Es folgen einige wirklich unangenehme Stunden. Ich sitze auf einem ungemütlichen Stuhl, dessen Härte mir in den Rücken drückt. Das Licht der Schreibtischlampe ist grell und blendet mir schon fast in den Augen. Ich bin alleine im Raum. Draußen ist es inzwischen dunkel geworden und ich warte darauf dass irgendetwas passiert. Seufzend denke ich an die Autofahrt zurück. Unser Nachmittag war so erholsam gewesen, doch der Anruf, der anschließend folgte, hat die Entspannung im Wagen komplett in sich zusammenfallen lassen.
„Adrian? Wie...?" Ich höre meine Worte in meinem Kopf. Gedämpft, wie als wären sie nur ein Produkt meiner Einbildung und nicht tatsächlich eine Stunde zuvor aus meinem Mund gekommen.
Ian nickte: „Sie haben die Täter ausfindig gemacht. Adrian hat dich benutzt, Larissa. Es tut mir leid."
Ich schluckte: „Aber..." Ich bekam kein Wort heraus. War ich wirklich so naiv? Er hat auf mich einen anständigen freundlichen Eindruck gemacht. Niemals hätte ich auch nur ahnen können, dass er mich nur benutzen könnte, um in Ians Haus einzudringen.
„Ich mag dich. Wirklich gerne, denk bitte daran." Seine Worte kommen unvorbereitet, sie erschlagen mich in ihrer Tiefe wie ein Presslufthammer. Es waren die letzten Worte von Adrian an mich gewesen, bevor ich seinen Wagen verlassen habe. Bin ich wirklich so naiv? Weshalb hat mir dieser Junge das angetan? Hat er das schon lange vorher geplant gehabt? „Ich würde gerne mal wissen wollen, wie Ian wohnt. Seine Wohnung ist bestimmt der Wahnsinn, oder?" Weitere Worte aus seinem Mund, diesmal von der „kleinen" Feier im Rahmen der The Vampire Diaries Serie. Ich würde mir am liebsten an den Kopf schlagen. Doch Ian sah mir immer noch erwartungsvoll entgegen.
„Es tut mir leid. Ich meine..." Ich stockte: „Ich habe das nicht gewusst."
Ians Gesichtsausdruck blieb ruhig - beherrscht: „Du kannst nichts dafür. Du konntest das nicht wissen."
Doch, dachte ich in mich gekehrt. Ich hätte es ahnen müssen. Seine Worte. Und wieso habe ich mich von ihm abholen lassen? Weshalb habe ich mir nicht ein Taxi genommen? Und ich habe ihn einfach reingelassen. Habe das Tor geöffnet, ohne darüber nachzudenken, ob noch jemand bei ihm sein könnte. Wieso bin ich nicht die kleine geschwungene Straße an das Tor gelaufen? Wieso habe ich ihn reingelassen?
Ich schüttle nur meinen Kopf.
Ian sah mich immer noch ausdrucklos an. Ich wollte nicht wissen, welche Gedanken ihm momentan durch den Kopf kreisen. Wahrscheinlich ebenso wie mir unzählige Fragen.
„Larissa, es tut mir leid. Aber wir müssen in die Polizeiwache fahren. Sie verlangen von dir eine Aussage."
Ich hob den Kopf und nickte stumm. Wenigstens das werde ich doch wohl noch hinbekommen.
Als George Ian und mich an der Polizeiwache rausgelassen hat und nach den Worten: „Das wird schon nicht so schlimm werden." wieder mit der etwas seltsam dreinblickenden Nikki auf dem Rücksitz abgefahren ist, war die Nacht inzwischen eingebrochen. Ich hatte das Gefühl das Gewicht der Dunkelheit würde mich jeden Moment erdrücken, als wir uns dem kleinen Gebäude zu wanden, indem das Licht hell zu uns hinausstrahlte.
„Hab keine Angst, Larissa. Das dauert nicht lange.", murmelte mir Ian auf dem Absatz der Treppe noch zu.
Doch ich konnte nicht antworten. Ihm nur einen zerknirschten Blick zu werfen. Er versuchte ansatzweise zu lächeln – wahrscheinlich um mich zu beruhigen. Doch es funktionierte nicht.
Ein Polizist ist uns schon zügig entgegen gekommen, als wir über die Türschwelle getreten sind.
„Herr Somerhalder?" Sein Blick wanderte zu mir. Ich, kleines Mädchen mit angsterfüllten Augen, das dort neben diesem hochgewachsenen Mann mit der Selbstbeherrschung im Gesicht stand. Er wendete sich wieder Ian zu: „Ist das Ihre Schwester, die die Verbrecher vermutlich auf ihr Grundstück gelassen hat?" Er sagte vermutlich, doch sein Gesicht ließ keinerlei Zweifel an der Tatsache zu.
Mein Bruder nickte schwach: „Genau. Wir sind hier wegen ihrer Aussage."
Der Polizeibeamte nickte zufrieden: „Larissa ist das richtig?" und wendete sich mit diesen Worten an mich.
„Ja.", murmelte ich schwach.
„Sie können schon mal in dem Raum..." Er deutete auf eine Tür ein Stück weiter auf der rechten Seite: „...auf mich warten. Ich bin sofort bei Ihnen. Ich habe nur noch einen Augenblick etwas mit Herr Somerhalder zu besprechen."
Ich nickte leicht versteift und setzte mich geräuschlos in Bewegung. Seit diesem Moment warte ich nun in diesem kleinen Raum, auf diesem unbequemen Stuhl auf meine Befragung. Was wird der Polizist wohl noch mit Ian zu besprechen haben? Ich weiß es nicht. Die Gedanken kreisen mir ununterbrochen durch meinen Kopf und ich habe das Gefühl, dass ich sie einfach nicht bremsen kann. Es gibt nichts womit ich mich ablenken könnte. Mein Handy habe ich nicht dabei. Es wäre sowieso unnütz für mich, schließlich habe ich in den USA kein Internet auf der Straße und kann meine Nachrichten nur mit Hilfe von Ians Wlan abrufen. Es ist unerträglich in einem eher abgedunkelten Raum mit einer Lichtquelle, die einem schon fast in den Augen brennt auf etwas Ungewisses zu warten. Wie lange wird die Befragung dauern? Hoffentlich nicht die ganze Nacht. Ich gähne müde und blicke auf die dunkle Straße hinaus.
In diesem Moment öffnet sich endlich die Tür und derselbe Polizist, der sich zuvor schon mit Ian unterhaltet hat, tritt in das Zimmer.
„Wo ist Ian?", frage ich sofort, als dieser die Tür hinter sich wieder schließt.
Er kommt näher und setzt sich mir gegenüber. Sein Gesichtsausdruck ist undurchdringlich und wirkt wenn man es genauer betrachtet sogar leicht feindselig.
„Er wurde abgeholt und kann ohnehin erstmal nichts tun. Ich soll dir ausrichten, dass George draußen auf dich warten wird."
Ich nicke leicht beklommen. Ian ist weg? Ich bekomme eine leichte Gänsehaut.
„Sie kommen aus Deutschland?" Der Mann hat eine Mappe geöffnet und einen Stift gezückt.
„Ja.", bestätige ich seine Angabe.
Er seufzt kurz leise: „Ich habe einen Übersetzer herbestellt. Herr Somerhalder meinte, es würde Ihnen noch etwas schwierig fallen, ausführliche Sätze in Englisch zu bilden?"
Ich nicke leicht und freue mich innerlich, dass ich die nächsten Stunden nicht um Wörter wringen muss oder Sätze hervorstottern werde, die überhaupt keinen Sinn ergeben.
„Er müsste jeden Moment da sein. Solange würde ich sagen, beginne ich schon mal mit den eher einfacheren Fragen. In Ordnung?"
Wieder nicke ich. Die darauffolgenden Fragen schaffe ich wirklich ohne Schwierigkeiten, denn es handelt sich nur um die persönlichen Angaben: Meinen Namen, das Alter, die Wohnanschrift, die Berufstätigkeit und vieles weiteres. Es sind bestimmt schon fünfzehn Minuten vergangen, als sich die Tür ein weiteres Mal öffnet und diesmal ein dunkelgekleideter Mann eintritt. Er macht auf den ersten Blick einen recht sympathischen Eindruck. Schon beim Händeschütteln präsentiert er sein strahlendes Lächeln mit seinen fast schon blinkenden Zähnen.
„Vielen Dank, dass sie gekommen sind, Herr Anders." Der Polizist nickt ihm noch einmal kurz zu, als sich dieser neben mich auf den noch freien – ebenfalls unbequemen Stuhl – gesetzt hat.
Ich atme einmal tief durch – sehe den Mann in seiner dunklen Kleidung an, der wieder seine Zähne zeigt, als er meinen Blick auf sich bemerkt und dann den Polizist dessen Miene immer noch undurchdringlich scheint. Die Nacht vor dem Fenster ist immer noch schwarz und die Nachttischlampe scheint mir immer noch unangenehm in die Augen. Was wird der Polizist wohl von mir wissen wollen? Und hoffentlich wartet George wirklich dort draußen auf mich.
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Lebensduft (Ian Somerhalder FF)
FanfictionLarissa (17) reist von Deutschland auf unbegrenzte Zeit zu ihrem Halbbruder Ian Somerhalder in die USA, um nicht nicht nur ihr Englisch aufzubessern, sondern auch die Beziehung zwischen ihr und ihrem neu aufgefundenen Bruder zu verstärken. Dabei erl...