Zuckersüße Droge

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„Guten Abend, Ladys." Ian – in einem schwarzen Anzug mit hochpolierten Schuhen – tritt an den Treppenansatz. Seinen Arm hat er um die Taille von Nina gelegt, während sie sich lächelnd an ihn kuschelt. Spielen die beiden diese Show auch vor meinen Freundinnen ab?

Lola hält neben mir die Luft an. Ich spüre ihre Versuchung laut aufzuschreien, doch sie beißt sich auf die Zunge – zum Glück.

Nina und Ian steigen galant die Treppenstufen hinunter – als wären sie bereits auf der Gala. Warum dieser Auftritt? Er lässt Nina los, als sie das Ende der Treppe erreicht haben und kommt meinen Freundinnen und mir ein paar große Schritte näher, sodass uns nur noch wenige Zentimeter voneinander trennen.

„Es ist mir wirklich eine Ehre die beiden besten Freundinnen meiner Schwester kennenzulernen." Er lächelt ihnen freudestrahlend entgegen: „Ich bin Ian. Und das hier –„ Er deutet auf Nina – in einem weinroten Kleid, das in diesem Moment entzückt lächelt: „- ist meine bessere Hälfte Nina." Als ob die beiden nicht wissen würden, wen sie hier vor sich haben.

Lolas Augen werden glasig. Sie ist überwältig – vollkommen hin und weg von dieser Show.

Ich mustere Nina mit wütenden Augen und sie sieht sogar in meine Richtung, als hätte sie diesen feindseligen Blick auf sich gespürt. Sie schenkt mir ein bösartiges Lächeln. Ich erkenne sofort die Bedeutung dahinter. Als würde sie in ihrem sarkastischen Tonfall sagen wollen: „Denkst du wirklich deine Freundinnen sind wegen dir gekommen? Wir geben hier die bessere Darbietung ab."

Ich sehe zu meinen Freundinnen hinüber, in der Hoffnung sie haben dieses falsche Lächeln vielleicht bemerkt, um diese Lüge zu durchschauen, doch sie sind beide auf Ian fixiert.

„Ich...Ich bin Lola.", stottert meine Freundin während sie ihm ihre zittrige Hand reicht.

Er nimmt sie ohne eine Verwunderung oder das entfernteste Zögern entgegen: „Lola. Was für ein schöner Name."

Lolas Knie werden weich, das kann ich daran erkennen, dass sie kurz davor ist umzukippen.

Katja ist beim entgegenstrecken ihrer Hand schon etwas gefasster: „Ich bin Katja."

„Ebenso erfreut." Auch ihre Hand nimmt er entgegen.

Meine beiden Freundinnen mustern meinen Bruder, als würden sie gerade eine Erdbeer-Sahne-Torte begaffen. Mein Bruder und Nina müssen wirklich ziemlich geübt sein, um die Blicke in diesem Maße auf sich zu lenken. Ich habe genug von dieser Freakshow.

„Solltet ihr nicht mal langsam los?", frage ich – vielleicht sogar etwas zu bissig. Schließlich wartet George auch schon seit einigen Minuten draußen im Wagen. Er wird sich sicherlich schon wundern, wo die Beiden bleiben oder kann er schon abschätzen wie lange so eine Show dauert? Ich bekomme einen Würgereiz wenn ich daran denke, wie falsch Ian und Nina heute Abend auf der Gala lächeln werden. Wie kann man damit leben, sich in der Öffentlichkeit auf diese Art und Weise verhalten zu müssen?

Ian grinst: „Wie gut, dass ich mein Schwesterlein habe." Er tritt die wenigen Schritte zu Nina zurück und nimmt sie an die Hand.

„Auf Wiedersehen, meine Lieben." Gemeinsam treten sie aus der Haustür.

„Macht keinen Unsinn." Bei dem Wort Unsinn zwinkert er mir ein letztes Mal zu und verschließt dann die Tür hinter sich. Ruhe kehrt ein. Na endlich!

„Dein Bruder ist einfach unglaublich." Lola hat ihren Blick immer noch verträumt auf die verschlossene Haustür gerichtet.

Ich seufze: „Lola, du bist wie auf Droge. Findest du das normal?"

„Dein Bruder ist ja auch eine Droge. Eine süße Droge." Sie lächelt schwach.

Ich verziehe schon wieder angewidert das Gesicht. Anstatt mich über ihr Verhalten zu ärgern, nehme ich sie am Arm und ziehe sie mit einem Ruck aus dem Sichtfeld der Tür: „Wir machen uns heute einen unvergesslichen Abend."

Wenigstens Katja steigt augenblicklich auf meinen Versuch auf andere Gedanken zu kommen an: „Gute Idee. Aber zuerst musst du uns dieses Haus zeigen. Gibst du uns eine Führung?"

Ich lächle: „Natürlich."

„Auch in Ians und Ninas Schlafzimmer?" Lola ist auf einen Schlag Feuer und Flamme für diese Idee.

„Keine Chance."

Katja grinst: „Lara hat Recht. Nicht dass du nach seinen Boxershorts schnüffeln willst."

Ekelhafte Vorstellung, doch ich stimme ebenso in ihr Gelächter mit ein. Dieses Lachen scheint Lola wieder etwas aus ihrer Traumwelt zu holen: „Würde ich doch niemals machen."

Katja hält inne: „Und eigentlich das Wichtigste: Wo versteckt dein Bruder seinen Alkohol?"

Diesmal muss ich grinsen.


Lebensduft (Ian Somerhalder FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt