Durchdringender Regen.

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Ich hatte mit den Jahrzehnten immer mehr gefallen am Regen gefunden. Das Gefühl wie die Tropfen sanft auf meiner Haut aufkamen und danach der Schwerkraft folgten, war auf eine gewisse Weise beruhigend für mich geworden.

Nun fielen die Regentropfen jedoch ungehalten durch mich hindurch.

Der Regen begann kurz nachdem ich mich in die Richtung des Rauchs aufgemacht hatte und überraschte mich gerade als ich mich von der Straße abwand, um in einem wäldlichen Abschnitt weiterzugehen, da ich hoffte so etwas Zeit zu sparen.

Und wenn der Regen und der aufkommende Sturm mir nicht schon genug Schwierigkeiten beschafften, löschte, wer auch immer für den Rauch verantwortlich war, auch noch das Feuer, welches den Rauch verursacht hatte. Also konnte ich mich dann nur noch grob in die Richtung orientieren, in die ich mich bewegt hatte.

Es fühlte sich komisch an, Nichts zu sein. Nicht unangenehm. Es war ungefähr so, als würde man als ausgewachsene Person plötzlich das Gewicht einer Feder haben.

Weshalb ich auch ab und zu ungewollt anfing zu schweben. Nicht sehr hoch, nur ein paar Zentimeter.

Nach ein paar weiteren Minuten erreichte ich den Hinterhof eines kleinen Hauses. Eindeutig das Haus einer nicht sehr wohlhabenen Familie.

Es bestand hauptsächlich aus morsch wirkendem Holz und das Dach war nur durchnässtes Heu. Ich konnte nur hoffen, dass es nicht durchregenete.

Erst überlegte ich kurz einen Blick durch die Wand zu wagen, ermahnte mich dann aber, das ich, auch im unsichtbaren Zustand, die Privatsphäre anderer respektieren sollte. Also umrundete ich das Haus und trat auf einen größeren Platz, mit einem steinernen Brunnen in der Mitte. Alles war leer und in den Häusern brannte Licht. Man konnte leicht die Stimmen der Leute hören, welche sich, trotz des Wetters, köstlich zu amüsieren schienen.

Ich trat näher an den Brunnen heran. Er war unglaublich tief und das Wasser im Inneren sah nicht besonders sauber aus.

„Was machst du hier?", hörte ich dann eine tiefe Stimme sagen. Sofort erstarrte ich, aus Angst, dass ich den einen Magier getroffen hatte, der mich nicht ignorieren würde. Langsam drehte ich mich um.

Zu meinem Erleichtern standen sich dort aber zwei männliche Gestalten gegenüber, die mich ebenfalls nicht sahen.

„Ich hole mir, was mir gehört!", erwiderte der andere und drückte den Mann, ihm gegenüber, zur Seite. Schnurstraks ging er auf das Haus zu, welches ich vorhin erst begutachtet hatte.

„Dir gehört nichts!" Beim näheren betrachten war der Mann, der auf die Tür zuging etwas jünger und kleiner als der andere.

„Mir gehört alles was euch gehört, also sei froh, dass ich nicht alles mit mir nehme!", war das einzige was er dazu sagte. Er drehte sich nicht einmal mehr um.

Der Ältere war scheinbar nicht auf einen Streit aus, sondern wollte nur eine größere Katastrophe verhindern.

Er versuchte noch einmal auf den anderen einzureden, diesmal beschwichtigend. „Bitte, geh einfach. Du hast genug, um dir ein Leben aufzubauen. Woanderns..."

„Und wieso soll ich gehen und nicht ihr?!" Diese Bemerkung war anscheinend der Tropfen der das Fass zum überlaufen gebracht hatte. „Nur weil ich ein Bastard bin?! Nur weil meine Mutter eine Hure aus der Gosse ist und nicht deine Ehefrau?! Deswegen soll ich mich selbst durchschlagen und mir mit dem wenigen Geld was ich hab, ein Leben finanzieren?!"

„Du kannst einfach nicht hier leben."

„Ich weiß...und ich will es auch nicht. Das wollte ich nie." Ich meinte ein unterdrücktes Schluchzen hören zu können. „Ich wollte nur einen Vater..." Mit diesen Worten ließ der Junge von seinem Vorhaben ab und verschwand in die Dunkelheit, des angrenzenden Waldes.

Der Mann stand noch wenige Sekunden da und blickte zu Boden. Dann wurde die Tür des Hauses geöffnet. „Was machst du denn da draußen im Regen?", fragte eine ältere Frau, welche ich als seine Ehefrau identifizieren konnte, aufgrund der Art wie sie ihn daraufhin sanft ins Hausinnere zog.

Dann schloss sich die Tür und ich war wieder alleine.

„Es gehört sich eigentlich nicht, andere Leute zu belauschen." Ich schrack auf, als plötzlich ein alter Mann neben mir stand. Sofort fragte ich mich, wie lange er da schon stand. „Ich stehe hier noch nicht allzu lange. Aber lange genug, um zu wissen, dass du sehr neugierig bist."

Da er scheinbar kein Problem damit hatte, meine Gedanken vorherzusehen, wusste ich sofort mit was ich es zutun hatte.

„Sie sind ein Magier, oder?"

„Und du bist ein dematerialisierter Vampir."

„Stimmt."

„Auch deine Annahme bezüglich meiner Person ist korrekt."

Unangenehmes Schweigen folgte, welches er nach kurzer Zeit wieder brach. „Komm mit."

Misstrauisch, ob ich ihm trauen konnte, rührte ich mich zuerst nicht.

„Du kannst mir trauen.", fügte er hinzu. „Wir gehen nur an einen Platz, an dem du auf einer Bank sitzen kannst, ohne hindurch zu fallen."

Da ich nichts anderes in diesem Moment tun konnte und ich ihm schon ein paar Fragen stellen wollte, folgte ich ihm.

Vampire.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt