Regen schlug mir ins Gesicht. Wind fauchte mir um die Ohren. Alle möglichen Hindernisse stellten sich mir in den Weg, ich sprang aber einfach drüber und rannte weiter. Immer in die gleiche Richtung, die mir Aaren gezeigt hatte. Immer ausschauhaltend, nach einem Gebirge, oder etwas, was danach aussehen könnte.
Und tatsächlich, nach fast einer ganzen Nacht, denn mir blieben bestimmt nur noch wenige Stunden bis Sonnenaufgang, sah ich zum ersten mal das mächtige Gebirge der Ghoule. Es war bei weitem viel massiver und eindrucksvoller, als es mir beschrieben wurde. Furchterregend war es jedenfalls nicht, denn es sah aus, wie eine Burg, die liebevoll in das Gebirge eingearbeitet wurde.
Untem am Fuße war das riesige Tor, welches ich, nach einer endlosen Reise, endlich erreicht hatte. Davor standen zwei Wachen, Ghoule mit stählernder Rüstung und riesigen Schwertern. Regungslos standen sie da und starrten vor sich hin.
Langsam trat ich in ihr Sichtfeld und hob sogleich die Hände, um zu signalisieren, dass ich harmlos war.
„Was willst du hier?", fragte mich sofort einer der beiden.
„Es wird sich bestimmt verrückt anhören, aber ich möchte zu Jensen."
„Es hört sich sehr verrückt an.", bestätigte mich die andere Wache. „Was will ein Vampir von ihm?"
„Ich würde gerne mit ihm persönlich darüber reden."
„Und was, wenn wir dich nicht reinlassen? Dann verbrennst du doch in ein paar Stunden, oder?"
„Bitte..." Ich trat einen Schritt näher, wich jedoch sofort zurück, als beide ihre Schwerter zogen.
„Vampire sind hier nicht erwünscht."
Verzweiflung sammelte sich in mir an und zwang mich, im wahrsten Sinne des Wortes, in die Knie. „Bitte...Ihr könnt mir auch Fesseln anlegen, mich knebeln oder sonst was tun, aber bitte lasst mich rein..."
„Reinlassen, werden wir dich bestimmt nicht, aber gewisse Dinge würde ich schon gerne mit dir tun.", meinte einer, sich widerlich die Lippen leckend.
Es brachte nichts. Sie würden mich nicht reinlassen.
Stille Tränen liefen mir die Wangen hinunter und hinterließen dunkle Punkte auf dem Boden.
„Was wird das denn, bitte?!" Eine weitere Stimme ertönte und ich rechnete bereits mit einer weiteren Wache, aber als sich das Tor einen Spalt weit öffnete, stand kein Ghoul in Rüstung dort, sondern ein normal aussehender Kerl. „Geht man denn so mit einer Lady um?"
Die Wachen wurden sofort rot, als sie sahen wer gerade erschien war. „Sie ist aber ein Vampir, Sir..."
„Und was hat das hiermit zutun?" Er deutete auf mich, immer noch auf dem Boden sitzend und weinend.
„Sie wissen doch wie Vampire sind..."
„Aber das muss nicht heißen, dass alle so sind. Außerdem würde es uns kein Stückchen besser machen, wenn wir andere Kreaturen ausschließen, genau wie sie es tun."
„Natürlich." Beide Wachen begaben sich, mit gesenktem Kopf wieder auf ihre Posten.
Der Mann kam auf mich zu und half mir hoch. „Ich habe gehört, du möchtest mit mir sprechen?"
„Sie sind Jensen?"
„Höchstpersönlich."
„Ja, ich bin hierher gekommen, um sie um etwas zu bitten."
„Dann komm mal mit. Drinnen können wir uns gemütlich hinsetzten und bei einer Tasse Tee dein Anliegen besprechen.
Wir setzten uns in ein wunderschön dekoriertes Wohnzimmer, mit Blick auf einen wundervollen Garten, in mitten des Gebirges.
„Du sagtest, du wolltest mich um etwas bitten?"
„Ja. Ich hörte Sie seien der einzige Meister der Magie, der..." Es war schwerer auszusprechen, als ich es mir vorgestellt hatte.
„GBD hat.", vervollständigte er meinen Satz. „Und wieso willst du dich umbringen?"
„Weil ein Tod durch GBD bestimmt abgenehmer ist, als ein Tod durch Verbrennung."
„Du wirst angeklagt ein Attentat verübt zu haben, welches du nicht begangen hast und willst jetzt den einfacheren Ausweg wählen?"
„Ungefähr, ja."
„Weißt du auch, wer das alles eingefädelt hat?", fragte er, den Tee in seiner Hand schwenkend.
„Nein, leider nicht."
„Ich weiß es aber. Wenn du willst sag ich es dir."
„Woher sollten Sie soetwas wissen?"
„Irina, ich bin der mächtigste Meister der Magie den es gibt und jemals geben wird. Ich wusste alles über deine Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit, bevor du überhaupt erst hier angekommen bist. Und wenn ich etwas wissen will, dann frag ich einfach die Tiere. Das mag sich zwar komisch anhören, aber du kannst dir nicht vorstellen, wie viel die Tiere wissen, insbesondere Vögel."
„Und wer hat das denn alles geplant?"
„Allen voran eine andere Blutlinie. Der Name des Gründers würde dir nichts sagen, aber eine gewisse Avery soll ihre Finger mit im Spiel haben. Sie ist die, nach dem Gründer, Stärkste dieser Blutlinie und mit ihrer Hilfe wollte man insgeheim zwei Blutlinien miteinander verbinden, also zu einer machen. Indem man einfach Avery mit Garrick zusammenbringt. Solche Partnerschaften können immer nur postiv für beide Blutlinien sein. Aber jeder der Augen im Kopf hat wusste, dass die Liebe zwischen dir und Garrick noch nicht vorbei war, weshalb du verschwinden musstest."
„Und wieso ein Attentat auf Garrick?"
„Das Attentat hätte niemals stattgefunden. Es war nur Show, damit du beschuldigt werden konntest."
Ich hatte Avery eigentlich immer für die einzige wahre Freundin gehalten und hätte für sie vieles riskiert. Aber nun bin ich froh sie nie mehr sehen zu müssen.
„Aber sterben kannst du nicht.", sagte er aufeinmal. Mit aufgerissenen Augen schaute ich zu ihm, hoffend er hatte es nicht ernst gemeint. „Leider ist es mein voller Ernst, Irina. Du kannst nicht sterben, weil es GBD seit langem nicht mehr gibt. Das letzte mal wurde es vor fünfzig Jahren genutzt. Es gibt keine Droge die dich töten kann. Also kannst du nur verbrennen oder für den Rest deines Lebens flüchten."
Dies war ein wahrgewordener Albtraum. Ich war mehrere Tage gereist, hatte darauf verzichtet meine Unschuld mithilfe von Garrick auf die rechtliche Weise zu beweisen und war weggelaufen, um zu sterben. Und jetzt konnte ich dies nicht einmal.
„Sterben kannst du zwar nicht.", fügte er hinzu, nahm einen langen Schluck aus seiner Tasse und fuhr fort: „Aus dieser Welt verschwinden kannst du jedoch immer noch."
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Vampire.
VampireEs ist allgemein bekannt, dass zwischen einem Vampir und seinem Schöpfer eine für immer währende Verbindung besteht. Ein Schöpfer muss dazu auch noch vollste Verantwortung für seinen Schützling übernehmen, bis dieser sein 250ste Vampirlebensjahr bee...