XI

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Während ich immernoch in femininen Überlegungen umherschweife, macht er sich vorsichtig von mir los, sodass ich meine Gedanken schnell fallen lasse und ihn beobachte.
"Bleib liegen", sagt er nur ohne mich anzusehen und der Nebel, der sich um meine Wahrnehmung gelegt hatte, löst sich langsam. Was hatte ich mir da nur eingebildet...

Er hat sich nun also wieder angezogen und scheint schon wieder in seiner Welt angekommen zu sein. Im Gegensatz zu mir. Das Gefühl vollkommen befriedigt zu sein, mischt sich immer wieder ungewohnt unter meine Gedanken, ich bin vollkommen durcheinander.

Als er mich plötzlich berührt, zucke ich zusammen. Wann bin ich so verdammt nachlässig geworden? Sein dunkler Blick liegt ruhig und beständig auf mir, er wartet bis er meinen eingefangen hat. Langsam schiebt er seine Arme unter meine Kniekehlen und meinen Rücken und hebt mich vorsichtig an.
"Bleib einfach ruhig und schließ deine Augen. Ist das okay?" Auf was auch immer sich diese Frage bezieht - denn ich kann ihm doch eh nicht wiedersprechen - ich nicke bestätigend und lasse mich gegen seinen Körper sinken. Es hat den Anschein, als würde er sich kurz sammeln, bevor er sich in Bewegung setzt, vielleicht wartet er auch nur bis ich mich gegen ihn lehne.

Er verlässt mit mir den Raum, trägt mich durch die Gänge und ich beobachte neugierig meine Umgebung. Unerwartet kreuzt ein Vampir unseren Weg und bleibt stehen. Ich schließe wie erschrocken meine Augen, vielleicht habe ich schon ein Fünkchen Vertrauen in ihn gesetzt.
"Finnegan, selten trifft man dich hier an." Angesprochener seufzt nur, die beiden kennen sich also. Bekomme ich etwa einen Einblick hinter die Kulissen? Meine Spezies kennt sich schlecht mit Vampiren aus. Um sie zu studieren, sind wir zu stark verfeindet. Bevor viele Worte fallen können, geht man sich schon an die Kehle.

"Wem sagst du das. Warum muss ich auch hierher geschickt werden? Sollen das doch Bal oder Yennifer machen", schlägt er abschätzig vor.
"Ich weiß doch wie du es hasst hier unten zu sein", erwidert Shay nur einfühlsam.
"Wie einige nur freiwillig bei diesem Ungeziefer eingesetzt werden wollen." Seine Abneigung ist deutlich, ist er höher gestellt als Shay?
"Du kennst das doch, jeder begeistert sich für was anderes. Dein Gebiet würde mir absolut nicht liegen, du kannst ihren Platz nicht ausstehen." Ich spüre wie er mit den Schultern zuckt, doch das habe ich schnell übergangen. Er ist sprachgewandt, diplomatisch, Charaktereigenschaften die ich ihm eigentlich nie zugeschrieben hätte - er überrascht mich mit seinem Auftritt.

"Genauso wenig kann ich verstehen, wie du diesen Köter...", er spuckt ihm dieses Wort entgegen und sein Fingernagel bohrt sich leicht in meine Haut, wahrscheinlich um mich an seine Worte zu erinnern, oder doch eine emotionale Reaktion? "... auch nur anfassen kannst!" Bevor Shay dazu etwas erwidern kann, unterbricht ihn der Typ vor uns, der mir ganz plötzlich unsympathisch geworden ist.
"Jaja, ich weiß. Deine Aufgabe." Ich vermute er verstärkt seine Worte, indem er verächtlich abwinkt.
"Es stört mich nicht, falls du das denken solltest", hält Shay ruhig dagegen und plötzlich schallt ein unangenehmes Lachen durch den Gang.
"Oh ja, das haben wir alle gehört." Seine Brust spannt sich unter meiner Wange an, seine Hände umgreifen mich fester und ich halte gespannt die Luft an.
"Jason quält sich nur so durch die Gegend, weil er sich so anhört, als würdest du es ihm gut vorspielen", lästert er. Was für ein Bastard. Ich bin mir recht sicher, dass seine Lust mir gegenüber nicht nur gespielt war, doch trotzdem zweifle ich kurz...

"Lass uns das Thema hier beenden Finn", sagt er leicht amüsiert. "Er wird schwer." Wieder diese unangenehme Lache.
"Ich versteh' schon, wenn er früher aufwacht, ist hier die Hölle los. Diese Art von Aufmerksamkeit brauche ich nun wirklich nicht." Ich höre nur wie sich seine Schritte entfernen und Shay sich wieder in Bewegung setzt, auch sein Fingernagel zieht sich nun wieder zurück.

Ich wage es nicht, erneut neugierig meine Augen zu öffnen, um uns beide nicht in vermeidbare Gefahr zu bringen. Doch lange muss ich nicht mehr warten, denn seine linke Hand bewegt sich leicht, das Armband verrät mir, dass wir uns ein ganzes Stück entfernt haben.
"Halt dich fest", raunt er mir zu und ich schlinge einen Arm um seinen Nacken, bevor sein Arm meinen Rücken nicht mehr stützt. Leise Geräusche ertönen und ich betrachte die Kulisse vor mir. Er schiebt die schwere Silbertür vor uns auf und betritt anschließend langsam den Raum. Er setzt mich auf der schmalen Matratze ab und ich werde wieder an unsere gemeinsame Beschäftigung erinnert...

Ich bemerke, wie er sich misstrauisch umschaut, seine Augenbrauen sind zusammengezogen, als ich ihm meinen Blick zuwende.
"Was ist?", frage ich vorsichtig und sein Kopf schnellt zu mir, als hätte ich ihn aus seinen Überlegungen geholt.
"Der Raum...", murmelt er nur und ich schaue mich ratlos um. Man scheint mir nun auch das Waschbecken verwehren zu wollen -  wenn sie meinen. Doch sonst gleicht er fast meinem früheren, er ist höchstens ein wenig kleiner. Shay greift nach meinem Handgelenk und streift das blau leuchtende Armband mühelos ab, sodass ich seine Finger ungläubig anstarre. Ich wäre jetzt frei - doch er steht vor mir, das letzte Mal hat er mich fertig gemacht, außerdem ist mein Körper immernoch zittrig und irgendwie fehlt mir auch der nötige Antrieb dafür.

Also greift er in seine Taschen und fischt ein identisches Armband heraus, um es mir behutsam umzulegen. Sein Blick sucht den meinen, hält ihn eine Weile gefangen und er beugt sich zu mir herunter.
"Bis morgen." Er gibt mir einen zarten Kuss auf die Stirn und geht, ohne sich noch einmal umzusehen. Verträumt sinkt mein Körper auf die harte Matratze und ich starre die Decke an, bis die alltägliche Betäubung wirkt...

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"Setz dich" Wie befohlen lässt er sich vor mich auf die Knie sinken und blickt zu mir auf. Meine Augen ruhen ununterbrochen auf ihm, analysieren ihn. Ich möchte nicht, dass ein guter Mann wie er Schäden von einer Aufgabe davonträgt, die ihn eventuell später in seiner Arbeit behindern könnten.
"Erzähl mir von ihm." Sein Körper beugt sich müde nach vorne, er geht einer sehr anspruchsvollen Aufgabe nach...

Blood Feud (mxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt