglichst wahrheitsgemäß", bietet er mir an.
"Es ist ja schon irgendwie lustig... Was denkst du bloß von mir?", frage ich ihn belustigt.
"Ich werde dir rein gar nichts erzählen. Selbst wenn du nur den Wetterbericht von mir hören möchtest, Bastard." Glucksend gehe ich zu meiner Hose, die vernachlässigt über der Stuhllehne hängt. Unter seinem brennenden Blick ziehe ich mich an und drehe mich danach wieder zu ihm. Habe ich das arme Vampirchen beleidigt? Das tut mir aber - nicht - leid.

Er ist weg. Okay? Ich zucke nur mit den Schultern, nun gut, dann kann ich mich jetzt wichtigeren Dingen widmen. Kurz überlege ich, bevor ich die frisch angezogene Jeans wieder von meinen Beinen streife - meine verunstalteten Hände ignorierend. In Wolfsgestalt versuche ich einen anderen Geruch als seinen Gestank wahrzunehmen. Misstrauisch streifen meine Augen durch den Raum und suchen nach einer Auffälligkeit.

Winzige Löcher mit nur wenigen Millimetern Durchmesser sind in den Ecken an der der Decke eingelassen. Haben sie mich gestern Abend etwa mit Gift betäubt?!
Meine Überlegungen werden leider jäh unterbrochen, denn einige Vampire scheinen in meine Richtung zu kommen. Grob wird meine Tür aufgestoßen und ich werde an den Boden genagelt. Wütend knurre ich und schnappe nach ihnen. Ich verbeiße mich in einem Oberarm und jemand faucht mich aggressiv an. Plötzlich bricht der Knochen zwischen meinem Kiefer, er schreit gequält auf und lässt von mir ab. Weichei.

Etwas Spitzes wird in meine Schulter gerammt und ungewollt zieht sich mein Wolf zurück. Widerwillig beende ich meine Gegenwehr, denn als Mensch komme ich nicht gegen so viele an. Feindselig zerren sie mich aus dem Raum, ohne mir eine Erklärung zu liefern und ich kann einen kurzen Blick auf seinen Hinterkopf werfen. Seufzend lasse ich mich von ihnen über den Boden schleifen und sie verstärken ihren schraubstockartigen Griff bei diesem Geräusch, ich grinse nur. Schnell verstärkt sich die Kraft des Bannrings, unangenehm stark zieht er mich nun in Richtung des Raumes, in dem ich untergebracht bin. Was habe ich übersehen?

Schmerz schießt durch meine Venen, als ich in einen anderen Raum gezerrt werde. Ein tiefer Schnitt reicht von meinem Schulterblatt bis über meine linke Wade. Vielen Dank, denke ich mir sarkastisch, denn irgendetwas Scharfes scheint auf dem Boden gelegen zu habe.

Plötzlich werde ich losgelassen und knalle unsanft mit meinem Kopf auf den Boden. Als ich ihn anhebe, unterdrücke ich mir mein ungehaltenes Knurren jedoch. Soso, jetzt holen wir die Peitschen raus, ja? Er kommt langsam auf mich zu, man sieht ihm die Vertrautheit mit dem Werkzeug in seiner Hand deutlich an.

Resigniert seufzend packt er mich unter den Armen und stellt mich auf die Beine. Ich konzentriere mich auf den Wolf in mir und will dem Naivling vor mir eine Lektion erteilen, doch ich spüre ihn nicht. Verwundert runzelt sich meine Stirn und ich konzentriere mich stärker auf die Verwandlung, aber nichts geschieht.
"Du brauchst dich nicht anzustrengen, es wird nicht klappen", meldet er sich zu Wort. In einem Sekundenbruchteil hat mein Gesicht wieder jegliche Regungen verloren und ich schiebe diese Überlegung von mir. Er fesselt meine Handgelenke geschickt und befestigt sie über meinem Kopf, ich erwidere seinen Blick stur. Er wird mich sicher nicht einschüchtern.

Die Lederpeitsche ruht sicher in seiner Hand, sieht aber nicht sonderlich hinterhältig aus. Mit diesem einfachen Teil wird er eher an Schlafmangel verrecken, als dass er Informationen von mir bekommt...
"Meine Frage ist immer noch, ist dein Rudel Mitglied im dritten Bund?", emotionslos starrt er mich an. Ich bin mir sicher, er weiß schon längst welchem Rudel ich angehöre.

Seine Erscheinung spannt sich an, ich bereite mich auf den Schmerz vor und werde vom Blutsauger vor mir überrascht. Mit einem Knallen landet das dünne Leder auf meiner Brust, tausende kleine Widerhaken verankern sich in meiner Haut und zucken dann in einer flüssigen Bewegung wieder zurück. Der Schmerz durchfließt meine Adern, breitet sich in meinem Körper aus. Es ist so wie immer, bis auf dass der Rückhalt meines Wolfes fehlt. Alle Gedanken verziehen sich in den Hintergrund, nur die Qual bleibt.

Mein Geist schärft sich, fängt an aktiv zu werden und ich spüre die Schmerzen wie durch eine Mauer, als würde ich aus zwei Hälften bestehen. Die eine Hälfte ist nicht zu gebrauchen und windet sich wie ein elendiger Wurm unter der Folter, der andere Teil verdrängt eisern jegliches Gefühl.

Ausdruckslosigkeit zeichnet nun mein Gesicht, als das Instrument auf meine andere Brust niederschmettert und auch dort meine Haut in Fetzen reißt.
"Beantworte mir meine Frage", fordert er wieder und beobachtet, wie das Blut in kleinen Rinnsalen an meinem nackten Körper hinab fließt.
"Eher fick' ich deine Mutter", lache ich humorlos und seine Augen verdunkeln sich noch mehr, wenn das bei dieser Farbe noch möglich ist. Ein besonders harter Schlag trifft meinen Bauch und meine Finger krallen sich schmerzhaft in ihre Fesseln. Interessant, seine Mutter scheint ein wunder Punkt zu sein...

Noch ein Schlag, wieder meine blutige Brust.
"Antworte, Hund!", knurrt er mich an und noch ein Hieb fällt, bevor ich mich wieder vollkommen unter Kontrolle habe. Ein unkontrolliertes Zittern fährt durch meinen Leib und seine Augen lodern gefährlich.
"Glaub nicht, dass ich Gnade bei einem wie dir haben werde", speit er mir entgegen und der dritte Schlag trifft die mittlerweile klaffende Wunde. Meine Hände werden taub, so stark verkrampften sie sich ineinander. Immer schneller fließt das Blut, desto tiefer er die Wunden einreißt.

Er scheint mir eine ernsthafte Verletzung zufügen zu wollen, denn bei seinem nächsten Schlag auf genau diese Stelle spüre ich einen Muskel anreißen. Meinen Blick halte ich stur auf seine Augen gerichtet, in denen die weiße Färbung nach und nach immer übermächtiger wird. Um nicht Gefahr zu laufen, die Kontrolle über mich zu verlieren, blicke ich nicht auf meine verunstaltete Brust hinunter. Ein letzter Schlag, mein Körper verkrampft sich beängstigend und er kommt gefährlich auf mich zu. Zufrieden mustert er mich, jede Rationalität ist aus ihm gewichen und sein Finger presst sich provokant auf das von ihm freigelegte Muskelgewebe.
"Wir sehen uns morgen, Winzling."

Mit einem langen Blick knallt die Tür hinter ihm ins Schloss und mein zum Zerreißen angespannter Körper sackt von einer Sekunde zur anderen zusammen. In Strömen rinnt mein Blut an mir entlang und die Schwäche versucht mich einzunehmen. Mit großer Anstrengung dränge ich sie zurück und starre den Neuankömmlingen, die ich schon aus weiter Ferne kommen gehört habe, hoffentlich ungeängstigt entgegen. Ohne einen Kommentar lösen sie mich aus meinen Fesseln und packen mich entgegen meiner Erwartung nur an meinen Oberarmen. Schnellen Schrittes führen sie mich durch die Gänge und ich muss mich anstrengen um in meinem Zustand mit dieser Geschwindigkeit mitzuhalten. Doch ich werde einen Teufel tun, mir irgendetwas anmerken zu lassen.

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"Er ist schmerzlos." - "Schmerzlos?" -
"Er reagiert nicht auf meine Folter. Er scheint keine Schmerzen zu fühlen." Misstrauisch wendet er sich endlich zu mir und offenbart sein gezeichnetes Gesicht.
"Bist du dir sicher? Sein Körper trägt Narben, er ist sicher einiges gewohnt. Ich hatte mir erhofft, dass du nicht zu zaghaft wärst." - "Natürlich, Sir..."

Blood Feud (mxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt