Kapitel 10

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Ich drehte meinen Kopf minimal zur Seite, sodass ich sicher sein konnte, er sah mein leichtes Lächeln, als ich seine Hand  langsam wieder los ließ, und sie in der Tasche meines Pullis steckte.
Er pustete mir darauf hin leise in die Haare, was mich nach oben sehend einen winzigen Blick werfen ließ, und ihn grinsen ließ.
Ganz schlechtes Timing.
"Findest du das lustig, ja?!" fuhr ihn Sam direkt an. Ich spürte, wie Julian sich hinter mir anspannte. Ein Schritt von Sam reichte, um kurz vor mir zu stehen, den Blick auf Julian gerichtet. Gerade als er einen weiteren Schritt und mich zu Seite schieben wollte, hielt ich ihn auf. "Sam." fing ich mit gesenkter Stimme auf. Allein durch meine leicht Berührung blieb er, ebenfalls mit gespanntem Körper, stehen. "Lass Chris alles in Ruhe erklären." fuhr ich fort und sah ihm direkt in die Augen, welche er aus diesem Grund auf mich richtete. Sein Blick war klar, wütend und etwas verletzt. 
Mein Griff um seinen Arm ließ etwas nach. "Er wird nicht ohne Grund ohne dein Einverständnis so gehandelt haben." fügte ich sanft hinzu. Die Wut verblasste nicht aus seinem Blick, dennoch atmete er tief durch, den Blick immer noch auf mich gerichtet. "Chris, gehen wir hinter." 
Langsam löste er seinen Blick, und Julian lies geräuschlos die angehaltene Luft aus. Meine Haarspizen bewegten sich ein klein Wenig.
"Klar doch." Sam drehte sich um, und Chris an mir vorbei ihm hinterher, jedoch nicht ohne mir dabei kurz dankend die Hand auf die Schulter legte. 
Bis sich die Tür hinter den zwei schloss, traute sich keiner ein Wort zu sagen.
"Mann, ich hätte niemals so 'ne Reaktion von ihm erwartet." war der erste Satz, welcher von Nils stammte. Ich hatte meinen Blick noch nicht von der Tür gelöst, als ich antwortete: "Er hatte einen langen Flug. Da wäre ich auch leicht reizbar." 
Wieder trat Stille ein, in der ich meinem Blick von der Tür löste.
"Naja, lassen wir die mal in Ruhe miteinander sprechen, aber erzählt mal, wie geht's euch denn eigentlich so?" Fragte ich in die Runde und machte mich auf den Weg zu einem der insgesamt drei Sofas hier im Raum. 
Julian folgte mir mit etwas Abstand. 
Ich setzte mich an den Rand eines Sofas, und kurz bevor sich Julian neben mich setzten konnte, machte Nelson einen Satz über die Sofa lehne, und flatze sich neben mich. "Nicht so viel. Arbeit frisst die meiste Zeit." legte dieser auch gleich los. Hm, etwas komisch, normalerweise ist Nelson nicht so der redebedürftige, noch antwortete er als erster auf eine Frage in die Runde. "Wie läuft Abi, hast doch bald Prüfungsphase, oder?" setzte er noch dran. Julian hatte sich inzwischen auf das Sofa neben mir gesetzt, die anderen hatten sich auch einen Platz gesucht. Völlig perplex sah ich Nelson an. "Ähm.. ja hast recht, aber der Stress ist bisher noch nicht so angekommen." 
Nelson hatte meine Überraschung über seine Frage wohl gemerkt, denn er lehnte sich nach hinten und strich sich, als währe er müde, mit beiden Händen über sein Gesicht.
Ich sah wieder in die Runde. Markus sprach als nächster. "Hab' mal wieder meine Kinder besucht. Du weißt ja, ihre Mutter lebt in LA und ich darf sie nur zwei Mal im Jahr sehen." Erzählte er etwas stolz. "Und, wie geht's den kleinen?" fragte ich ihn lächelnd. Als er für drei Jahre in den Knast musste, hat seine Frau den Prozess gegen sein Erziehungsrecht für seine zwei Kinder gewonnen, aber er konnte mit ihr aushandeln, sie an ihren Geburtstagen sehen zu dürfen. 
