Sommer, Sonne, Kaktus!

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Durch die warme Sommerluft komme ich mir vor wie in einem gigantischen Backofen. Das einzige was diese unmenschlichen Temperaturen halbwegs ertragbar macht ist der lauwarme Wind, der rauschend durch die Baumkronen zieht. Die Straßen sind voller Menschen. Nichts ungewöhnliches hier in Berlin. Doch in solchen Momenten wäre ich lieber allein. Die Großstadt bietet einem zwar eine gewisse Anonymität, jedoch ist man nie wirklich für sich auf den Straßen.
Wie Lukas das wohl macht, wenn er nach draußen geht? Sicherlich gibt es einige, die ihn von seiner Arbeit als Musiker kennen. Kann er sich überhaupt noch frei bewegen in der Öffentlichkeit? Fragen werde ich ihn das sicher nicht, dennoch würde mich das sehr interessieren. Genau so worum es vorhin ging, als ich in der Küche war. Hat ihn jemand auf sein "reptilisches Dasein" angesprochen und das Thema war ihm so unangenehm, dass...

"Huch, entschuldigen Sie", reißt mich die schrille, empörte Stimme einer älteren Dame aus meiner Gedankenwelt. Mein schusseliges, abwesendes Ich hat mal wieder beste Arbeit geleistet. Als ich nach unten schaue sehe ich meine schmutzigen Vans, wie sie auf dem langen, blumengemusterten Rock der Dame stehen und sie am Weitergehen hindern. Sofort mache ich einen Satz zur Seite und entschuldige mich überschwänglich bei der Frau: "Verzeihung, das tut mir wirklich sehr Leid. Ich habe sie nicht gesehen und... " "Nicht so wild, ich habe mich nur etwas erschrocken", winkt diese nun freundlich ab. Mit dieser Art von Reaktion hätte ich nicht gerechnet, da sie ziemlich aufgebracht wirkte. So lächle ich sie einfach an und wünsche ihr noch einen schönen Tag, bevor ich die mittlerweile grüne Ampel überquere.

Auf der anderen Straßenseite angekommen sehe ich die Eisdiele, welche nur zwei Straßen von unserer kleinen aber feinen Mietwohnung liegt. Ein kühles Eis wäre jetzt genau das Richtige um meine hitzigen Gedanken etwas abzubremsen. Prüfend krame ich in meiner Hosentasche und finde nach kurzem Suchen ein 2€ Stück. Es glänzt in der Sonne und ich lese das Pressdatum ab: 2016. Ganz neu also. Eigentlich hebe ich Münzen in perfektem Zustand gerne auf, aber da ich sonst kein Geld finde, muss ich wohl damit mein Eis finanzieren. Was bringt es mir auch irgendwann nur neue, glänzende Geldstücke im Portemonnaie zu haben? Richtig, nichts.

Mit meinen 2€ fest in der Hand trete ich in den offenen Laden ein. Eine Frau bedient gerade ein kleines Mädchen, welches sich Schokoladeneis kaufen möchte. Ich schaue interessiert über die Schulter des Mädchens, um schon vorab zu entscheiden, welche Sorte Eis ich möchte. Als das Mädchen zufrieden mit ihrer Eiswaffel den Laden verlässt, habe ich mich entschieden. "Eine Kugel Pistazie und eine Kugel Walnuss in der Waffel, bitte", gebe ich meine Bestellung auf. Meine zwei Lieblingssorten.

Genüsslich mein Eis essend gehe ich weiter die Straßen entlang. Meine kurzen Haare wehen mir immer wieder ins Gesicht und ich streiche sie alle paar Sekunden energisch zurück an ihren Platz. An der linken Seite sind sie zwar nur wenige Zentimeter lang, an der rechten jedoch gehen sie mir bis knapp übers Ohr. Und da mein Scheitel eher links liegt fallen die etwas längeren Haare ständig in mein Gesicht. Da ist es doch echt eine Überlegung wert, sie noch kürzer zu schneiden.

In Gedanken versunken setze ich mich auf eine Bank am Wegrand und richte meinen Blick auf die saftig grünen Blätter der Bäume, die sich sachte dem Wind beugen. Wo mich mein Leben wohl noch hinführen möchte? Was wird mit der Uni und überhaupt, mit der eigenen Wohnung mit Navina? Wird das alles gut gehen? Ich hoffe es auf alle Fälle sehr. Eine WG mit meiner besten Freundin war schon lange mein Traum. Bis auf das eine Mal mit dem Zucker läuft das Einkaufen auch ganz solide. Verhungern werden wir jedenfalls nicht. Das Lukas uns letztens so freudig ausgeholfen hat, spricht für seine Bodenständigkeit.

"Hey Rory!", reißt mich ein lautes Rufen aus den Gedanken. Erschrocken drehe ich den Kopf in die Richtung aus der das Rufen kam und erblicke Malina. "Was machst du denn hier?", frage ich verwundert auf sie zugehend.

Das Leben ist gnadenlos und unfairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt