Das Leben ist gnadenlos und unfair

Vorfreude... oder Angst?

„Ach du bist's." Man kann die Enttäuschung in Malinas Stimme förmlich sehen. Daraus lässt sich schließen, dass es sich bei unserem Gast wohl wider Erwartens nicht um ihren Lieblingssänger handelt. Dabei hatte ich schon mit einem freudigen Kreischen oder Ähnlichem gerechnet. Irgendwie bin ich froh als ich sehe, dass es nur Navina ist, die ihren Schlüssel vergessen hat. Aber andererseits bin ich auch ein kleines bisschen enttäuscht. Was läuft nur schief bei mir? Erst beschwere ich mich darüber, dass ich Lukas die ganze Zeit über den Weg laufe und jetzt wünsche ich mir, dass er an unserer Tür klingelt. Kopfschüttelnd fülle ich noch ein drittes Glas mit Orangensaft, trage alle hinaus und stelle sie auf dem nagelneuen Couchtisch ab. Navina hat es sich auch schon gemütlich gemacht.
Genüsslich trinke ich einen Schluck aus meinem Glas. „Das Konzert ist ja schon übermorgen", bemerkt sie beiläufig. Erschrocken verschlucke ich mich und beginne zu husten. „Übermorgen?!", frage ich mit einem unangenehmen kratzen im Hals. Die anderen beiden schauen sich zuerst an und beginnen dann zu lachen. „Ja heute ist Mittwoch, Rory", kichert Navi. Irgendwie hatte ich in den letzten Wochen jegliches Zeitgefühl verloren. „Warum lacht ihr eigentlich jetzt schon wieder?" „Weil du dich so süß erschreckt hast", antwortet mir Navi und boxt mir liebevoll gegen den Oberarm.
„Sagt mal findet ihr nicht auch es fehlt etwas Musik?", wechsle ich sehr unauffällig das Thema. „Ich schmeiß mal welche an", erklärt sich Malina bereit, sich von der Couch zu erheben. Doch, was hätte ich auch anderes erwarten können, dringt schon wenige Augenblicke später Lukas' Stimme aus den Boxen. „Wir müssen uns doch schon mal seelisch auf Freitag vorbereiten", ist ihre Entschuldigung, als sie unsere entgeisterten Gesichter sieht. Entgeistert nicht etwa weil wir die Musik schlecht finden. Ganz im Gegenteil sogar. Ich finde die Texte nämlich eigentlich sehr gut, wenn man sich auf sie einlässt und die Worte mal auf sich wirken lässt. Aber nicht Begeistert bin ich davon, dass Malina ewig das selbe Thema im Kopf hat: Lukas, Lukas und nochmal Lukas. Das bringt mich irgendwie zu der Frage, ob sie vielleicht bessere Chancen bei ihm hätte. Einerseits glaube ich nicht, dass sie vom Charakter her zu Lukas passen würde. Aber andererseits ist sie hübsch und hat eine hammer Figur... Ich werde doch jetzt nicht etwa anfangen eiversüchtig zu werden. 'Rory, beherrsch dich', sage ich in Gedanken zu mir selbst.

„Ich mach mich dann mal wieder auf den Weg", verabschiedet sich unsere Freundin nach einem langen Tag. Als sie weg ist setzten Navi und ich uns wieder auf die Couch. Draußen ist es immer noch heiß und die Abendsonne scheint durch unsere Fenster. „Du sag mal...", fange ich das Gespräch an, zögere aber dieses Thema anzuschneiden. „Jaaa?", fragt Navina als ich eine längere Pause gemacht hab. „Denkst du ich sollte ihn mir aus dem Kopf schlagen?" Ihrer Reaktion ist zu entnehmen, dass sie sofort weiß wer mit ihn gemeint ist. „Nein solltest du nicht. More self-confidence girl!" „Das sagst du so leicht." Niedergeschlagen säufze ich und trinke den Rest meines Safts aus. "Warte ab meine Maus. Du wirst sehen", sagt Navina geheimnisvoll bevor sie sich aufrappelt und unsere Gläser in die Küche räumt. "Was führst du jetzt wieder im Schilde?", rufe ich ihr noch hinterer, bekomme jedoch keine Antwort. Kopfschütteld lasse ich mich in die Sofakissen sinken und schließe die Augen. Es duftet nach neu. Vielleicht sollten wir die Bezüge waschen, damit es hier nicht wie in einem Möbelhaus riecht. Jetzt wo ich zur Ruhe komme holen mich meine Gedanken wieder ein. Auf was für eine Art Frau Lukas wohl steht? Oder steht er womöglich auf Männer?

"Ich glaube wir sollten uns langsam Bettfertig machen. Du siehst echt fertig aus", reißt mich Navi aus meinem seltsamen Gedankengang. "Danke. So ein Kompliment hört man doch gerne", entgegne ich ihr, quäle mich aber doch aus der viel zu bequemen Couch hoch und folge ihr ins Badezimmer.