Es tat mir wirklich leid für ihn, denn ich konnte ihn mir so gut als Dad vorstellen. Ich glaube, er wäre klasse dabei. Weshalb er drei Jahre absitzen musste, erzählte er nicht. Nur mein Bruder, als Leader, weiß es. Aber er schweigt wie ein Grab, und niemand wollte es über jemanden anderen erfahren, als Marcus selbst. Dafür hatten wir viel zu viel Respekt vor ihm. 
Das einzige, was ich mir denken könnte, war dass er in einen Streit gekommen ist, und kämpfen musste, denn das konnte er wirklich sehr gut. Er unterrichtete Sam, Dario und Cedric. 
"Sehr gut." meinte er kurz angebunden. Da war wohl noch mehr im Busch, aber da ich ihn nicht damit nerven wollte, drehte ich mich zu Sean um. Er war der Denker von allen, plante meistens die Aufträge mit meinem Bruder zusammen, und völlig unentbehrlich für uns. "Ich mach' grad ein Jahr pause, nach dem Abi. Bin grad auf der Wohnungssuche, um mal von daheim rauszukommen." meinte er lächelnd. "Nice, ich freu mich für dich. Weißt du schon, wohin es gehen soll? Ich hoffe nicht all zu weit weg." meinte ich zwinkernd. Er lachte, sowie einige der Anwesenden. "Ne ne, ich bleib' schon hier, keine Sorge. Ich zieh wahrscheinlich zu meiner Freundin. Sie hat hier ihre Eigene Wohnung." "Uhlalaa, so also." ich lachte, Nelson, welcher an seinem Handy war, schmunzelte und legte seine Beine auf meine. Was war denn jetzt los? 
"Ich hab' die Regionalmeisterschaft im Boxen gewonnen." kam es von Dario. "Cedric musste leider einstecken." Grinsend sah Dario Cedric neben ihm auf dem Sofa an, während Cedric ihm gegen die Schulter schlug. "Herzlichen Glückwunsch euch beiden." meinte ich mit guter Laune, und machte es damit nicht gerade besser.
Während sich Dario und Cedric, beide von breiter Statur, rangelten, erzählte Can eine verrückte Story über einen seiner Junkie-Kollegen. Can ist mit 20 Jahren, also vor fünf Jahren abhängig geworden, aber er bekommt es zum Glück einigermaßen in den Griff. 
Jo erzählte von irgendwem aus seiner Schule, welcher erzählt hatte, er wolle bei den Black Angels, einer Gang zwei Städte entfernt von hier, eintreten, wobei er leicht das Gesicht zu einer Grimasse verzog. Ja, die BA's waren nicht sehr beliebt bei uns. Die hatten uns schon einige Probleme bereitet. Hinterhältige kleinen ****.
Yannick hatte Hauserrest bekommen, da er Nachts, wie er erzählte betrunken gegen die Tür vom Waisenhaus gerannt sei. Julian gluckste bei dem Kommentar. 
Ich wandte mich zu ihm. "Sorry Mann," redete Julius zu Yannick. "Kann ich nur gut nachvollziehen." Yannick grinste. "Besoffen wogegen rennen?" auch Yannick schien sie Situation gelassen zu nehmen. "Jaah, nur leider bin ich gegen einen Pfosten in der Gasse gelaufen, und danach umgekippt." Yannick lachte los, genau wie Cedric, Dario, und der Rest der Anwesenden. Außer Nelson. Er sah unverwandt auf sein Handy. 
Auch ich lachte nicht. 'Warte maaaal.....'
Mit zusammen gekniffenen Augen sah ich zu ihm rüber. Er bemerkte meinen Blick direkt und grinste unschuldig mit den Schultern zuckend zu mir herüber. 
War das etwa der Grund, weshalb er heute Morgen dort lag? Ich glaube es ja nicht!
Gespielt empört sah ich ihn an. Er sprach ein lautloses "Sorry" zu mir.
Genau in dem Moment ging die Tür zum hinterem Zimmer auf, in welchem Sam und Chris bis grade noch geredet hatten. Alle Köpfe drehten sich zu Chris, der in der Tür stand, eine Hand auf dem Knauf der Tür, die andere an die Leibung gestützt. "Julian, kommst du bitte kurz?" Julians Grinsen verschwand aus seinem Gesicht und er stand auf. 
Ich sah ihm die Anspannung im Gesicht geschrieben stehen, doch mir selbst ging es nicht besser. 
Ich hoffe das wird jetzt kein Blutbad da drin.

Shit! He's fucking up!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt