Zwei Tage und einen Fick später, liege ich rücklings auf der Matratze und werde von meinem eigenen Körpergeruch abgestoßen. Gott, warum musste er mich auch nocheinmal durchnehmen? Ich war vorher schon kein duftendes Gänseblümchen...
Mein jetziges Zimmer befindet sich eindeutig weniger abgelegen, denn immer wieder kann ich in Wolfsgestalt einigen Vampiren zuhören, während sie irgendwelche Tätigkeiten verrichten. Neben meinem Raum scheint eine Art - sehr unordentlicher - Lagerraum zu sein, denn immer wieder veranstaltet jemand fluchend Radau darin und stört meine höchst sensiblen Gedankengänge. Ein paar Zimmer entfernt treffen sich fünf Vampire zu geregelten Zeiten, doch ich kann leider nie den genauen Wortlaut ihrer Gespräche verfolgen. Außerdem sind mehr Vampire in den Fluren in der Nähe unterwegs, das heißt für mich so viel wie mehr Ablenkung!
Wie lange kann es eigentlich dauern ein kleines Loch in der Wand zu reparieren und den Schraubenzieher und den Sechskant für mich unzugänglich zu verwahren? Von mir aus sollen sie sie auch dort liegen lassen, ich hätte damit keine Probleme aber eine Dusche - wenigstens ein Waschbecken - wäre mal ganz schön.
Ich merke selbst wie meine Gedanken nervös und unruhig hin und herspringen, unterschiedlichste Themen überdenken und mich doch keinen Schritt weiter bringen. Doch das scheinen sie auch nicht zu müssen, denn Shay betritt gerade den Raum. Abwartend ruht mein Blick auf ihm, immernoch auf dem Rücken liegend, denn für alles andere als meinen Kopf zu bewegen, bin ich zu träge. Allerdings schließt er die Tür ab und weckt somit mein Interesse.
"Ich könnte erstmal ein Bad gebrauchen, weißt du?", scherze ich. Die Scheu und das Misstrauen ihm gegenüber haben sich ein wenig entschärft, er hätte mir schon längst schlimmer zusätzen können, wenn er es gewollt hätte. Außerdem... - Schnell würge ich meine Gedanken ab, nein.Ungeachtet meiner Worte streift er sich die schwarze Strickjacke ab und ich seufze schon und fange an mich zu rekeln, als ich plötzlich erstarre. Er setzt einen Rucksack ab, den er anscheinend behelfsmäßig unter der dünnen Jacke versteckt hat und hockt sich angespannt vor ihn. Heraus zieht er ein langes, dünnes Messer und ich setze mich alarmiert auf. Geübt klemmt er es zwischen Hose und Gürtel und greift erneut in den Rucksack. Zwei weitere, kleinere Messer folgen, werden kundig in seinen Ärmeln untergebracht. Ohne genaue Gedanken fassen zu können, beobachte ich wie ein weiteres, großes Messer am Gürtel befestigt wird und er in jede Seite seiner Boots je eine Klinge gleiten lässt.
"Was wird das?", frage ich ein wenig verunsichert. Auch wenn ich ihn nur von der Seite betrachten kann und somit sein Gesicht nicht sehe, er ist angespannt und steht unter Druck.
"Komm her", befiehlt er mir harsch, doch ich nähere mich ihm trotzdem. Rüde greift er meinen Arm und hat mich in den nächsten Sekunden von meiner blauen, leuchtenden Fessel befreit, sodass ich ihn mit großen Augen fragend anstarre.
"Wir gehen", teilt er mir mit und schaut mich endlich an. Auf seinem Gesicht liegen Schatten, Dunkelheit wabert in seinen Augen und Härte zeichnet seine Züge. Wird das eine Entführung? Eine freiwillige? In die lang ersehnte Freiheit?"Wohin?", ist das einzige, was mich interessiert. Ich muss mich absichern, dass er mich auch wirklich in die Freiheit bringt, nicht, dass ich ihn in irgend einer Weise falsch verstanden habe.
Was das warum angeht - mir egal sobald er mich hier rausbringt.
"Möglichst weit weg von hier", antwortet er auf meine Frage."Verwandeln und folgen", weißt er mich knapp an und ich komme dem unverzüglich nach. Kurz schaut er mich intensiv an und es scheint, als wäre die Feindschaft zwischen unseren Arten für eine Weile begraben. Er streift sich die Jacke über, schultert den Rucksack und atmet einmal mit geschlossenen Augen tief durch.
Ich konzentriere mich auf unsere Umwelt, keiner scheint in der Nähe zu sein, doch ich traue dem Frieden noch nicht ganz. Lautlos öffnet er die Tür, schiebt sich hindurch und bleibt dicht davor stehen. Seine Hand gibt mir einen kurzen Wink, ich schiebe mich hinaus und er schießt nach rechts davon. Schnell und möglichst leise folge ich ihm, er gleitet durch die labyrinthartigen Gänge und gibt keinen Ton von sich, selbst das Atmen hat er eingestellt. Ich dagegen kann das Trappeln meiner Pfoten auf dem Boden nicht verhindern und kann auch meine Atmung nicht unterdrücken. Plötzlich bleibt er stehen, ich stoppe nur wenige Zentimeter hinter ihm und er manövriert sich in einer flüssigen Bewegung vor mich, presst mich mit seinen Beinen gegen die Wand. Am Ende des Ganges öffnet sich eine Tür, drei Frauen treten aus ihr hinaus. Wir sind nur notdürftig verborgen, ich frage mich, wie ich sie hatte nicht wahrnehmen können...
Sie biegen nach links ab, Shay ist keineswegs überrascht, denn er war während des Wartens kaum angespannt und presste mich nur sanft gegen den kühlen Stein. Er kennt die hiesigen Abläufe und Personen, ein riesiger Vorteil und daher geht es für uns nun unentdeckt weiter. Die Kelleranlage scheint riesig und unendlich, ich kann nur seiner Kenntnis vertrauen. Die Wahrheit verspottet mich regelrecht - ich hätte hier niemals allein herausgefunden. Über uns herrscht reges Begängnis, mindestens zehn Vampire, wenn nicht sogar zwanzig. Und als wären diese Gedanken der Anlass gewesen, steuert Shay zielstrebig eine Treppe an, sodass ich mich an ihm vorbei dränge und ihn zum Taumeln bringe. In einigen Millisekunden habe ich mich verwandelt.
"Da oben sind dutzende von euch!" Doch er nickt nur eisern.
"Ich weiß, die Wächter. Doch wir müssen dort hindurch, hier unten gibt es keine Möglickeit." - "Keine Fenster?", gebe ich zu bedenken und schlucke schwer, als er den Kopf schüttelt.
"Wir müssen nach rechts."Als Wolf gebe ich ihm den Weg wieder frei, er geht langsam und vorsichtig vor und ich folge ihm die steinerne Wendeltreppe hinauf. Ich nehme nur seine Bewegung wahr, als plötzlich ein dumpfer Schlag zu hören ist und eine dunkle Gestalt bewegungslos zu Boden rutscht. Das Licht wird heller, natürlicher und kündigt das baldige Ende dieses Versteckspiels an...
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"Der Arzt hat ihn untersucht, er trägt so gut wie keine Wunden." Der anklagende Unterton macht unmissverständlich sein Misstrauen deutlich.
"Ich habe die psychische Folter gewält, Sir", weise ich diesen indirekten Vorwurf von mir."Nun gut, lassen wir das." Er erhebt sich, kommt auf mich zu.
"Du wirst dir morgen im Saal vor den Augen aller die finalen Informationen erarbeiten. Danach ist er wertlos und ich werde ein Fest zum Anlass deines Aufstiegs bereiten lassen", offenbart er mir das schreckliche Ende meiner Prüfung.
"Ich fühle mich geehrt, Meister." Ich hoffe, er deutet das Zittern in meiner Stimme als ein erwartungsvolles Zeichen aufgrund der Hebung meines Ranges und nicht als das, was es wirklich ist - Angst.
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Blood Feud (mxb)
WerewolfEin junger Wolf findet sich nach einem Überfall auf sein Rudel in einem unbekannten Raum wieder. Schnell wird ihm bewusst gemacht, was der Grund seines Aufenthaltes ist - er soll Informationen über sein Rudel preisgeben, sonst wird er gefoltert. Doc...