Unsichtbar.

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„Trink den Inhalt dieser Flasche, sobald du draußen bist." Mit diesen Worten drückte er mir die Flasche in die Hand und ging vorraus, aus der Tür. Eilig folgte ich ihm, zurück in den Raum in den ich vor kurzem erst gezogen wurde. Nur mit dem Unterschied, dass ich nun ein relativ großes Loch dort erkenne konnte, wo die Decke sein sollte.

„Hast du mich vorhin dadurch runtergezogen?", fragte ich, als ich mich wieder an die unangenehme Landung erinnerte.

„Jap. Und jetzt werd' ich dich dadurch wieder rauswerfen." Er drehte sich einmal im Kreis, als würde er etwas suchen und verschwand dann wieder in den Gang, aus dem wir gerade gekommen waren.

In der Zeit in der er weg war, hatte ich kurz Zeit das Loch, welches leicht zu schimmern schien, zu betrachten. Scheinbar konnten man es nur von unserer Postion aus, also aus dem Loch selbst, sehen, da andere Leute keinen Problem hatten, darüber zu gehen. Vermutlich ein weiterer Trick der Magie.

Dann kam Nian auch schon mit der Leiter wieder. Diese lehnte er gegen die Wand, sodass ich von dort ganz einfach durchs Loch steigen konnte.

„Und nicht vergessen: Sofort schlucken, sobald du draußen bist!", wiederholte er sich noch einmal. Ich erwiderte darauf nur ein deutliches Nicken, bevor ich die Sprossen der Leiter empor stieg.

Kein weiteres mal drehte ich mich zu ihm um, sondern stieg einfach hinaus und selbst wenn ich mich noch verabschieden gewollt hätte, hätte ich dies gar nicht mehr gekonnt.

Also vertödelte ich keine weitere Sekunde mehr mit nachdenken und schluckte eilig den Inhalt der Flasche hinunter. Zuerst war ich etwas verwundert, da ich mit unerträglichen Schmerzen gerechnet hätte, aber keine kamen. Dann wurde mir aber plötzlich unglaublich schwindelig und vor meinen Augen erschienen unzählige grelle Lichtblitze. Meine Sicht verschwam immer mehr und ich sah mich gezwungen, mich auf den Boden zu setzten. Selbst dort bekam ich meinen Körper nicht mehr unter Kontrolle und dieser verfiel schon bald in hektische Zuckungen, welche jeden Milimeter meines Körpers zu übermanne schienen.

Ich fühlte mich hilflos. Als würde jemand anderes meinen Körper steuern.

Wäre ich nicht schon einmal gestorben und hätte gewusst, wie es sich anfühlt, hätte ich darauf gewettet, dass ich gerade starb.

Dann, aus heiterem Himmel, war alles wieder still. Mein Körper lag ruhig, flach auf dem steinigen Boden da. Meine Augen, welche ich geschlossen hatte, schmerzten nicht mehr und meine Gliedmaßen zuckten nun auch nicht mehr. Es war alles ruhig. Und unglaublich leicht.

Ich öffnete die Augen und richtete mich auf. Schaute mich sofort in alle Richtungen um, um zu sehen, ob jemand gesehen hatte, was gerade passiert war. Es war aber niemand zusehen.

Nur eine alte Frau, die gerade die Straße entlang kam. Sie trug zwei Körbe mit Früchten und Gemüse.

Mit festem Schritt ging ich auf sie zu.

„Entschuldigen Sie?", sprach ich die Frau an. Keine Antwort.

„Hallo?", sagte ich diesmal, dabei meine Hände vor ihrem Gesicht hin und her fuchtelnd. Niemals hätte ich vor einer fremden Person mit den Händen herumgewedelt. Bei ihr war ich mir aber sicher, dass sie mich nicht sehen konnte und auch nicht hören konnte.

Das konnte nun niemand mehr.

Erleichtert, dass die Dematerialisierung funktioniert hatte, ließ ich die Frau weiterziehen und machten mich selbst, sobald ich sie aus den Augen verloren hatte, auf den Weg. Wohin, wusste ich nicht. Ich hatte keinerlei Anhaltspunkte, wohin ich gehen musste. Nur eine kleine Chance, an der ich mich festhalten musste.

Das Meister der Magie gerne ihren Kram in Dörfern verkauften.

Also schaute ich kurz in die Ferne und machte mich, sobald ich den ersten Rauch, von einem Schornstein oder Lagerfeuer, sah, auf den Weg dorthin.

Vampire.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt